Kolumne Ach was?! Eine Bahnfahrt, die ist lustig

Spannend wird es bei der Frage: Was ist denn nun das richtige Ticket? Da gilt: Obacht geben, nicht unbedingt logisch schlussfolgern.

 Michael Beer

Michael Beer

Foto: SZ/Robby Lorenz

Mit der Bahn zu fahren ist nicht nur umweltfreundlich, es hat auch durchaus humorige Seiten und dient dem Menschen auch im psychosozialen Bereich. Zwar braucht der ÖPNV-Nutzer einen Gute-Laune-Panzer aus Metall, wenn er etwa mit langen Verspätungen oder kompletten Ausfällen zu kämpfen hat, aber das ist ja auch nicht immer. Wie in folgendem Beispiel: Da nähert sich der Gelegenheitsfahrer, der trotzdem eine preisermäßigende „Bahncard 25“ sein Eigen nennt, erstmals in der gemütlichen Neunkircher Hauptbahnhofshalle dem neuen Kartenschalter des Unternehmens Vlexx. Er möchte ein Ticket ziehen für die Fahrt nach Saarbrücken. Klar, jede Suchmaske hat ihre Eigenheiten. Also dauert es einen Moment. Zum Glück sind es noch ein paar Minuten bis zur (pünktlichen!) Abfahrt. Wie also möchte der Fahrende in die Landeshauptstadt? „Über Schiffweiler“, „über Illingen“, „über Homburg“ oder sonst was? Zwischen all den Optionen taucht der Vorschlag „kürzester Weg“ auf. Super. Das ist es! Er will nur in die Stadt, ohne Zwischenstopp, Zusatzmahlzeit oder Waschen und Föhnen. Also kauft er das Ticket „kürzester Weg“, geht aufs Gleis drei und sitzt voller Freude über die problemlose Beförderung flugs auf seinem Platz. Der Unbedarfte! Während eine regennasse graue Landschaft an ihm vorbeizieht, nähern sich mit freundlichem Blick zwei Zugbegleiterinnen. Der Fahrschein wechselt die Hände. Ob sie erstens mal die Bahncard sehen dürfte, sagt die Dame. Natürlich, kein Problem. Doch da wartet noch ein zweitens. Die Fahrt von Neunkirchen nach Saarbrücken entspricht bei der Wahl „kürzester Weg“ der Preisstufe fünf, sagt die Frau und ihre Begleiterin lächelt. Der Reisende nickt und denkt bei sich, so genau müsse er es gar nicht wissen, aber gut. Die beiden sind aber nicht fertig. Wer tatsächlich von Neunkirchen nach Saarbrücken wolle, müsse am Automaten die Option „über Schiffweiler“ wählen. Das sei Preisstufe sechs, also etwas teurer, und der korrekte Preis. Dem Reisenden schwant Böses. Die Damen lächeln weiter. Nein, nein, das wäre jetzt schon in Ordnung, sagt die Sprecherin in mütterlichem Ton. Sie wolle das jetzt nur klarstellen für die nächsten Fahrten, einen Aufpreis oder gar eine Schwarzfahrt wolle man nicht unterstellen. Aber: Bitte für die kommenden Fahrten merken! Es entspinnt sich in der Folge ein kleiner Dialog über die Unsinnigkeit des saarländischen Wabensystems und die Wetterlage im Allgemeinen. Die Anmerkung des Reisenden, er fahre selten, und habe das mit Schiffweiler sicher bald wieder vergessen, lächeln die Zugbegleiterinnen professionell weg. Ein Tipp deshalb für alle mit ähnlich kurzen Gedanken: Beim Bahnfahren vorsichtshalber 50 oder 60 Euro oder was auch immer die Schwarzfahrt kosten mag zusätzlich einstecken. Wer kann sich schon merken, ob er für das Ticket nach Saarbrücken auf „über Schiffweiler“, „über Illingen“ oder „über Paris“ drücken muss?

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