Markus Krebs in Neunkirchen Tränen gelacht statt zu hupen

Neunkirchen · Markus Krebs blödelte sich mit „Pass auf...kennste den?“ zielsicher in die Herzen und Zwerchfelle der Neunkircher, erleichtert, nicht mehr im Autokino auftreten zu müssen.

 Comedian Markus Krebs in Neunkirchen vor fast ausverkauftem Haus in der Gebläsehalle.

Comedian Markus Krebs in Neunkirchen vor fast ausverkauftem Haus in der Gebläsehalle.

Foto: Anja Kernig

Er hat es schon mal mit Weihnachtsbäume verkaufen versucht. Und einen Kiosk geführt. Er lieferte Pizzas aus – und Kinder mit Handicap in der Schule ab. Das braucht er jetzt nicht mehr. Markus Krebs, die Gag-Maschine mit Zopf und „Holz Verleih“-Shirt, füllt ganze Arenen. Auch in Neunkirchen blieben bei seinem Auftritt nur wenige Plätze verwaist. „Comedy alle wegen mir?“ Aber klar doch!

Während andere Kollegen jetzt schon wissen: „Nö, den nächsten Lockdown mache ich nicht mit, da bleibe ich lieber zu Hause“, freute sich Krebs, mal vor Leuten aufzutreten, „die nicht hupen“ (wie bei seinen coronabedingten Auftritten im Autokino). Geliebt wurde die „Ruhrpottperle“ in den „Wechselhaaren“ von der ersten Minute an. Erste und einzige Buhrufe setzte es lediglich, als sich Krebs, müde von der Hin- und Herlauferei auf der großen Bühne, ein Biturger genehmigte.

Regional trinken wäre hier eine nette Geste gewesen. Was der Comedian auch sofort umzusetzen bereit war. Doch sein Ruf nach einem Karlsberg Urpils verhallte ohne Resonanz. Spätestens, als er das Saarland als „das Land des nächsten Dart-Weltmeisters“ hofierte, war aber alles wieder gut. „Ich hab keine Botschaft“, stellte Krebs frühzeitig klar. „Ihr nehmt nichts mit.“ Außer natürlich Witze zum Weitererzählen, die meisten davon schön abgehangen und gut durchgezogen.

Ein bisschen plauderte der gebürtige Duisburg-Neudorfer, Jahrgang 1970, aber auch aus dem autobiographischen Nähkästchen, etwa von seiner Zeit in einer versifften WG: „Da putzte man sich die Schuhe ab, wenn man nach draußen ging.“ Gelernt hat er Groß- und Außenhandelskaufmann. Seine Brötchen verdiente Krebs, der seinen Mutterwitz in jahrzehntelangen Kneipen-von-innen-Studien schulte, zuletzt als Vize-Chef in einem Baumarkt. Der ging pleite. „Die halbe Abfindung hab’ ich auf Ibiza verprasst, von der anderen eröffnete ich eine Fußball-Kneipe“, verriet er mal in einem Interview. Seine Kneipe „Anne Tränke“ musste er bald wieder aufgeben, testet in selbiger aber immer noch gerne seine neuen Witze in Lebendversuchen.

Nie ein Geheimnis machte Krebs aus seiner Hooligan-Vergangenheit. „Seit ich 18 war, zog ich mit Duisburger Hools in Heim- und Auswärtsschlachten. Wir waren polizeibekannt, haben uns oft geprügelt.“ Sieben Jahre Hausverbot im Wedaustadion kommen schließlich nicht von ungefähr. Heute bereut er diese Zeit: „Das war Wahnsinn. Einfach nur dämlich.“ Als sein älterer Bruder 2008 in Dinslaken einen Comedy-Wettbewerb ausrichtete, war Markus Krebs mit an Bord – an der Kasse.

Einer der gebuchten Komiker fiel aus, da holte ihn sein Bruder spontan auf die Bühne – und Krebs gewann! „In der Kneipe hatte ich oft bewiesen, dass ich Leute unterhalten kann.“ Wegen einer Augenverletzung trug er eine dunkle Sonnenbrille, die Ruhrpott-Mütze, um nicht erkannt zu werden: Geboren war seine Hocker Rocker-Figur. 2008 gewann er mit ihr den „Niederrheinischen Comedy-Preis“, zwei Jahre später rockte er die erste Ausgabe der RTL-Sendung „Comedy Grand Prix!“. Seit dem ging es Schlag auf Schlag.

Im Alten Hüttenareal klang Corona ab und zu als Thema an. Etwa, wenn er mit der Katze mal eben zum Hauptbahnhof muss, weil sie noch ein Bild für den Impfpass benötigt. Aber zum Groß-dran-abreagieren fehlt es Krebs an Kreativität oder Lust oder beidem.

Gelegentlich interagiert er mit dem Publikum, so auch in der launigen „Und wie heißt du“-Frage Runde. Genüsslich zerlegt er die Namen und holt raus, was man halt so rausholen kann aus „Jürgen“, „Jette“ oder „Holger“. Nuscheln und das Verschieben von Betonungen sind sein Ding, eine Art Verlegenheits-Kalauer, die man immer zur Hand hat. Jetzt schon ein Klassiker: die „Blu-mento-pferde“. Im zweiten Teil des Programms ging es im Wesentlichen um die „Top Ten“ seiner Witzcharts, die er immer wieder auflockert – mit Witzen! Das ermüdet den einen, der andere lacht Tränen und schnappt pausenlos nach Luft.

So ein frischer Aufguss traditionellen Materials humoristischer Urgesteine wie Fips Asmussen muss ja auch per se nichts Schlechtes sein. Zumal es Krebs gekonnt und authentisch rüber bringt. Ob man natürlich ständig über sich selbst lachen und auf die Schulter hauen muss a la „Ich könnt mich manchmal selber küssen. Unglaublich!“, bleibt dahin gestellt.

Achso, der Vollständigkeit halber und nur für den Fall, dass die Frage auf der Eintrittskarte und im Bühnenbild – „Pass auf...kennste den?“. – ernst gemeint war: „Jipp, den einen oder anderen schon.“

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