Fassanstich Freitag, 19 Uhr Wem iss die Kerb? De Neinkerja!

Neunkirchen · Zwei Jahre war nix, an diesem Freitag aber ist endlich wieder Kirmes auf dem Neunkircher Eisweiher. Besuch beim Aufbau.

Kirmesaufbau auf dem Eisweiher in Neunkirchen
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Kirmesaufbau auf dem Eisweiher in Neunkirchen

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Foto: Elke Jacobi

Früher hat man hier entlang der Blies auf dem Weg zum Eisweiher bereits gewusst, was los ist. Längs des Weges standen die Wohnwagen der Schausteller. Heute stehen die hinter den Buden und Fahrgeschäften auf dem Festplatz selbst. Nichts desto Trotz erkennt man von weitem, was hier am letzten Augustwochenende passiert. Das am Donnerstagmorgen noch Gondel-lose Riesenrad mit seinen 36 Metern Höhe ist nun wahrlich nicht zu übersehen. An diesem Freitag um 19 Uhr ist Fassbieranstich und damit die offizielle Eröffnung der Neunkircher Kirmes, der ersten wieder seit 2019. Viele Neugierige schlendern über den Platz oder fahren mit dem Fahrrad vorbei. Auf dem Platz selbst schwitzen derweil die Arbeiter bei hochsommerlichen Temperaturen.

Ein ganz großer Kirmesfan

Am Kinderkarussell von Markus Spoo beispielweise. Der Saarbrücker ist erstmals in Neunkirchen dabei und hofft auf gute Geschäfte, „wenn das Wetter passt“. Mit Argusaugen beobachtet er, wie die rumänischen Gastarbeiter letzte Hand an das Dach des Karussells anlegen. Eine Seite ist noch zu, von der anderen sieht man, teils noch verhüllt, lustige bunte Tiere und Fahrzeuge. Gegenüber ist ein kleiner Mogli-Zug bereit für lachende Kinder. An den Seiten die Buden, die allerlei Kirmesleckereien erahnen lassen. Am Autoskooter gegenüber steht Markus Reiser und schaut zu, wie die Mitarbeiter dort noch einmal Lampen, Wand und Boden säubern. Reiser kommt schon seit Beginn des Kirmesaufbaus her. Seit zwei Tagen guckt er immer mal vorbei, ob er Bekannte trifft. Denn Reiser ist ein großes Kirmesfan. Seit zehn Jahren lebt der gebürtige Neunkircher wieder in seiner Heimatstadt. Und bis Corona auch die Kirmesse absagte, hat er auch immer wieder mal beim Aufbau geholfen. „Wenn ich Geld hätte, hätte ich selbst eine Bahn“, seufzt er. „Aber das wird wohl ein Traum bleiben.“ Aber Kirmesbesuche sind ihm deshalb Pflicht. Er freut sich schon, mit seinem siebenjährigen Sohn die fünf Kirmestage so richtig auszuschöpfen. „Die Kirmes ist Tradition und die muss bleiben.“ Schade findet er, dass an diesem Donnerstagmorgen noch so eine große Lücke mitten auf dem Platz klafft.

Die Lücken werden sich schließen

Doch da gibt es gleich darauf Entwarnung. Quasi hinter den Kulissen sitzt Ralf Jockers noch recht entspannt vor seinem Wohnwagen. Das Mitglied im Vorstand des Schaustellerverbandes weiß: „Viele waren noch bis gestern auf einem anderen Platz und kommen noch im Laufe des Tages.“ Das gilt unter anderem für zwei große Fahrgeschäfte, die bis Mittwoch noch im Schwarzwald gelaufen sind und im Verlaufe des Tages hier ankommen werden. Der Mann mit dem traditionsreichen Schaustellernamen ist erstmals hier. Das aber nur, weil er das Fahrgeschäft von seinem Onkel übernommen hat und in dessen Fußstapfen tritt. „Die Neunkircher Kirmes ist eine gute Kirmes“, sagt Jockers. „Das bleibt auch eine gute Veranstaltung.“ Auch, wenn die Schausteller harte Zeiten hinter sich haben, die Preise seien nur minimal erhöht worden. Was den Kirmesbesuch anbelangt ist der Schausteller auch für Neunkirchen optimistisch. „Ein Jahr nach Corona läuft es überall gut.“ Währenddessen wienern und polieren Jockers‘ Mitarbeiter weiter an der Verzierung der Autoskooter. Der Chef legt dann mit Hand an, als der Lkw geöffnet wird, in dem die kleinen schnellen Wagen in Reih und Glied auf ihren Einsatz warten.

