„Jugendhilfe ist teuer“

Kreis Neunkirchen · Die Jugend- und Familienhilfe ist im Kreishaushalt mit 32,87 Millionen Euro veranschlagt. Zu teuer, finden manche Kreistagsmitglieder und auch Neunkirchens OB Fried. Er fordert mehr Wettbewerb unter den Trägern. Wir haben exemplarisch bei zwei Einrichtungen nachgefragt, was sie davon halten.

 Bei der Kirmes an der Pallotti-Schule gibt es jedes Jahr viel zu erleben. Archivfoto: Anja Kernig

Bei der Kirmes an der Pallotti-Schule gibt es jedes Jahr viel zu erleben. Archivfoto: Anja Kernig

Ist die Jugendhilfe im Kreis Neunkirchen zu teuer? Neunkirchens Oberbürgermeister Jürgen Fried hat auf die Diskussion im Kreistag zu den immer weiter steigenden Sozialausgaben mit dem Vorstoß reagiert, auf dem Feld der Jugend- und Familienhilfe sollte es mehr Wettbewerb geben, die besten Träger-Tarife sollten ziehen (die SZ berichtete). Im Kreis gibt es verschiedene Anbieter. Die Inobhutnahme- und Clearingstelle Neunkirchen zum Beispiel wird in gemeinsamer Trägerschaft von gleich vier Einrichtungen geführt: Pallotti-Haus Neunkirchen , Diakonisches Werk an der Saar, Sozialpädagogisches Netzwerk der Arbeiterwohlfahrt und Stiftung Hospital St. Wendel. Das Unterstützungsangebot an Familien, die nicht mehr klarkommen in Alltag und Erziehung, ist vielfältig. Es reicht von Wohngruppen über Jugendwohngemeinschaften bis zu stundenweiser Betreuung sowie Beratungsangeboten für die Betroffenen.

Hans-Georg Stockhausen, Geschäftsführer der Pallottiner Jugendhilfe , die in Neunkirchen ein Zentrum für Erziehungshilfe betreibt, sagt auf Nachfrage zur Kostendebatte, nichts spreche gegen Wettbewerb, aber wer den fordere, müsse auch verbindliche Standards zu den Lohnkosten festlegen. Ansonsten sei der Ruf nach mehr Konkurrenz unter den Trägern der Jugendhilfe unlauter. Gut dreiviertel der Ausgaben gingen ins Personal . Seine Einrichtung gehöre zum Caritasverband und orientiere sich mit dessen Tarifkommission im Prinzip am Tarifvertrag des öffentlichen Dienstes. "In den vergangenen sechs Jahren gab es eine Lohnsteigerung von etwa 20 Prozent", macht der Geschäftsführer die finanziellen Auswirkungen deutlich. Es sei nachweisbar, dass nicht alle Wohlfahrtsverbände so zahlten, sie lägen teilweise unter diesem Niveau. Hinzu kämen noch private Träger, staatlich anerkannt, mit ihren Haustarifen. Er verstehe die Diskussion um wachsende Ausgaben, schließlich müsse der Staat sehen, wo er das Geld herbekomme. Aber Stockhausen macht auf die veränderten gesellschaftlichen Bedingungen aufmerksam, auf unruhige familiäre Verhältnisse und wachsende Zahlen von Inobhutnahmen. Auf der anderen Seite spricht er von aktiver Kostendämpfung. So sei die Verweildauer von Kindern in stationären Einrichtungen in den vergangenen Jahren ganz deutlich gesunken von drei auf heute in der Regel unter zwei Jahren. Im Pallotti-Haus, erläutert er zudem, habe man einen festen Mitarbeiterstamm. Stockhausen: "Ich bin dankbar, nicht nur mit Berufsanfängern zu arbeiten." Auch wenn das die Gehaltsstruktur belaste. Wolle man nicht bei den Mitarbeitern die Daumenschrauben anziehen, ließe sich über die Zahl von Kindern in einer Gruppe debattieren. In einer heilpädagogischen Tagesgruppe etwa seien heute acht Kinder. Zwei Vollzeitkräfte kümmern sich um sie. Stockhausen: "Wenn wir mit der Zahl der Kinder hochgehen, erreichen wir nichts mehr."

Harald Groß leitet die Jugendhilfe der Stiftung Hospital St. Wendel. Auch er sagt: "Die Personalkosten sind der höchste Faktor, die kann man nicht drücken." Die Tarifpolitik mache auch die Träger der Jugendhilfe ein Stück weit zum Opfer. In der Leitungsebene habe das Hospital bereits reduziert, die Personalisierung eines Projektes fuße in großen Teilen auf den Vorgaben der Ämter. Sicher gebe es noch Unterschiede zwischen den einzelnen Trägern, aber die Differenz sei nicht sehr groß. "Die Jugendhilfe ist eine teure Geschichte, ohne Wenn und Aber." Aber die Träger müssten sich an Vorgaben halten, das Landesjugendamt schaue völlig zurecht genau darauf und erteile die Betriebserlaubnis für eine Einrichtung nur, wenn die Voraussetzungen erfüllt seien. Im Übrigen liege das Saarland bundesweit im Mittelfeld, was die Kosten der Jugendhilfe angehe.

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