Tribute to Stevie Wonder Sehen lernen mit Stevie Wonder

Neunkirchen · Es war ein fulminanter Auftritt. Sozusagen als Testballon hatte das Saarbrücker Intensiv-Theater in die Gebläsehalle eingeladen. Diesmal zum Konzert. Ein rundum gelungener Versuch.

 Jede Menge Hits von Stevie Wonder wurden in der Neunkircher Gebläsehalle beim „Tribute to Stevie Wonder“ den Zuhören „so lovely“ präsentiert. Hier in Aktion: Sebastian Weber.

Jede Menge Hits von Stevie Wonder wurden in der Neunkircher Gebläsehalle beim „Tribute to Stevie Wonder“ den Zuhören „so lovely“ präsentiert. Hier in Aktion: Sebastian Weber.

Foto: Jörg Jacobi

Gespannte Erwartung liegt überm Foyer der Neunkircher Gebläsehalle. Bereits eine gute halbe Stunde vor Veranstaltungsbeginn sammeln sich hier die Fans. Fans von Stevie Wonder und Fans des Saarbrücker Intensiv-Theaters. Dessen geschäftsführender Direktor Tim Ganter und die künstlerische Direktorin Jenny Theobald – beide im edlen schwarzen Zwirn – mischen sich unters Volk, schütteln hier eine Hand, sagen dort Hallo. Zaghaft begibt sich der ein oder andere an den großen grauen Gesteinsblock, die „Stevie Wonder Wall“. „Wenn ich meine Augen schließe, sehe ich . . .“ steht dort. Ein paar haben sich getraut und mit bunter Kreide dazu geschrieben: Liebe, Abenteuer, meine Kinder oder auch „nüschd“. Nach Ende der über zweistündigen Veranstaltung wird die Wand vollgeschrieben sein. Ganter gesteht der SZ: Die Antwort auf der Wand, die mich persönlich am meisten berührt hat: das arabische Wort für ‚Frieden’.“ Der Spruch auf der Wand steht symbolisch für das, was das Intensiv-Theater mit diesem seinem ersten Konzertabend ausdrücken will. Der Spruch, so erklärt Ganter, ist eine Anspielung auf Wonders Äußerung, dass blind sein ein Segen sei, denn dadurch wären für ihn alle Menschen gleich. In diese Gedankenwelt des Sängers einzuführen, das war eines der großen Anliegen des Abends. Rund 500 Besucher haben dies auf fast berauschende Weise erlebt.

Das Intensiv-Theater würde seinem Namen nicht gerecht werden, wenn es nicht alles etwas anders machte, als die anderen. Auf der Bühne eine Bar, ganzabendlich bedient von Joris, davor ein Stehtisch, die Band links und rechts, Drei-Mädel-Background-Chor – allerdings im Vordergrund, bunte Beleuchtung, die Solisten im Wechsel am Mikro vorne — ein Blick sozusagen in Bar-Atmoshpäre der 50er, 60er Jahre. Die Lieder Stevie Wonders interpretierten Sebastian Weber und Martin Herrmann – Intensiv-Theater-Kennern längst bekannt aus den vergangenen Produktionen „Jesus Christ Superstar“ und „Der kleine Horrorladen“. In dieser dritten Premiere, die das Theater in Neunkirchen feierte, konnten die Sänger aus dem Vollen schöpfen. Die Handys im Publikum glühten. Und selbst als Herrmann nach der Pause die Moderations-Infos auf dem Tablet versehentlich gelöscht hatte – Infos zu den Titeln, zum Komponisten und seiner Philosophie gab es zwischen den Songs dennoch. Lockere Zwiegespräche mit dem Publikum zeigten auch: Nicht jeder war als Fan des großen Musikers gekommen. Als ein solcher gegangen sind vermutlich aber alle, die diesen Abend erlebt haben. Von „The way you make me feel“ über „You are the sunshine of my life“ und „Is’nt she lovely?“ – der Weg bis zur Pause war mal samtig-weich und mal rockig-intensiv — und vor allem von wunderbaren Solistenstimmen geleitet. Für Petra aus der ersten Reihe hielt der Abend eine zusätzliche Überraschung parat. Mitten im schönsten Wippen und Klatschen durfte sie auf die Bühne und mit Herrmann zusammen am Stehtisch plaudern, während Weber eben das besagte „Is’nt she lovely“ quasi ihr zu Ehren sang. Ob im mangels Sekt servierten Whiskey oder dem im zweiten Teil dann nachkredenzten Sekt oder gar in den in der Pause an alle kostenlos verteilten Riesen-Popcorn-Tüten eine besondere Mixtur war – wer weiß es. Jedenfalls hielt es im zweiten Teil Petra nebst Partner nicht mehr auf den Sitzen – der Tanzreigen war eröffnet, viele zogen nach. „Genauso haben wir uns das vorgestellt“, kommentierte Herrmann. „Part time lover“, „Ain’t no sunshine when she’s gone“ (dieses sogar im Duett der beiden – man muss es einmal schreiben – grandiosen Sänger) – der Applaus steigerte sich von Song zu Song.  Und auch, wenn Herrmann zum Ende des offiziellen Teils kurz vor Schluss das Publikum zum Aufstehen aufforderte und so — ungewollt — die stehenden Ovationen einforderte: Das hätte spätestens zu den Zugaben sowieso gestanden, bediente nicht nur die Solisten und die drei Background-Sängerinnen Mirijam Kohr, Kristin Backes und Rebecca Senck mit viel geklatschtem Lob, sondern auch die Band unter Kevin Naßhan, die mit vielen solistischen Leistungen geglänzt hatte, sowie Ganter, Theobald und die neue Musikdirektorin Ulrike Bleif.

 Martin Herrmann, der zweite im Solistenbunde.

Martin Herrmann, der zweite im Solistenbunde.

Foto: Jörg Jacobi

Nur eine Frage war am Ende noch offen geblieben: Wen hatte Herrmann bei dem Wonder-Song für Verliebte (den er eigentlich für Nelson Mandela während dessen Gefangenschaft schrieb) „I just called to say I love you“ versucht anzurufen und nicht erreicht? So mancher Konzertbesucher war da erfolgreicher und schickte den Refrain live per What’s App zum daheim gebliebenen Liebsten.

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