Karussell mit Tradition

Neben der Autoskooter eine weitere Traditionsbahn der Kirmes ist die Berg- und Talbahn. In Neunkirchen auch alle Jahre die speziell für Kinder. Die Nostalgiebahn hat Patrick Körbel 2013 gekauft und betreibt sie seitdem unter anderem in Neunkirchen. An diesem Donnerstagmorgen ist sie bereits fix und fertig aufgebaut. Daneben aber sieht es noch nach viel Arbeit aus. Gemeinsam mit seinem Mitarbeiter schraubt Körbel an einem Kinderfliegerkarussel, das später mal Autos und Flieger haben wird. Mit dem ist er erstmals in Neunkirchen. Körbel kommt aus Wemmetsweiler, gehört zu einer Schaustellerfamilie in vierter Generation, von denen die ersten drei in Pettersheim in der Pfalz lebten. „Und die fünfte Generation ist schon bereit“, verrät Körbel.

Warten auf Strom

Tradition hat auch die Anwesenheit von Sascha Schraut auf der Neunkircher Kirmes. Seit 20 Jahren kommt der Saarbrücker her. Eine Wurfbude und eine Fliegerbahn stehen in diesem Jahr hier. Auch hier wird noch kräftig geschraubt und vernietet. Nichts mehr groß zu schrauben scheint es dagegen an der Blue Hawei von Pistorius und Sohn zu geben. Die Gondelbahn sieht startbereit aus. Sie ist genau gegenüber der einsam auf dem Schotterplatz auf Musik wartenden Bühne der Stadt, deren Umfeld sich ab Freitagabend mit Leben füllen soll. Auf einer Stufe der Blue Hawaii sitzt Karl Schilling. Er hat „schon ewig“ Karls Schießwagen. Der steht längst. Schilling wartet derweil auf den Stromanschluss.

Gut, dass es den Eyecatcher gibt

Noch einiges gibt es an Freifläche bis hin zu Spiderman, der hier in seiner typisch geduckten Haltung zuguckt, wie eine Bungee-Jumping-Station aufgebaut wird. Aber, so hat es Jockers gesagt, „bis Freitagabend werden sich die Reihen geschlossen haben“. Gut findet Jockers übrigens, dass es die Attraktion Riesenrad gibt. „Das ist ein Eyecatcher, den braucht man“, sagt er der SZ.

Aufbau Hand in Hand

Am Eyecatcher selbst ist grad jede Menge los: Die Gondeln werden angebracht. Das läuft nach einem bestimmten System, immer gegenüberliegend. Fünf schweben quasi bereits in der Luft. Die Zahl auf der gegenüberliegenden Seite wird grad erhöht. Neben dem Kassenhäuschen warten die übrigen Gondeln auf ihren Einsatz. Die Arbeit geht Hand in Hand und erfordert Konzentration. „Foto gern, für Erklärungen habe ich jetzt keine Zeit“, sagt der Chef. Gut so, soll ja alles sicher sein. Die Arbeit läuft wie am Schnürchen. Zwei Mann bringen das Dach. Zu dritt wird es am festen Stab angeschraubt. Währenddessen wird die nächste Gondel mit einer Eidechse beigekarrt. Vier Männer bringen die Gondel her, die mittels Pressluft festgemacht wird. Alles wird nochmal überprüft – auch die Türen. Nächster dran.

Schon ein anderes Bild

Damit ist sie fertig, die Kirmesrunde. Das Kinderkarussell von Markus Spoo ist komplett entblättert. Die Männer bringen noch Holzpflöcke unter der Stufe an, um die Standfestigkeit zu erhöhen. Zurück auf dem Weg entlang der Blies macht das Riesenrad schon ein ganz anderes Bild: Etwa die Hälfte der Gondeln hängt, wie man von weitem sieht. Da kommt Markus Reiser der SZ entgegen. Mit dabei: der siebenjährige Sohn. Den war der Papa mittlerweile zu Hause abholen: Zeit für Kirmesluft, auch wenn es bis zum Eisschlecken und Karussellfahren noch einen guten Tag dauert.

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