Patienten aus der Pfalz nicht willkommen? Saarländischer Arzt weist Patientin zurecht, weil sie aus der Pfalz kommt – Klinik reagiert

Kohlhof · Als sie mit ihrem Baby den kinderärztlichen Notdienst in der Marienhausklinik in Kohlhof aufsuchte, wurde eine Mutter aus Rheinland-Pfalz mit fragwürdigen Aussagen eines Arztes konfrontiert. Vonseiten der Klinik bedauert man den Vorfall.

 In der Marienhausklinik Kohlhof wurde eine Patientin aus Rheinland-Pfalz von einem Arzt nicht gerade willkommen geheißen.

In der Marienhausklinik Kohlhof wurde eine Patientin aus Rheinland-Pfalz von einem Arzt nicht gerade willkommen geheißen.

Foto: Marc Prams

Junge Eltern kennen das: Wenn sich bei den Kleinen ein Wehwehchen ankündigt, passiert dies gerne am Wochenende, wenn man es am wenigsten gebrauchen kann. Das weiß auch Lara Hentschel. Am 11. Dezember, ein Samstag, wurde ihr damals sechs Monate altes Kind krank, weshalb sie zum Telefon griff und die 116 117 wählte; die deutschlandweit geltende Nummer für den ärztlichen Bereitschaftsdienst in der Nacht, am Wochenende und an Feiertagen. Dort sei ihr gesagt worden, sie solle den kinderärztlichen Notdienst in der Marienhausklinik Kohlhof aufsuchen.

Dass Lara Hentschel, die in Zweibrücken lebt, zu einer Klinik im nahe gelegenen Saarland geraten wurde, erschien ihr vernünftig, da Kohlhof mit dem Auto in wenigen Minuten zu erreichen ist. Also machte sie sich auf den Weg, traf gegen 18 Uhr dort ein und war zunächst sehr angetan. „Ein fast leerer Wartebereich, und kaum zehn Minuten später waren wir schon im Behandlungszimmer. Bis dahin lief es super“, sagt die junge Mutter.

Arzt weist Patientin aus Rheinland-Pfalz zurecht

Dann jedoch sei sie auf einen Arzt getroffen, der in seinem Auftreten recht barsch gewirkt hätte. Auf eine Begrüßung oder freundliches Verhalten dem Baby gegenüber sei verzichtet worden, der Arzt sei vielmehr schnell zu seinem offenbar eigentlichen Problem mit Familie Hentschel gekommen. „Er fragte, ob mir denn eigentlich bewusst sei, dass ich als Zweibrückerin und somit Pfälzerin hier in einer saarländischen Klinik sei, in welcher man saarländische Kinder behandle und man nicht noch Kapazitäten für pfälzische Kinder habe. Es sei eine Frechheit, uns an den Kohlhof zu verweisen. Außerdem würde ich ja wohl sehen, was hier los sei.“

Aussagen, die Lara Hentschel verärgerten und die sie auch Wochen später noch aufregen. „Dass es eine Rolle spielt, aus welchem Bundesland ich komme, um eine freundliche Behandlung zu erhalten, ist mir tatsächlich neu. Aber man lernt ja nicht aus. Ob unter der gewählten Nummer eine falsche Auskunft erteilt wurde, bezweifle ich stark“, sagt sie. Aber selbstverständlich verspreche sie, „bei der nächsten Spontan-Erkrankung meines Babys die Zauberkugel anzuschalten und vorab nach dem aktuellen Besucheraufkommen in der Kinderambulanz zu sehen“.

Eine E-Mail an die Klinik, in der sie den Vorfall schilderte, sei  zunächst unbeantwortet geblieben.

Klinik reagiert auf Beschwerde

Auf Nachfrage der SZ beim Betreiber der Klinik, der Marienhaus GmbH, bedauert man den Vorfall, weist jedoch darauf hin, dass die Klinik lediglich Räume als Bereitschaftsdienstpraxen vermietet, die wiederum Einrichtungen der Kassenärztlichen Vereinigung sind. Aber auch wenn der Vorfall somit nicht in die Verantwortung der Marienhaus GmbH falle, sei es selbstverständlich, dass der Umgang von Arzt zu Patient ein anderer sein solle. Zwar könne man nichts zur Auskunft sagen, die Lara Hentschel unter der 116 117 erhalten hat, aber als Klinik nehme man Patienten im Notfall natürlich immer auf, teilt die Pressestelle des Klinik-Trägers mit.

Dass die E-Mail von Lara Hentschel zunächst unbeantwortet blieb, sei einem krankheitsbedingten Ausfall der zuständigen Mitarbeiterin geschuldet. Mittlerweile hätte man Lara Hentschel jedoch kontaktiert und werde, sobald möglich, das Gespräch mit ihr suchen.

Dürfen Patienten aus Rheinland-Pfalz ins Saarland zur Behandlung?

Eine Anfrage bei der Kassenärztlichen Vereinigung (KV) des Saarlandes, welche der Auskünfte, die Lara Hentschel erhielt, richtig sei – die der 116 117  oder die des Arztes – wird wie folgt beantwortet: „Für die Sicherstellung im Bereich von Rheinland-Pfalz ist die Kassenärztliche Vereinigung Rheinland-Pfalz zuständig. Über die dort vorgehaltenen Strukturen liegen uns keine Erkenntnisse vor.“ Grundsätzlich sei die Kassenärztliche Vereinigung Saarland für die Versorgung der saarländischen Bürger und Bürgerinnen zuständig. „Soweit Bürger und Bürgerinnen angrenzender Bundesländer im Saarland ärztliche Betreuung suchen, wird diese, sofern möglich, selbstverständlich zur Verfügung gestellt“, heißt es weiter.

 Eine Nachfrage, was „sofern möglich selbstverständlich“ bedeute, blieb vonseiten der KV Saarland unbeantwortet.

Auf die gleiche Anfrage bei der KV Rheinland-Pfalz antwortet deren Pressestelle mit einer konkreten Aussage: „Patientinnen und Patienten haben das Recht auf freie Arztwahl. Es bleibt ihnen überlassen, wo sie sich ärztliche Hilfe suchen.“ Und weiter heißt es: „Das bedeutet auch, dass sie nicht innerhalb ihres Bundeslandes bleiben müssen, sondern Einrichtungen in anderen Bundesländern aufsuchen dürfen.“

Eltern aus Zweibrücken, wie Familie Hentschel, müssen also beispielsweise mit ihren Kindern nicht den Notdienst in Kaiserslautern aufsuchen, sondern können sich an einen Notdienst im Saarland wenden.

 Unter der Nummer 116117 des ärztlichen Bereitschaftsdienstes erhalten Patienten Information über den Notdienst in ihrer Nähe.

Unter der Nummer 116117 des ärztlichen Bereitschaftsdienstes erhalten Patienten Information über den Notdienst in ihrer Nähe.

Foto: dpa/Patrick Pleul

Update: Nun hat sich der betreffende Arzt zu dem Vorfall geäußert und seine Aussagen erklärt. Mehr dazu lesen Sie hier.

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