Sucht: Das Internet ist neue Baustelle der Caritas Neunkirchen Neunkircher Caritas nimmt Spielsucht im Netz ins Visier

Neunkirchen · Die Fachdienste des Caritasverbandes in Neunkirchen setzten sich verstärkt mit Themen wie Spielsucht im Internet oder Shisha-Rauchen auseinander.

 Exzessives Spielen am Computer (Symbolfoto) macht krank. Die Neunkircher Caritas ist an dem Thema dran.

Exzessives Spielen am Computer (Symbolfoto) macht krank. Die Neunkircher Caritas ist an dem Thema dran.

Foto: dpa/Marco Hadem

Das gleich mal vorweg: „Wir sind nicht schuld, dass die Kosten in der Jugendhilfe explodieren.“ Das erklärte Caritasdirektor Michael Schütz bei der Vorstellung des Jahresberichtes 2016 des Beratungs- und Behandlungszentrums. Schwerpunktmäßig ging es um Präventions- und Suchtpräventionsarbeit, die ja im Gegenteil „Folgekosten eindämmt oder gar verhindert“. Unter dem Dach des Caritasverbandes firmieren im Doppelfachdienst Die Brigg/Psychosozialer Dienst eine ganze Reihe von Fachstellen, die sich um Jugendliche und Erwachsene mit einer Vielzahl psychischer Probleme kümmern, die meist aus einer Suchtproblematik resultieren. Für die auch so schon anspruchsvolle tagtägliche Arbeit der Sozialarbeiter, Pädagogen und Psychologen sei es „schädlich“, dass der schwarze Peter im öffentlichen Diskurs gern den sozialkaritativen Trägern zugeschoben wird. „Wir zeigen gesellschaftliche Schwachstellen auf, sind aber nicht die Ursache der Probleme“, betonte Schütz.

Was gibt es Neues? Seit 1. Januar sitzt Diplom-Psychologe und Psychotherapeut Thomas Heib auf dem Stuhl des Fachdienstleiters. Sein Vorgänger Horst Arend hatte sich Ende des Jahres in den Ruhestand verabschiedet. Was die Präventionsarbeit anbelange, seien mit E-Shishas und -zigaretten neue Suchtmittel in den Fokus gerückt, informierte Ute Müller-Biehl, die seit 25 Jahren für Die Brigg tätig ist. „Da existieren viele Mythen wie das vom gesunden Rauchen“, ergänzt ihre Kollegin Yvonne Illy. Fakt sei, dass man mit dem Dampf einen Giftcocktail inhaliere, über dessen Langzeitwirkungen noch keine zuverlässigen Daten vorlägen. „Bei unseren Einsätzen an Schulen hören wir auch immer wieder: Da ist ja kein Nikotin drin.“ Die Situation sei vergleichbar mit dem Aufkommen der Alkopops, die damals ebenfalls bewusst von den Herstellern verharmlost worden seien. Auch Eltern seien oft nicht ausreichend informiert: „Die sind entsetzt, wenn sie hören, dass sich ihr Achtjähriger eine Shisha kaufen kann.“ Eine eigens entwickelte Info-Postkarte mit ansprechend aufbereiteten Fakten wird in Kürze saarlandweit verteilt.

„Die Häufigkeit der Abhängigkeitsdiagnosen unserer Klientel bei Cannabis, Stimulanzien oder Alkohol ist nach wie vor groß“ und damit weitgehend unverändert zum Vorjahr, bedauert Heib. „Pathologisches Spielen droht zum zweifelhaften Spitzenreiter zu werden.“ Bei den Glücksspielen verschiebt sich vieles von den klassischen Casinos in den häuslichen Bereich, wo man per Tablett oder Smartphone ohne soziale Kontrolle Dritter zocken kann. Heib: „Darauf reagieren wir mit der zunächst probeweisen Einführung einer Spielergruppe.“ In Kooperation mit der Fachklinik Münchwies ist zudem die Gründung einer Fachgruppe „PC/Internetkonsum“ angedacht.

Am Wochenende gab es eine kleine Premiere. Da haben Jugendschutzteams auch beim Stadtfest in Neunkirchen junge Besucher gezielt auf Alkoholkonsum angesprochen und für einen verantwortungsvollen Umgang mit dem Suchtmittel Nummer eins plädiert. Keine leichte Aufgabe, wie sie aus der Vergangenheit bereits wissen. Die Gesprächsbereitschaft war nämlich bei einem vergleichbaren Einsatz auf der Neunkircher Kirmes im vergangenen Jahr sehr gering gewesen. Aber die Teams wollen an dem Thema dranbleiben.

Den Rahmen für diese Aktivitäten bildet das Projekt „HaLT – Hart am Limit“, das aufgrund der besorgniserregenden Zahl von Alkoholvergiftungen junger Menschen initiiert worden ist. Froh ist Schütz, mit der Illinger Firma proWIN einen Sponsor gefunden zu haben, dank dem ein Linienbus der Neunkircher Verkehrsgesellschaft, NVG, mit Werbefolien zum Projekt „HaLT“ beklebt werden konnte. Slogans wie „Anerkennung gibt es nicht in Dosen“ touren nun permanent durch den Landkreis – und das ganz ohne öffentliche Zuschüsse.

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