Staatsanwaltschaft ermittelt gegen Bordelle

Neunkirchen · Die Staatsanwaltschaft Saarbrücken führt aktuell Verfahren gegen zwei Betreiber von Bordellen in Neunkirchen wegen Menschenhandels. Durchsucht wurde dabei auch ein illegaler Rotlicht-Betrieb in der Unterstadt. Details zu diesen Verfahren können laut eines Sprechers der Staatsanwaltschaft derzeit nicht gegeben werden.

 In der Kreisstadt gibt es sieben Rotlicht-Betriebe. Foto: dpa

In der Kreisstadt gibt es sieben Rotlicht-Betriebe. Foto: dpa

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Gegen zwei Betreiber Neunkircher Rotlicht-Betriebe laufen derzeit Verfahren bei der Staatsanwaltschaft Saarbrücken. Den Betreibern wird vorgeworfen, Frauen sexuell ausgebeutet zu haben (siehe: Auf einen Blick). Das erfuhr die Saarbrücker Zeitung aus dem für die Ermittlungen zuständigen Landespolizeipräsidium in Saarbrücken (wir berichteten bereits).

Bei den beiden Verfahren handelt es sich saarlandweit um die beiden einzigen neuen Fälle dieser Art aus dem laufenden Jahr. Das erklärte Peter Mercher, Leiter des Dezernats für Menschenhandel und Schleusung am Landespolizeipräsidium in Saarbrücken.

Die zuständige Staatsanwaltschaft in Saarbrücken teilte mit, dass zum Tatverdacht "Menschenhandel " in diesem Jahr zwei neue Verfahren eröffnet wurden. Während eines bereits im Februar bei der Staatsanwaltschaft landete, ging ein zweites erst im Juli ein. "Einzelheiten zu diesen Verfahren können allerdings - um den Ermittlungserfolg nicht zu gefährden - jedenfalls zum gegenwärtigen Zeitpunkt" nicht gegeben werden. Das teilte Christoph Rebmann, Sprecher der Staatsanwaltschaft mit.

100 Prostituierte kontrolliert

Das Neunkircher Rathaus spricht von sieben Rotlicht-Betrieben in der Kreisstadt. "Laut Gewerberegister sind aktuell ein Bordell und sechs gewerbliche Zimmervermietungen angemeldet, die dem Rotlicht zuzuordnen sind", erklärte die Pressestelle. Zwischen 2011 und heute habe sich die Zahl der gemeldeten Betriebe um fünf verringert. Auch die Gewerbesteuereinnahmen sei von 33 008 Euro im Jahr 2012 auf 28 610 Euro im Vorjahr gesunken. Detaillierte Auskünfte gab es es von der Polizei zu den Kontrollen im Milieu. Bei zwölf Polizeieinsätzen in der Kreisstadt bis Anfang Oktober wurden insgesamt 100 Prostituierte in sieben Bordellen angetroffen. 68 waren Rumäninnen, die übrigen verteilen sich auf zwölf weitere Nationalitäten. Über Terminwohnungen, also Prostitution außerhalb von Bordellen, habe man keine gesicherten Erkenntnisse, hieß es.

In der Neunkircher Unterstadt soll nach Informationen dieser Zeitung bis zum Spätsommer in der oberen Etage eines Mietshauses ein nicht angemeldetes Bordell betrieben worden sein. Nach einer Polizeirazzia wurde es offenbar geschlossen. Wie die SZ erfuhr, ermittelt die Staatsanwaltschaft in diesem konkreten Zusammenhang gegen einen 71 Jahre alten Rentner.

Von der Härte der Prostitution

Über einen Besuch in einem Neunkircher Bordell



Für die meisten Menschen sind Bordelle eine unbekannte Welt, zu der sie trotzdem eine Meinung haben. Im Gespräch mit den Betreibern eines Neunkircher Etablissements wird schnell klar, dass viele Schwarz-Weißbilder nicht stimmen. Der Arbeitsalltag ist grau. Einige Prostituierte berichten von ihrer Motivation.

