Kolumne Apropos Ein Traum von einem....

Die Deutschen und ihre Autos. Die innige Beziehung schlägt sich auch in Testberichten neuster Karossen nieder. Doch droht den PS-Poeten womöglich Gefahr?

 Kommentarkopf, Foto: Robby Lorenz

Kommentarkopf, Foto: Robby Lorenz

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Augen zu und wohlfühlen. Griffig in den Kurven, expressives Äußeres, Opulenz statt Effizienz, gelungener Kompromiss, mehr Power, intelligente Benutzeroberfläche, den Adaptivmodus einfach machen lassen... Ja, das Leben kann so schön sein. Muss man ja nicht kaufen, all diese Neuwagen, deren Testberichte sich lesen wie – ja wie eigentlich? Jedenfalls nicht nach schnödem Fortbewegungsmittel. Eher wahlweise nach gutem Freund, guter Freundin, Must-have oder Nice-to-have, Verführer oder Verführerin. Wer’s nüchtern haben will, guckt beim Händler auf dem Hof nach der Klassifizierung des Energieverbrauchs. Da kann sich Frau oder Mann aber auch gleich in einen Bollerwagen setzen und ziehen lassen. Nein, die epischen Ergüsse zum liebsten Kind insbesondere Testosteron-angetriebener Lebewesen sind wie ein Vollbad mit ganz viel Schaum. Zum Augen schließen und wohlfühlen. Doch wie mag das in zwanzig, dreißig oder vierzig Jahren aussehen? Schon heute machen viele junge Leute keinen Führerschein mehr. Zu teuer, in der Großstadt ist die U-Bahn schneller am Ziel. Und, ach ja, nicht zu vergessen den Umweltgedanken, der trotz Widerstand hartleibiger „Ich lass mir doch nicht alles verbieten“-Betonköpfe (und -innen) zunehmend Raum greift. Was machen dann die Poeten des tiefergelegten Fahrwerks? Welchen blechernen Mond heulen sie an in pechschwarzer Nacht?

Vielleicht so? „Unser neues Lastenrad von Share-die-Welt ist ein robust ausgelegter Alleskönner. Einmal im Soft-Sattel  ist die Umgebung ein Frischluft-umspülter Fahrspaß. (*Frischluft: Fragen Sie ihren Online-Apotheker oder -Mediziner nach eventuell bestehenden Allergien oder Reizungen).“ Oder auch so: „In diesem vollautonomen Zweipersonentaxi können sie sich per Sprachbefehl sanft und zuverlässig in jegliche Position bringen lassen für Ihre ganz individuellen Wohlfühlmomente. Auch alleine ein Erlebnis, das Sie nie wieder vergessen werden.“

Sollte die böse Koalition, die am deutschen Horizont dräut, den armen Menschen tatsächlich das Mobilitätsglück alter Schule vermiesen, so ist doch für diese feingeistige Branche nicht aller Tage Abend. Und selbst wenn der Markt zusammenbräche, könnten die Macher der PS-Poesie in einer gemeinsamen Kraftanstrengung ein letztes Bonmot entwickeln, um einen Satz für ewig vergessen zu machen: „Sänk iu for träveling wissss Deutsche Bahn.“

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