Nabu-Aktion Jeder Sechsbeiner ist ein Zähl-Kandidat

Neunkirchen · Die Insektenwelt ist gefährdet. Ihre Welt braucht Schutz. Die Nabu-Zählaktion „Insektensommer“ will für das Thema sensibilisieren.

 Nach Asiatischem Marienkäfer (Bild), Tagpfauenauge, Admiral, Hainschwebfliege, Steinhummel, Lederwanze, Blutzikade und Gemeiner Florfliege soll der Beobachter im Juni schauen.

Nach Asiatischem Marienkäfer (Bild), Tagpfauenauge, Admiral, Hainschwebfliege, Steinhummel, Lederwanze, Blutzikade und Gemeiner Florfliege soll der Beobachter im Juni schauen.

Foto: dpa/Sven Hoppe

Der optimale Tag für Insekten beobachten ist ein sonniger, warmer, trockener und windstiller Tag. Sagen die Experten. Nun gut, gestern Mittag war es bewölkt, die Luft eher feucht, knappe 20 Grad und der Wind wehte schon mal kräftig. Aber den Plan „Insekten beobachten“ setzen wir auch bei einem dafür nicht optimalen Tag um.

Uli Heintz, Landes-Chef des Naturschutzbundes Saar (Nabu) aus Eppelborn, hat am Neunkircher Hüttenpark sein Auto abgestellt, öffnet den Kofferraum, zieht Gummistiefel an. Er holt einen Stiel- und einen Handkescher heraus und greift noch nach einem kleinen durchsichtigen Kästchen, darin zwei Becherlupen. „Alles dabei“, sagt Heintz und steckt der SZ noch Info-Material zum „Insektensommer“ des Nabu (siehe „Info“) zu. Diese Zähl- und Meldeaktion startet an diesem Freitag: Ein Teilnehmer beobachtet an einem bestimmten Platz über einen bestimmten Zeitraum, was an sechsbeinigen Tierchen so krabbelt und fliegt.

Wir sind in einem Teil des zehn Hektar großen Hüttenparks unterwegs, in dessen Boden sich manch Abschüttung  aus der Zeit der Hütte befindet. Das schaffe auch besondere  Flora und Fauna auf magerem, nicht überdüngtem Boden, wie Uli Heintz erklärt. Das Areal gehört ins Gebiet des Naturschutzgroßprojektes Landschaft der Industriekultur Nord (LIK Nord), für deren Zweckverband Heintz die Geschäfte führt. „Natur will immer Wald werden“, sagt Heintz. „Wir wollen die Landschaft hier offen halten, den mageren Boden sichern.“  Das ist dann ein guter Lebensraum für Insekten.

„Die Bedingungen für unsere Exkursion sind nicht so gut“, sagt Heintz mit Blick aufs Wetter. Anderthalb Stunden später fällt das Fazit dann doch gar nicht schlecht aus: „Wir finden doch mehr als erwartet.“ Bei den Schmetterlingen sehen wir zwar zwar kein Tagpfauenauge und keinen Admiral, aber muntere Bläulinge. Eine Hummel verpassen wir knapp mit dem Kescher, einige Nachtfalter nebst unzähligen Fliegen erwischen wir leicht. Auf einer Blattspitze sitzt eine Feuerzikade. Die Zähl-Hilfe des Nabu sieht an Gruppen Schmetterlinge, Fliegen, Hautflügler wie Hummel, Biene und Wespe, Käfer oder Wanzen vor.  Alles, was sechs Beine hat, ist ein Zähl-Kandidat. Die Mittagszeit, so der Experte mit einem Tipp, sei ein guter Zeitpunkt, um die Sechsfüßler zu beobachten.

„Insekten brauchen Blütenreichtum als Nahrungsgrundlage. Und einen lückigen Bewuchs, damit Wärme und Licht an den Boden kommen“, erklärt Heintz. Wo der Boden mager ist, da wird es bunter, wir finden auch Orchideen wie das Helmknabenkraut in dieser „Industriewüste“ Hüttenpark. Wo der Boden nährstoffreicher ist, da verliert sich Vielfalt schnell, hier sehen wir Flächen von dominanter Goldrute oder stellenweise auch Japanischem Ampherknöterich. Heintz rupft ein Büschel Grün von Wilden Möhren und lässt schnuppern: „Schmetterlinge wie der Schwalbenschwanz mögen die Blüten der Wilden Möhren. Wer im Garten also Möhren oder auch Dill oder Fenchel anbaut, der tut Schmetterlingen was Gutes.“

 Uli Heintz inmitten lilablühendem Helmknabenkraut und weißblühender Margeriten in der „Industriewüste“ Neunkircher Hüttenpark. Hier war die SZ fürs Insekten beobachten unterwegs. Die Kescher liegen im Gras.

Uli Heintz inmitten lilablühendem Helmknabenkraut und weißblühender Margeriten in der „Industriewüste“ Neunkircher Hüttenpark. Hier war die SZ fürs Insekten beobachten unterwegs. Die Kescher liegen im Gras.

Foto: Claudia Emmerich

Das Bewusstsein für Insekten und die Gefährdung ihrer Welt sei vielleicht auch über die Bienen und deren Bedrohung geschärft worden, glaubt Uli Heintz. Die Mitzähl-Aktion des Nabu könne für das Thema sensibilisieren.

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