Motor, Motivator, Schlitzohr

Eppelborn. Fritz-Hermann Lutz liebt bekanntlich den großen Auftritt. Und so schritten seine Verabschiedungs-Gäste stilvoll über einen roten Teppich

Eppelborn. Fritz-Hermann Lutz liebt bekanntlich den großen Auftritt. Und so schritten seine Verabschiedungs-Gäste stilvoll über einen roten Teppich. "Eigentlich wollte ich ja gar kein Defilee", meinte der 65-Jährige, als sich eine lange Schlange bildete, um ihn mit Bussi-Bussi, Schulterklopfen, Händedruck und Übergabe von Geschenken erst einmal an diesem ganz besonderen Freitagabend (die SZ berichtete bereits kurz) zu begrüßen. Teile der Landesregierung, angeführt von Ministerpräsidentin Annegret Kramp-Karrenbauer, etliche Bürgermeister-Kollegen, darunter auch der Neunkircher Ex-OB Friedrich Decker, CDU-Parteifreunde, Repräsentanten des Eppelborner Polit-Spektrums, Vertreter des gesellschaftlichen Lebens, der Verbände und Vereine - kurz "tout le monde" versammelte sich im Big Eppel. In 28 Jahren im Amt hat Lutz längst auch überregional einen beachtlichen Bekanntheitsgrad erlangt.Nach der Begrüßung durch den ersten Beigeordneten Berthold Schmitt, dann gleich zu Beginn eine Ehrung für Lutz: Er erhielt neben der Dankes-Urkunde die Bartholomäus-Koßmann-Medaille in Gold. Eigentlich wird die ja nur hoch engagierten Ehrenamtlern verliehen, doch angesichts der ganz besonderen Verdienste des zu Ehrenden wurde diese Ausnahme parteiübergreifend beschlossen.

Gleich vier Laudatoren überboten sich bei der Würdigung des 65-jährigen Lutz: Allen voran Annegret Kramp-Karrenbauer. Sie lobte Lutz als Ausnahmepersönlichkeit (Kompetenz, Charme und Lebensfreude), als einen Bürgermeister, der seine Arbeit zum Mittelpunkt seines Lebens gemacht habe. Er hinterlasse eine gute Basis für seine Nachfolgerin Birgit Müller-Closset, SPD. Die allerdings fehlte bei dem Festakt. Ein lange geplanter privater Termin im Ausland stand der Präsenz in Eppelborn entgegen. Launige Worte fand auch der Vizepräsident des saarländischen Städte- und Gemeindetages, der Homburger OB Karlheinz Schöner: "Wir vermissen Dich", ließ er Lutz wissen.

Dessen Arbeit, beispielsweise als EVS-Verbandsvorsteher in turbulenten Zeiten, habe nachhaltige Spuren hinterlassen. Für Landrätin Cornelia Hoffmann-Bethscheider hat Lutz für eine "imposante Amtszeit" gesorgt. Wie die Vorredner sprach sie seine ganz besondere Verbindung zum Amt an. Für die Verwaltungschefs der Region redete der Illinger Armin König, der durch die Kooperationen zwischen den Nachbargemeinden Eppelborn und Illingen eng mit Lutz zusammenarbeitete. Ihm lag es am Herzen, auch die leiseren Töne des "talentierten Sängers" herauszuarbeiten. Anführer, Anreger, manchmal auch Aufreger, Motor, Motivator und auch Schlitzohr, das sei Fritz-Hermann Lutz. Geniale Gastfreundschaft ("man erinnere sich an den Tafelspitz"), gepaart mit Sachverstand und Beharrlichkeit - nicht nur bei der Ill-Renaturierung oder dem Bau des Big Eppel - seien charakteristisch für Lutz. Mit Spannung erwartet wurde die Abschiedsrede des Bürgermeisters. Und einmal mehr überraschte Lutz das Publikum, seine "hochansehnliche Festversammlung": Statt das mitgebrachte umfängliche Manuskript zu verwenden, machte er klar, dass "keiner der Vorredner übertrieben hat, dass alles richtig ist".

Er dankte den privaten und politischen Freunden und Weggefährten ("die kommunale Familie"), zeigte sich gerührt über die Präsenz von Persönlichkeiten wie der Ministerpräsidentin, von Alt-Landrat Rudolf Hinsberger, CDU-Landtagsfraktionschef Klaus Meiser und seines Ex-Adlatus Hermann-Josef Schmidt. Seine langjährige Sekretärin Elisabeth Bick musste intensiv ihre Brille putzen, als Lutz sich ihrer Loyalität und ihrer vielfältigen Qualitäten in seinem Vorzimmer ("sie schrieb die Laufzettel und ich bin gelaufen") erinnerte. Innehalten im ganzen Saal dann bei seiner emotionalen Aufforderung "kümmert Euch um mich!"

Als dann der Instrumentalverein Eppelborn, der schon bei Lutz Amtseinführung 1984 gespielt hatte, die "Berliner Luft" intonierte, griff Lutz zum Taktstock; der ganze Saal spendete stehend Beifall. Und dann gab's lecker Schnittchen und Getränke . . . "Keiner der Vorredner hat übertrieben, alles ist richtig."

Fritz-Hermann Lutz, Bürgermeister

von Eppelborn

Meinung

Emotionen sind garantiert

Von SZ-RedakteurinSolveig Lenz-Engel

Nur noch einen wichtigen Termin als Bürgermeister hat Fritz-Hermann Lutz zu absolvieren. Am Feiertag Maria Himmelfahrt werden die örtliche Feuerwehr und der Instrumentalverein Eppelborn für ihn in der Fußgängerzone bei Einbruch der Dunkelheit den Großen Zapfenstreich zelebrieren. Emotionen sind da garantiert. So wie auch am Freitag der ein oder andere Gast etwas mitgenommen war vom öffentlichen Bekenntnis des Bürgermeisters, dass der Abschied wehtue und er nicht ganz frohen Herzens in den Ruhestand wechsele.

Es ist kein Geheimnis, dass Lutz während seiner Amtszeit auch schon mal kräftig ausgeteilt hat. Wenn beispielsweise Birgit Müller-Closset von ihm in Sitzungen als "Gnädige Frau" tituliert wurde, konnte man dies durchaus als männliche Überheblichkeit wahrnehmen. Die neue Bürgermeisterin hatte - eingedenk auch anderer Reibereien - also Gründe, die ihr es erleichterten, der Lutz-Verabschiedung fern zu bleiben. So überließ sie ihm ein letztes Mal das Feld der Selbstdarstellung, das er so gut beherrscht.

Ab kommendem Donnerstag hat die Genossin es in der Hand, nach der Ära Lutz der Gemeinde ihren Stempel aufzudrücken. In seine Fußstapfen kann sie nicht treten, dafür sind körperliches Kaliber und politische Gangart viel zu unterschiedlich.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort