Schröder schließt Filiale im Saarpark-Center Beste Lage, guter Umsatz – dennoch dicht

Neunkirchen · Quasi von heute auf morgen steht fest: Schröder schließt die Filiale im Saarpark-Center Neunkirchen. Ein Opfer der Insolvenz, das dennoch Fragen aufwirft. Schließlich galt die Filiale als guter Umsatzbringer. Sogar eine Erweiterung war im Gespräch.

 Die Schröder-Filiale im Neunkircher Saarpark-Center ist seit Donnerstag geschlossen.

Die Schröder-Filiale im Neunkircher Saarpark-Center ist seit Donnerstag geschlossen.

Foto: Michael Kipp

Die Auslage ist leer. Kein Lyoner, kein Schinken, keine Salami. Nichts. Schröder hat dicht. Seit Donnerstag, 27. Juni, gibt es keine Wurst mehr vom Traditionshersteller im Saarpark-Center in Neunkirchen. Kein Mann thront an der Theke. Niemand hält sich an einem Glas Bier fest, bis die Frau des Hauses vom Einkauf zurück ist. Aus, vorbei. Einige der rund 30 Mitarbeiter wuseln am frühen Donnerstagmorgen hinter den Theken im Center umher, räumen Regale aus, packen Maggi in Kisten, putzen noch einmal durch, sie arbeiten Hand in Hand – wie sie es seit 15 Jahren in der Filiale tun. Sie sind professionell. Und „immer noch geschockt“, erklärt eine langjährige Mitarbeiterin. „Was soll ich sagen?“, fragt sie. Ihre Stimme stockt. „Seit Mittwochmittag wissen wir, dass wir heute dicht machen“, sagt sie. Also noch keine 24 Stunden Zeit. „Die Nachricht kam via Telefon bei uns an“,erklärt die Mitarbeiterin.

Der Grund ist klar: Die Firma Schröder Fleischwaren ist in finanzielle Schieflage geraten. Am gestrigen Donnerstag ist das Insolvenzverfahren eröffnet worden. Zunächst hieß es, dass voraussichtlich 170 der insgesamt 480 Mitarbeiter gehen müssen. Ohne Kündigungen wird das nicht gehen. Die Zahlen sind noch unbestätigt. Auch Insolvenzverwalter Franz Abel hält sich mit konkreten Angaben zurück. Fest scheint zu stehen: Die meisten der 20 Filialen fallen den Sparplänen zum Opfer. Darunter auch Neunkirchen. Damit hatten die Mitarbeiter nicht gerechnet, sei die Filiale in Neunkirchen doch ein Umsatzgarant, dachten sie. Dem ist offenbar nicht so: Insolvenzverwalter Franz Abel hatte bereits im Vorfeld der Schließung durchklingen lassen, dass die Mieten im Center den Gewinn abgraben. Zu genauen Zahlen wollen weder das Center-Mangement noch der Insolvenzverwalter etwas sagen. Und nun: der Schlussstrich.

Die Mitarbeiterin versteht es nicht. Wie es jetzt mit ihr weiter geht? „Das weiß ich noch nicht“, sagt sie. Einige von ihnen wechseln in eine Transfergesellschaft, einige in andere Filialen, wieder andere werden Weiterbildungen machen, aber es droht auch der Weg zum Arbeitsamt.

Mark Baumeister, Geschäftsführer der Gewerkschaft Nahrung, Genuss, Gaststätten (NGG) teilt auf SZ-Anfrage mit, dass die Filiale im Saarpark-Center „ein guter Umsatzbringer“ gewesen sei. Bei ihm stößt die Entscheidung, diese zu schließen, auf völliges Unverständnis. „Mir fehlen die Worte. Das ist eine absolute Katastrophe. Schröder war im Center das Aushängeschild und ist nun in Neunkirchen nur noch im Kaufland vertreten. Mir fehlt der Glaube, dass man die Leute jetzt noch zu Schröder-Produkten bringen kann.“ Seiner Ansicht nach hat das Schröder-Management die Misere zu verantworten. „Dort hat man gepennt“, sagt Baumeister. Bereits 2012 hätte die NGG Schröder empfohlen, sich externe, professionelle Hilfe zu holen, um den Konzern auf Kurs zu bringen. Vergeblich. Das Aus in Neunkirchen mache ihn „stinksauer“. Das bezieht sich auch auf das Center-Management. „So geht man nicht mit einem langjährigen Mieter um“,  denn vonseiten des Centers sei man dem insolventen Konzern offenbar in Sachen Miete nicht ausreichend entgegen gekommen.