Direkt hinter der Eingangstür steht der Dienstplan des Hauses in Leuchtschrift. Dort liest man, dass heute zwei Damen arbeiten, eine krank ist und eine gerade Urlaub macht. "Hier geht's lang", empfängt eine freundliche grauhaarige Frau mittleren Alters und führt in die angrenzende Wohnung des Betreibers. Das Gespräch findet in dessen Küche statt. Die Frau vom Empfang, die sich an dem fast zweistündigen Gespräch beteiligt, stellt sich als Hausdame vor. "Wir haben nichts zu verbergen", sagt sie.

"Mit Zuhältern wollen wir nichts zu tun haben", sagt der Betreiber im Hinblick auf Ermittlungen der Staatsanwaltschaft Saarbrücken gegen zwei andere Neunkircher Bordellbetreiber . Auch über das Geschäftsmodell wird offen geredet. Während einige der Konkurrenten von den Frauen feste Mietzahlungen verlangten und ihnen damit "die Kehle zuschnüren", mache man hier halbe-halbe. Die Mädchen hätten von ihrer Hälfte der Einnahmen ein gutes Auskommen und würden im Schnitt zwei bis drei Kunden am Tag bedienen. Die Prostituierten könnten sich ihre Arbeit frei einteilen. Während eine zum Beispiel 24 Stunden im Haus lebe und viel arbeite, komme eine andere nur an zwei Tagen pro Woche. "Das ist ein hartes Gewerbe", stellt die Hausdame klar. Man lasse den Mädchen viele Freiräume, doch es gebe Grenzen: "Wer Drogen nimmt, fliegt."

Jeder Frau werde zudem ein fester Arbeitsvertrag angeboten. Für Krankenversicherung und die Steuern auf Einnahmen seien die Frauen sonst selbst verantwortlich. Der Arbeitsalltag der beiden bestehe aus jeder Menge Papierkram, erzählen sie und zeigen ihre dicken Aktenordner mit Briefen diverser Behörden. "Wir werden regelmäßig kontrolliert", sagt der Betreiber, der auch in Saarbrücken ein Bordell führt. Allein in diesem Jahr sei die Polizei dreimal vorbei gekommen. Seit einigen Jahren sind bei diesen Kontrollen auch oft Mitarbeiter des Frauenrechtsvereins Aldona vor Ort. "Wenn Aldona dabei ist, gibt's keine Probleme", lobt der Mann.

Nach dem Gespräch führt die Hausdame durch das Haus, das aus drei Etagen besteht. Im Erdgeschoss befindet sich ein recht spartanisch eingerichteter Raum. "Das ist das Rein-Raus-Zimmer", erklärt die Hausdame trocken. Die erste Etage beherbergt drei Räume: das Whirlpool-Zimmer, das weiße Zimmer und das rote Zimmer. In der dritten Etage leben die Prostituierten und verbringen dort ihre Freizeit. Heute sitzen zwei Frauen in der Küche und essen belegte Brote, eine Dritte telefoniert in ihrem Zimmer.

Erstaunlich offen reden zwei Prostituierte über ihre unalltägliche Arbeit. "Beim Sex mit den Männern, denke ich immer an mich", sagt die Jüngere. Ihre Motivation: "Ich kauf mir alles, was ich will." Hier verdiene sie nun mal viel mehr als bei ihrem ersten Job in Deutschland, Kellnerin. Sie wolle sparen und sich bald mit ihrem Freund im Ausland ein Haus kaufen. Die ältere Kollegin erzählt, sie spare jeden Euro. Ihr Ziel: "Ich will ein eigenes Kleidergeschäft eröffnen." 13 Jahre habe sie als Putzfrau gearbeitet und dort kaum etwas verdient: "Ich kann keine andere Arbeit machen. Ich brauche das Geld."

Zum Thema:

Laut Paragraf 232 des Strafgesetzbuchs wird Menschenhandel mit einer Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren geahndet. Bestraft wird, wer bei einem anderen die "persönliche oder wirtschaftlichen Zwangslage oder ihre Hilflosigkeit, die mit dem Aufenthalt in einem fremden Land verbunden ist" ausnutzt oder "eine andere Person unter einundzwanzig Jahren anwirbt, befördert, weitergibt, beherbergt oder aufnimmt" und sie für sexuelle Zwecke ausbeutet oder ausbeuten lässt. rob

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