Spinner-Image und Archäologie

Neunkirchen · Wie Menschen im Mittelalter lebten, inszenierten „Heimdalls Erben“ in Neunkirchen. Bei dem Spektakel im Wagwiesental ging es rustikal zu, die Truppe will mit Kampfszenen einen realistischen Eindruck vermitteln.

 Zu "Heimdalls Erben", die am Wochenende im Wagwiesental zu erleben waren, gehört auch ein Feuerschlucker. Fotos: Willi Hiegel

Zu "Heimdalls Erben", die am Wochenende im Wagwiesental zu erleben waren, gehört auch ein Feuerschlucker. Fotos: Willi Hiegel

 Mittelalterlich ging es bei der Veranstaltung auch für Kinder zu. Sie erlebten, womit es sich seinerzeit spielen ließ.

Mittelalterlich ging es bei der Veranstaltung auch für Kinder zu. Sie erlebten, womit es sich seinerzeit spielen ließ.

Wer sich Geschichtswissen lieber praktisch aneignet, war am Wochenende auf dem Mittelalterlichen Spektakel genau richtig. Im Neunkircher Wagwiesental boten Lagergruppen, Reitershows und Gaukler ein Programm für die ganze Familie.

Zum Auftakt gibt es raue Töne. "Sterben soll er!" Wikinger dreschen auf einen trunksüchtigen jungen Mann ein. Im Hintergrund ertönen Dudelsack- und Gitarrenklänge. Es ist eine rüde Inszenierung mit viel Gebrüll. Das Mittelalter-Spektakel, das zum zweiten Mal in Neunkirchen gastierte, setzt auf Authentizität. "Alkohol ist im Mittelalter eine Todsünde gewesen", erklärt Martin Blank aus dem Lager der historischen Waffenkämpfer. Amüsiert beobachtet er die Kneipenschlägerei. "Da hat sich seit dem Mittelalter eigentlich nicht viel geändert", scherzt er.

Nach der Rauferei wird der Trinker "in den Stock gelegt", eine hölzerne Fessel, und anschließend mit angeblich heißem Öl übergossen. "Papa, ich habe Angst", sagt die kleine Zuschauerin Maret, die die Szene mit aufgerissenen Augen verfolgt. Dieter Bonner geht mit seiner Tochter trotz Kampfszenen sehr gerne auf mittelalterliche Märkte. "Das ist die perfekte Spielwiese für meine Tochter", sagt er. Auch Laienschauspieler Dominik, der den Trinker mimt, nimmt die Tortur gelassen. "Ich habe hier meinen Spaß", sagt er.

"Test, Test, Testosteron." Der Herold, wie die Wikinger ihren Moderator nennen, testet das Mikrofon und kündigt mit diesen Worten das Ritterturnier an. Drei männliche Ritter und eine Wikingerin treten zu Pferde im Duell gegeneinander an. Brennende Lanzen durchstechen schwarze Luftballons, Äxte fliegen in ein Wildschwein aus Kunststoff. Schmährufe und das Zelebrieren urtümlicher Männlichkeit gehören zum Programm. Auch klare Ansagen an das Publikum: "Fußvolk, knie nieder!"

Im Ritterkampf schlägt sich die Wikingerin Eva Oswald tapfer. "Skandinavische Frauen waren ohnehin viel emanzipierter als die Frauen hierzulande", erklärt die Mannheimerin. Sie ist Erzieherin von Beruf und wirkt, wie die meisten Lagerbewohner auch, nur hobbymäßig auf den Märkten von "Heimdalls Erben " mit. Nebenan präsentiert Gaukler Patut seine Tricks. An den Verkaufsständen gibt es Holzschuhe mit Brandgravur, mittelalterliche Trachten und Kochbücher mit Speisen aus längst vergangener Zeit. Der Bauchtanz von "Shanti Fusion Belly Dance" zieht alle Blicke auf sich. Weiter vorne in den Lagern erfahren die Besucher Wissenswertes über mittelalterliche Handwerkskunst wie das Korbflechten oder Brettchenweberei.

Die Besucherzahl hält sich am Samstag in Grenzen. "Heute ist es einfach viel zu heiß", sagt Veranstalter Holger Hörstkamp, der vor zwölf Jahren die Formation "Heimdalls Erben " gründete. Heute veranstalten er und sein Team Spektakel in Deutschland, Belgien, Holland und der Schweiz. Ein Höhepunkt: die Feuershow am Samstagabend. Für den Kampfkünstler Martin Blank sind mittelalterliche Märkte eine gute Gelegenheit, etwas über das Leben unserer Vorfahren zu erfahren. "Wir haben zwar ein Spinner-Image, aber eigentlich machen wir nichts anderes als Archäologen."

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