Ein Vorwurf, den Center-Managerin Nicole Keller nicht stehen lassen möchte. Zwar könne sie nicht alle Karten auf den Tisch legen und auch keine Vertragsinterna erläutern, aber fest stehe, dass „es unser größter Wunsch war, Schröder im Haus zu halten“. Die Mieten würden sich nach der Lage und dem Umsatz richten. „Wir verlangen nichts, was nicht zu erwirtschaften wäre“, betont sie. An Gerüchten, man hätte bereits einen Nachfolger für die „beste Lage“ im Center, sei nichts dran. „Im Gegenteil. Auch ich habe erste am Mittwochabend von der Schließung erfahren und war ebenfalls überrascht. Für uns beginnt jetzt die Suche nach einem Nachfolger“, sagt Keller.

Dabei sei sie guter Dinge gewesen, Schröder am Standort zu halten. Seit zwölf Monaten sei man bereits in Verhandlungen und bestrebt gewesen, die Filiale zu modernisieren, gar zu erweitern. Es seien sogar zwei Konzepte hierzu erstellt worden. „Was den Prozess nicht gerade vereinfacht hat, waren die wechselnden Ansprechpartner – drei an der Zahl – innerhalb der letzten 18 Monate, von denen jeder eigene Ideen hatte, auf die wir nicht immer eingehen konnten“, fügt die Center-Managerin an.

In den vergangenen acht Wochen war der Insolvenzverwalter Franz Abel ihr Ansprechpartner. Und der kann nicht nachvollziehen, dass Keller von den Ereignissen überrascht ist. „Ich habe vom ersten Tag an gesagt, dass ich den Mietvertrag mit dem Saarpark-Center kündigen werden, sollte bis zur Eröffnung des Insolvenzverfahrens keine Einigung bestehen. Und bis Mittwoch hat keine Einigung bestanden“, erklärt Abel. Die Schließung in Neunkirchen schmerze ihn persönlich, fügt er hinzu. Denn das Konzept dort hätte gepasst und immerhin sei man finanziell auf Nulllinie gewesen. „Wäre man dort etwas strammer ran gegangen, hätte man mit der Filiale sicher wieder Gewinne erzielen können“, meint Abel.

Der Center-Betreiber ECE-Projektmanagement aus Hamburg hätte allerdings mit Schröder im Center eine Burger-Braterei auf den Weg bringen wollen, was 500 000 bis 700 000 Euro an Investitionen bedeutet hätte. „Ich sehe absolut nicht, wie das wieder hätte reinkommen sollen. Mit einem Glaskasten, in dem man Burger brät, funktioniert das nicht. Wie kann man nur auf die Idee kommen, ein gutes Konzept ändern zu wollen?“, fragt Abel, der kein Verständnis für das Verhalten der Center-Betreiber aus Hamburg hat. „Jeder Versuch einer Einigung wurde von dort arrogant abgewürgt“, so seine klaren Worte. Er werde versuchen, so viele der Neunkircher Beschäftigte wie möglich unterzubringen, aber unter den gegebenen Bedingungen sei eine Kündigung des Mietverhältnisses und die damit verbundene Schließung der Filiale unumgänglich gewesen. „Schröder verschwindet zwar aus Saarpark-Center, aber ich habe ein gutes Konzept, mit dem ich 300 Angestellte in eine sichere Zukunft führen kann. Und darauf kommt es mir an“, betont Abel.

Der einzige Trost für die Beschäftigten, erklärt Gewerkschafter Baumeister: „Die Schröder-Mitarbeiter sind gut ausgebildet und durchaus gefragt. Wir hatten in den letzten Tagen diesbezüglich schon Anfragen von einigen Betrieben.“ Ein schwacher Trost, schließlich haben viele von ihnen seit Jahren mit Herzblut für ihren „Schröder“ gearbeitet. Doch das sei „jetzt vorbei“.

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