Nötig und teuer: Hilfen für junge Menschen

Kreis Neunkirchen · Die Kosten für die Jugendhilfe explodieren: von rund 25 Millionen Euro im Jahr 2008 stiegen die Ausgaben des Landkreises Neunkirchen auf für 2014 veranschlagte fast 37,5 Millionen Euro im Gesamt-Kreihaushalt von rund 130 Millionen Euro. Die SZ sprach mit Landrätin Cornelia Hoffmann-Betscheider, Sozialdezernentin Birgit Mohns-Welsch und Kreis-Kämmerer Olaf Niesen über diese Problematik.

. Die Katze beißt sich einmal mehr in den Schwanz: Weil im Kreis Neunkirchen (mit deutlichem Schwerpunkt auf der Stadt Neunkirchen , die 2013 allein 47,6 Prozent der Jugendhilfe-Ausgaben verursachte) im Vergleich zu den ländlicher strukturierten Landkreisen im Saarland besonders viele Menschen in finanziell und sozial prekären Situationen leben, wächst einerseits der Kostenfaktor für die "Sozialen Hilfen", andererseits fließen die Steuereinnahmen spärlicher als anderswo. "Vergleichbar ist nur die Situation im Regionalverband mit der Landeshauptstadt Saarbrücken", sieht die Landrätin ihren Landkreis vor ganz besonderen Problemen. Besonders deutlich wird die Misere bei der Jugendhilfe (siehe Grafik und Info). So greift der gesetzlich geforderte Ausbau der Kindertagesbetreuung in das Finanzgefüge des Kreises ein. "Der Kreis trägt ein Drittel der Baukosten und in der Folge die steigenden Personalkosten für die Krippenbetreuung", erläutert Birgit Mohns-Welsch. Für rund 2100 Kinder trägt der Kreis auch die Elternbeiträge. "Allein für den vorschulischen Bereich sind rund elf Millionen Euro im Jugendhilfe-Etat eingestellt", so Olaf Niesen. Hohe Kosten verursachen auch die Standards durch die Heimaufsicht des Landes. Muss ein Kind/Jugendlicher außerhalb seiner Familie stationär untergebracht werden, verursacht das 3500 bis 4500 Euro Kosten pro Monat. Außerdem mangele es an Heimplätzen im Saarland, was die Kosten weiter in die Höhe treibe, wie die Landrätin bedauert, "hier muss die landesweite Jugendhilfeplanung ansetzen".

87 Mitarbeiter kümmern sich im Kreis-Jugendamt um die Klienten und haben mit der Betreuung von jeweils 50 bis 60 Familien/Fällen richtig gut zu tun. Um in akuten Notsituationen jederzeit eingreifen zu können steht tagsüber ein Bereitschafts-Team parat, nachts kann über die Polizei Hilfe angefordert werden.

Im Fokus der Öffentlichkeit stehen oft die so genannten Inobhutnahmen, also die Unterbringung von Kindern/Jugendlichen außerhalb ihrer Familie. Wobei die Statistik hier ein eher diffuses Bild ergibt: 2009 gab es 79 Inobhutnahmen, 2010 waren es 95, 2011 dann 98, 2012 erreichte einen Spitzenwert von 135 Fällen, wahrend es 2013 mit 116 wieder weniger waren. Für das laufende Jahr wird mit etwas über 100 Fällen gerechnet. Wer nun glaubt, Jugendhilfe-relevante Probleme würden nur in am Rand der Gesellschaft auftauchen, muss sich belehren lassen: "Wir werden vermehrt auch von Menschen aus dem besser situierten Bereich um Unterstützung beim Umgang mit dem Nachwuchs gebeten", sieht die Landrätin die Jugendhilfe längst in allen sozialen Schichten angekommen. Mit 1500 Erziehungshilfen rechnet der Kreis für 2014. In den Vorjahren waren es 1506 (2013), 1556 (2012), 1426 (2011); 1136 (2010). Tendenz also steigend!

Nicht nur wegen der Kritik der sieben Kreis-Kommunen (sie erwägen eine Klage) an der Kreisumlage, die auch wegen der steigenden Sozialhilfekosten im Vergleich zu 2013 um fast vier Millionen Euro angewachsen ist, ist das Ausgaben-Controlling beim Jugendamt des Landkreises erweitert worden. Jeder Fall werde auch aus wirtschaftlicher Sicht geprüft, so die Verwaltungschefin. Zusätzlich wurde das Institut für sozialpädagogische Forschung Mainz (ISM) mit der Begutachtung der Prozesse im Jugendamt beauftragt. Zum Jahresende soll ISM einen Zwischenbericht über die Datenerhebung vorstellen, dem schließt sich eine zweijährige Begleitung des Jugendamtes durch das Institut an. Dann werden Handlungsempfehlungen erwartet.

Eine Positiv-Meldung hat das Landratsamt aber schon jetzt parat: Bei den Ausgaben für die Eingliederungshilfen (Aufgabe der Eingliederungshilfe ist es, eine Behinderung oder deren Folgen zu beseitigen und Menschen mit Behinderung in die Gesellschaft einzugliedern) ist der Kreis Neunkirchen mit durchschnittlich 26,50 Euro pro Kind/Jugendlichem bis 21 Jahren (berechnet auf die gesamte Altersgruppe, nicht pro Fall) am günstigsten. Hier liegt der Landesdurchschnitt nämlich sogar bei weit mehr als doppelt so viel: 63,30 Euro .

Zum Thema:

Auf einen BlickDie Kinder- und Jugendhilfe in Trägerschaft des Landkreise fördert Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene (bis zum Alter von 27 Jahren) in ihrer Entwicklung und hilft in besonders schwierigen Situationen. Sie berät und unterstützt Eltern/Erziehungsberechtigte. Eine weitere Aufgabe der Kinder- und Jugendhilfe ist die Mitwirkung in vormundschafts- und familiengerichtlichen Verfahren. Es gehört aber auch zu ihren Aufgaben, Kinder und Jugendliche vor Gefährdungen zu schützen - sowohl präventiv als auch durch entsprechende Interventionen, wenn eine Kindeswohlgefährdung bereits eingetreten ist. Oberste Handlungsmaxime ist immer das Wohl des Kindes. Das grundlegende Gesetz für die Jugendhilfe in Deutschland ist das Achte Sozialgesetzbuch (SGB VIII). Es wird auch Kinder- und Jugendhilfegesetz (KJHG) genannt. Die Kinder- und Jugendhilfe ist grundsätzlich für alle jungen Menschen zuständig, die in Deutschland leben (Quelle: Bundes-Familienministerium). sl

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