„Jugendhilfe ist immer im Wandel“

Neunkirchen · Das letzte war das harmonischste der sieben Jahre gewesen, die Hans-Georg Stockhausen die betriebswirtschaftlichen Geschicke der Pallottiner Jugendhilfe und Bildungswerk gGmbH führte. Zum 1. Januar übergibt der Geschäftsführer den Stab an Franz-Josef Wild, der parallel dazu für die Marienhaus GmbH weiterhin das Haus Mutter Rosa in Wadgassen leitet.

 Alles paletti bei Pallotti: Hans-Georg Stockhausen geht, der neue Geschäftsführer Franz-Josef Wild (links) kommt. Foto: Jörg Jacobi

Alles paletti bei Pallotti: Hans-Georg Stockhausen geht, der neue Geschäftsführer Franz-Josef Wild (links) kommt. Foto: Jörg Jacobi

Foto: Jörg Jacobi

"41 Berufsjahre als Diplom-Sozialpädagoge und Betriebswirt sind gut", sagt Hans-Georg Stockhausen und meint damit letztlich "genug". Der 64-jährige Noch-Geschäftsführer der Pallottiner Jugendhilfe und Bildungswerk gGmbH sitzt in seinem Büro im Pallotti-Haus, trinkt Earl Grey aus der Thermoskanne und verzichtet den Besuchern zuliebe auf die Pfeife. Stockhausen gegenüber hat sein Nachfolger Franz-Josef Wild Platz genommen. Kaffeetrinker und Nichtraucher . Die Stimmung ist entspannt, man kennt und schätzt sich schon lange. Die Übergabe zum 31. Dezember dürfte reine Formsache sein.

Ursprünglich lief Stockhausens Fünf-Jahres-Vertrag bereits 2014 aus: "Ich habe verlängert" - Ausdruck dessen, dass er die Arbeit des "mittelständigen Unternehmens" mit seinen zwei Standorten sehr schätzt und sie ihn immer auch "fasziniert" hat, wie er betont. Die größte Herausforderung in diesen knapp sieben Jahren sei die mit dem Trägerwechsel verbundene Umstellung gewesen. Zum 1. Januar 2012 hatten die Pallottiner (Herz-Jesu-Provinz, Friedberg) ihre Gesellschaftsanteile an die Marienhaus Stiftung Neuwied veräußert. "Es ist gelungen, dass niemand von der 300-köpfigen Belegschaft auf der Strecke blieb", freut sich Stockhausen, ohne Kündigungen ausgekommen zu sein.

Kein geringer Kraftakt war es auch, innerhalb kürzester Zeit den Aufbau von vier Hilfsangeboten für unbegleitete minderjährige Flüchtlinge zu realisieren. Sowohl in Taben-Rodt als auch in Neunkirchen konnte 2016 neuer Wohnraum für inzwischen 24 Jugendliche geschaffen werden. "Sie fühlen sich wohl bei uns." Was nicht weiter überrascht.

Feste und Feiern laufen bei den Pallottis zwischen Kindern und Mitarbeitern "auf Augenhöhe" ab, das "Wir-Gefühl" ist legendär. Besonders in Erinnerung bleiben wird Stockhausen zudem die vorbildliche, im Saarland einmalige Zusammenarbeit zwischen (Pallotti-) Schule und Jugendhilfe : "Unglaublich, was dadurch für Fortschritte bei den Kindern erreicht werden können." Bestes Beispiel sei das anlässlich des Jubiläums vor Hunderten Besuchern aufgeführte Theaterstück "Mio, mein Mio" gewesen. Hauptdarstellerin Chiara, ein "angeblich lernschwaches Mädchen", habe eine anderthalbstündige Glanzleitung abgeliefert. "Davon zehrt sie ein Leben lang", glaubt Stockhausen und betont: "Es ist eine Menge möglich." Er selbst will sich daheim in Wallerfangen nach all der Kopfarbeit mehr handwerklichen Tätigkeiten und den fünf Enkeln widmen.

Mit der benachbarten Kirche St. Pius, die zusammen mit dem bereits für eine Wohngruppe umgestalteten Pfarrhaus erworben wurde, hinterlässt Stockhausen dem neuen Geschäftsführer eine respektable Hausaufgabe. Soll doch das entweihte Gebäude zur Sport- und Kletterhalle umgebaut werden. Was Franz-Josef Wild gelegen kommen dürfte. Sucht der Diplompädagoge doch nach 23 Jahren als Leiter des Heilpädagogischen Zentrums Haus Mutter Rosa in Wadgassen nach zusätzlichen Herausforderungen. 30 Jahre ist Wild in der Jugendhilfe tätig, davon sieben Jahre als Jugend- und Heimerzieher. "Ich habe den Beruf von der Pike auf gelernt." Wild lebt mit seiner Frau in Rehlingen-Siersburg, hat zwei erwachsene Kinder und bezeichnet sich als technik-affin. Früher hat er viel Schach gespielt, Wandern und Natur sind ihm wichtig. Und im Job? "Jugendhilfe ist immer im Wandel", betont Wild. Weshalb Weiterentwicklung eines der zentralen Themen sein wird. Aktuell kommt gerade wieder die Diskussion um geschlossene Unterbringung für besonders schwierige Jugendliche auf. "Da ist die Frage, wieviel Mut man als Einrichtung aufbringt." Man wird sich auch Gedanken um ältere Mitarbeiter machen müssen, denen Schichtdienst nicht mehr zuzumuten ist. Oder um Tarife: "Gute Arbeit soll gut bezahlbar bleiben", meint Wild. Alles Probleme, "die ich nun abends nicht mehr mit ins Bett nehme", sagt Hans-Georg Stockhausen zufrieden.

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Auf einen Blick Zur Pallottiner Jugendhilfe und Bildungswerk gGmbH gehört neben dem vor 50 Jahren gegründeten Neunkircher Pallotti-Haus mit seiner privaten Förderschule für soziale Entwicklung seit 1998 auch das von den Karmelitinnen übernommene Jugendhilfezentrum Propstey St. Josef in Taben-Rodt mit Erziehungshilfeangeboten, einer Grund- und Hauptschule sowie einer Kindertagesstätte. Inhaltliche Säulen der beiden Einrichtungen sind systemische Familienarbeit, Psychomotorik , Religionspädagogik und Erlebnispädagogik . Vom Pallotti-Haus aus und in der Pallotti-Schule werden rund 300 Kinder und Jugendliche täglich von etwa 200 Mitarbeitern in ambulanten, teilstationären und stationären Maßnahmen betreut. Die Angebote sind auf 20 Standorte im Landkreis Neunkirchen verteilt. nig

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