New York war Liebe auf den ersten Auslöser
Kreis Neunkirchen /New York. Seit über 20 Jahren hat er keinen Rasen mehr gemäht - und ist dankbar dafür. Aber nicht nur deswegen bereut es Dirk Anschütz nicht, 1989 aus Ottweiler nach Ney York City ausgewandert zu sein. Denn in der Weltstadt an der Ostküste der USA hat sich seine Perspektive verändert, ja, neu erfunden
Kreis Neunkirchen /New York. Seit über 20 Jahren hat er keinen Rasen mehr gemäht - und ist dankbar dafür. Aber nicht nur deswegen bereut es Dirk Anschütz nicht, 1989 aus Ottweiler nach Ney York City ausgewandert zu sein. Denn in der Weltstadt an der Ostküste der USA hat sich seine Perspektive verändert, ja, neu erfunden. "Ich habe hier mit der Fotografie angefangen", erzählt der Wahl-New-Yorker und frei schaffende Fotograf, "und ich habe mich in die Stadt verliebt."Damit war New York sozusagen Liebe auf den ersten Auslöser, spätestens. Denn schon bevor er mit Anfang 20 weg von daheim zog, reizte ihn die Metropole. "Ich bin gegangen, weil ich neugierig war. Ich habe die Stadt aus Filmen und Büchern gekannt, mich für New Yorker Musik und Kunst interessiert. Die Stadt war damals noch viel härter und gefährlicher als heute, darum hatte ich wohl auch ein bisschen Abenteuerlust in mir."
Bleiben wollte der junge Mann, der nach Abi und Zivildienst bei Freiburg die Koffer packte, nur für ein halbes Jahr. "Aber wie bei so vielen New Yorkern ist es anders gekommen." Der heute 45-Jährige blieb, weil ihn die Metropole fesselte. "Was mir am besten gefällt, ist ihre Energie. Wenn man hier herzieht, will man etwas erreichen, und all diese Motivation setzt eine fühlbare Energie frei, die ich sehr mitreißend finde." Mitgerissen wurde auch Dirk Anschütz, der den Charakter New Yorks und der Bewohner seither mit der Kamera einfängt.
In der Stadt, in der alles möglich scheint, führt Anschütz aber auch ein ganz normales Leben (wenngleich ohne Rasenmäher). Er schätzt das reiche Kulturangebot, hat viele Freunde gefunden und eine "gute Fußballmannschaft". Das größte Glück hat vor Kurzem angeklopft. Dirk Anschütz ist Vater geworden. Mit seiner Freundin habe er, als Ray auf die Welt kam, den schönsten Moment seines Lebens geteilt. Aber seither vermisse er auch die Heimat ganz besonders: "Vater zu sein ist natürlich eine extrem schöne Erfahrung, gleichzeitig ist es schade, dass meine Mutter in Ottweiler Ray nicht öfter zu Gesicht bekommt." Und er fügt schelmisch hinzu: "Die zwei mögen sich sehr, und wir könnten einen billigen Babysitter gebrauchen."
Denn 14 Flugstunden von der alten Heimat entfernt sei es schon sehr anders als im Saarland, nicht nur in Sachen Kinderbetreuung. "New York ist eine Weltstadt. Man hat immer Menschen um sich, sobald man das Haus verlässt. Sie kommen aus allen Erdteilen und bleiben ihren Kulturen so treu, wie sie wollen. Hier gibt es keine 'Mehrheit' mehr und es redet auch keiner von Integration. Diese Vielfalt gibt es nicht in Deutschland." Zudem sei "das Leben hier sehr teuer und man hat natürlich weniger soziale Absicherung".
Dennoch: Das Leben, das er sich in den Staaten aufgebaut hat, gefällt ihm. Ob er noch einmal auswandern würde, wie vor über 20 Jahren? "Das ist eine schwierige Frage. Wenn man auswandert, und das war mir vorher nicht bewusst, setzt man sich immer irgendwie zwischen die Stühle. Man sieht danach beide Länder immer mit einer gewissen Distanz."
Die Distanz über den Ozean überbrückt Dirk Anschütz etwa einmal im Jahr, wenn er seine Mutter und die Freunde im Saarland besucht. Auch am Telefon hält er den Kontakt übers Meer. Und es mangelt ihm nicht an Besuch von daheim: So sei das eben, "wenn man in der Shopping-Hauptstadt der Welt lebt".