Noten gibt es nach und nach

Neunkirchen · Für Flüchtlingskinder besteht Schulpflicht. Die Kleinen gehen in wohnortnahe Grundschulen. Wie aber finden die Größeren ihren passenden Platz an einer weiterführenden Schule? Wie können sie gut zu einem Abschluss begleitet werden?

 In der Gemeinschaftsschule Merchweiler werden Flüchtlingskinder nicht vom Rest der Klasse getrennt. Speziell ausgebildete Lehrkräfte stehen ihnen unterstützend zur Seite. Symbolfoto: Schmidt/dpa

In der Gemeinschaftsschule Merchweiler werden Flüchtlingskinder nicht vom Rest der Klasse getrennt. Speziell ausgebildete Lehrkräfte stehen ihnen unterstützend zur Seite. Symbolfoto: Schmidt/dpa

Es gibt das Modell der Willkommensklassen. Hier werden Flüchtlingskinder zunächst in eigenen Gruppen zusammengefasst. Alternativ führt sie ein Weg von Anfang an in Regelklassen. "Wir haben hier im Land keine verbindlichen Vorschriften. Das ist den Schulen offengelassen", stellen Frank Prianon, Leiter der Ganztagsgemeinschaftsschule Merchweiler (Max-von-der-Grün-Schule), und sein Stellvertreter Tobias Jungfleisch im Gespräch mit unserer Zeitung fest. "Für uns war klar, dass wir keine eigenen Gruppen mit Flüchtlingskindern bilden. Dann würden wir sie ja separieren."

Aktuell besuchen 23 Flüchtlingskinder die Schule (285 Schüler an den Standorten Merchweiler und Wemmetsweiler). Heimat von allen: Syrien. Die sieben Mädchen und 16 Jungen sind zwischen elf und 17 Jahren alt. Zwei Kinder sind als unbegleitete Flüchtlinge - also ohne Familie - aus dem Bürgerkriegsland geflohen.

"In einem Willkommensgespräch wird abgeklärt, ob das Kind in seiner Heimat eine Schule besucht hat und wie lange", schildert Prianon. Auch ein Arabisch sprechender Übersetzer kann dabei sein. Nach diesem Gespräch und einem ersten Eindruck vom Kind geht es in die Klasse. "Die Klasse können wir regulieren, wenn wir später merken, dass das Kind besser eine Stufe höher oder tiefer aufgehoben ist", sagt Jungfleisch.

Das Förderkonzept "Deutsch als Zweitsprache" (DAZ) greift zuerst mit einem mündlichen Test. Die DAZ-Lehrkräfte stufen jeden Schüler in eine Leistungsstufe ein. Fünf Leistungsgruppen gibt es an der Merchweiler Schule. In ihrer jeweiligen Leistungsstufe erhalten die Schüler vier Stunden eigenen Sprachunterricht in Deutsch. In allen übrigen Fächern nehmen sie am normalen Fachunterricht teil. "Noten sind erstmal ausgesetzt, außer zum Beispiel in Sport, Kunst oder Arbeitslehre", sagen Prianon und Jungfleisch. Mit besseren Deutsch-Kenntnissen steigt nach und nach die Zahl der benoteten Fächer. In den Jahrgangstufen, in denen bereits auf den Abschluss hin unterrichtet wird, kann auch eine DAZ-Begleitung im Unterricht erfolgen. Fachstunden sind dann doppelt besetzt, also zwei Lehrer in der Klasse. Allerdings, so die Schulleitung, kann das nur für wenige Fächer ermöglicht werden. Für ihre Flüchtlingsschüler sehen die Schulleiter alle Perspektiven - Hauptschulabschluss, Mittlere Reife und auch Abitur. Neuntklässler, die einen Hauptschulabschluss anstreben, absolvieren an der Merchweiler Schule ein berufsorientiertes Praktikum. Auf der Suche nach einem Praktikumsplatz werden Schüler mit Deutsch als Fremdsprache vom Schulsozialarbeiter unterstützt und begleitet. "Einige sind unter im Bereich Kfz, in der Verwaltung oder auch bei einem Frisör", nennt Jungfleisch aktuelle Beispiele.

Wie beeinflusst die Aufnahme von Flüchtlingsschülern das allgemeine Schulklima? "Wir spüren da keine Spannungen in der Elternschaft. Vielleicht auch, weil unsere Flüchtlinge gut auf die Klassen aufgeteilt sind", sagen Prianon und Jungfleisch. "Unser Kollegium ist sehr offen. Und die Kinder haben sowieso keine Berührungsängste."

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Am Rande"Unsere Erfahrung zeigt, dass Schülerinnen und Schüler , die im Rahmen des gebundenen Ganztags immerhin siebeneinhalb Stunden am Tag dem Sprachbad der Deutschen Sprache ausgesetzt sind, enorme Fortschritte innerhalb des ersten Jahres zeigen", werten die DAZ-Lehrkräfte und fügen hinzu: "So helfen uns bereits Flüchtlingskinder , die im Herbst 2014 zu uns kamen, beim Übersetzen im Schulalltag, etwa Anmeldung, Willkommenssituation oder Elternkommunikation." cle

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