Motivation der Lehrer stärken

Neunkirchen · Eine logische Folge des Schulfachs „Glück“ für Schüler ist das Projekt Lehrergesundheit an der Gemeinschaftsschule Neunkirchen-Stadtmitte. Denn nur motivierte Lehrer können Schüler motivieren.

. Ein erfahrener Lehrer, der einen Nervenzusammenbruch erleidet, weil der mühsam erarbeitete Stundenplan wieder verworfen werden muss - dazu soll es nach den Vorstellungen der Gemeinschaftsschule Neunkirchen-Stadtmitte gar nicht erst kommen. Die Saarbrücker Zeitung hat gestern über die Forderung der saarländischen Lehrerverbände nach einem Gesamtkonzept für Lehrergesundheit berichtet ("Hilfe nach dem Kollaps im Klassenzimmer"). Die Neunkircher Schule unter Leitung von Dieter Schön kommt dieser Forderung bereits nach. Quasi als Fortführung des Schulfachs "Glück", das seit zwei Jahren von dem dafür ausgebildeten Lehrer Sebastian Ecker unterrichtet wird, ist jetzt das Projekt "Lehrergesundheit" gestartet. Mit im Boot ist Professor Marcus Müller, der im November 2012 in der SZ über die Glücksaktivitäten der Schule las, diese "spannend" fand und Kontakt mit der Schule aufnahm. Müller promovierte im Bereich Sozialpsychologie in Aus-tralien und arbeitet heute unter anderem als Motivationsforscher und Dozent für Psychologie und Management an der Sacred Heart-Universität in Luxemburg.

Müllers Maxime: "Motivierte Lehrer können auch Schüler motivieren." Doch wie motiviert man Lehrer, und wie verhindert man, dass sie im Schulalltag krank werden? Als Ursache für viele Probleme nennt Müller zunächst einmal das Loch in der Ausbildungskette bis zum Lehrer. Es fehlten Interaktion und Sozialpsychologie . "Was in den Köpfen der Schüler vorgeht, bringt einem niemand bei", so die Kritik des Professors. Seit 30 Jahren gebe es entsprechende Forschung, aber es tue sich wenig. Deshalb bezeichnet er auch die Neunkircher Gemeinschaftsschule als "Insel individueller Initiative", die versuche, den Ansatz von Glück auch in Richtung Lehrer voranzutreiben. Diese Idee falle glücklicherweise auch bei Landrätin Cornelia Hoffmann-Bethscheider auf fruchtbaren Boden. Diese habe sich bei einem Gespräch am Mittwochmorgen "sehr offen" für das Projekt Lehrergesundheit gezeigt, freut sich Sebastian Ecker. Nachdem es bereits im Januar einen Impulsvortrag gegeben habe, dem ein Fragebogen und darauf aufbauend ein pädagogischer Tag gefolgt seien, soll das Projekt im Herbst den anderen weiterführenden Schulen im Kreis Neunkirchen vorgestellt werden.

Professor Müller wird einen Gruppenkurs und bei Bedarf auch Einzelcoachings leiten, um möglichst viele Multiplikatoren zum Thema Lehrergesundheit zu haben. Ziel ist, Bewegung ins System zu bringen, das Thema Lehrergesundheit stärker in den Blickpunkt zu rücken. Nur so könnten den Lehrern "Werkzeuge zur Lebensgestaltung" an die Hand gegeben und somit präventiv gearbeitet werden. Dabei sei es wichtig, permanent die Menschen weiter zu bilden. Wie gut dies bereits bei den Schülern durch das Fach Glück funktioniere, betont Sebastian Ecker. "Wir haben weniger Streitfälle, alle sind zufriedener." Es komme viel rüber, bestätigt Schulleiter Schön.Die Gemeinschaftsschule Neunkirchen-Stadtmitte ist sicher von einigen belächelt worden, als sie vor zwei Jahren das Schulfach "Glück" eingeführt hat. Mittlerweile reift die Erkenntnis, dass es nicht nur glücklicher Schüler für eine gute Schule, sondern auch glücklicher Lehrer bedarf. Denn statt glücklich könnte man auch motiviert, zufrieden und belastbar sagen. Denn die Lehrer sind nervlichen Belastungen ausgesetzt, die immer mehr von ihnen krank machen. So krank, dass sie früher den Schuldienst quittieren und viele sich bis dahin quälen. Das spüren die Schüler sehr deutlich. Denn ein ausgelaugter Lehrer kann seine Schüler nicht mehr zum Lernen motivieren. Das ist fatal für unsere Gesellschaft, die jeden gut ausgebildeten, jungen Menschen braucht. Also: Tun wir alles, damit Lehrer wieder glücklich werden.

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