Stein-Zeit-Zeuge

Neunkirchen · Heute leben in dem 1912 von Franz Emmrich erbauten Haus drei Generationen unter einem Dach. Und die Jugend hat bereits Interesse signalisiert, das „Erbe“ weiterzupflegen.

 Mitte der 30er Jahre des vorigen Jahrhunderts: Blick von der Blumenstraße hoch zur heutigen Willi-Graf-Straße auf Haus Nummer 26. Foto: Klasen

Mitte der 30er Jahre des vorigen Jahrhunderts: Blick von der Blumenstraße hoch zur heutigen Willi-Graf-Straße auf Haus Nummer 26. Foto: Klasen

Foto: Klasen

Eine 100-Jährige darf Spuren ihres Alters zeigen. Man kann die Betagte aber auch wieder gründlich ausbessern und aufhübschen. Vielleicht schafft sie dann sogar die nächsten 100 Jahre. Dachte sich auch Hans-Georg "Joschi" Klasen. Und entschied, seinem 1912 erbauten Elternhaus in der heutigen Willi-Graf-Straße 26 zum Jubiläums-Geburtstag eine Rundum-Erneuerung zu schenken.

Das meiste ist jetzt geschafft. Die Klasens erzählen dem SZ-Besuch im stilvoll-gemütlichen Wohnzimmer bei Ursula Klasen (Jahrgang 1927) von den Arbeiten und auch von der Geschichte des Gebäudes. "Joschis" Urgroßvater Franz Emmrich hat das Haus gebaut. Der namhafte Neunkircher Bauunternehmer und Baumeister stellte allen seinen sieben Kindern Häuser hin. Ursula Klasen selbst hat vor 60 Jahren in die Familie und damit auch in das Haus eingeheiratet. Vier Kinder zogen Ursula und Anton Klasen hier groß: Christiane, Karl-Peter, Hans-Georg und Sabine. Alle sind irgendwann aus dem Haus, schätzen es aber auch alle wert. Hans-Georg kam zurück und hat 2008 das Haus als Eigentümer übernommen. "Als Kind", erinnert sich der heute 56-Jährige, "gab es im Haus noch Zwangs-Einquartierungen. Für uns Kinder war das aber schön, da war immer jemand da."

Heute pflegt das Haus ein lebendiges Mehrgenerationenwohnen: erste Etage für Ursula Klasen, darüber Hans-Georg und Ina Klasen, darüber Tochter Lena. Die Söhne Lukas und Jan-Georg leben außer Haus. Die nächste Generation jedenfalls ist für Vater Klasen auch ein Antrieb fürs Investieren ins Haus: "als Erbe".

Willi-Graf-Straße 26 - eingebunden in ein Ensemble von mehrgeschossigen Wohnhäuser - erhielt in den 50er Jahren neuen Putz, wie alte Fotos zeigen. Ursula Klasen hat sie herausgesucht. Jetzt also kam die zweite Renovierung. "Ich wollte das Haus wieder in den Zustand versetzen, wie es ursprünglich mal war, zumindest soweit als möglich", sagt Hans-Georg Klasen. Für ein unter Denkmalschutz stehendes Gebäude ein anspruchsvolles, auch kostspieliges Projekt: "Da sind schon viele Auflagen an Pläne, an Material, an Verarbeitung."

Die Fenster sind weitgehend, erneuert. Im Frühjahr 2013 ging es los mit der Fassade. Der aufgetragene Putz, bescheinigte eine Expertin, sei handwerklich sehr gut gemacht, solle bleiben. Also ließen sie den Putz gründlich reinigen, aus rußschwarz wurde wieder hell. Lediglich oben in der so genannten "Kapelle" - die Dachgiebel bilden eine Kreuzform - war der Putz auszutauschen. Richtig aufwendig gestaltete sich die Erneuerung der Sandstein-Fensterbänke: "Sie waren zerfressen, weggeschwemmt, mussten neu gemacht werden." Ebenso der Sandstein-Sockel ums Haus nebst Portal. Hier zollt Klasen seinem Steinmetz Lob, der in Qualitätshandarbeit alles in Form brachte. Jetzt im November sind die Arbeiten abgeschlossen worden - "bis auf ein paar Restarbeiten, die Haustreppe, Teile der Rückfront". An der seitlichen Einfahrt thront auf einem Pfeiler eine Sandsteinkrone: "Die habe ich beim Buddeln unterm Wurzelwerk einer alten Birke im Garten gefunden", erzählt Klasen. Und entschied: "Die wird wieder verbaut." Ein Stein-Zeit-Zeuge.

Gab es positive Reaktionen auf die Renovierung? "Ja, wir sind schon darauf angesprochen worden", erzählt Familie Klasen. Das Neunkircher Stadtbild jedenfalls hat wieder ein schmuckes Haus mehr.

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