Wellesweiler. Animieren die noch oder reanimieren die schon? Das war die große Frage bei der ersten Kappensitzung des Kultur- und Karnevalvereins Wellesweiler. Denn die Tage des katholischen Vereinshauses sind bekanntlich gezählt. Auch wenn der Abrissbagger schon auf dem Sprung steht: Für eine Totgesagte versprühte die Kult- und Kulturstätte noch mächtig viel Charme. Was den Aktiven des KKW zu verdanken ist. Mit heißen Tänzen, hochprozentigen Kalauern, viel nackter Haut und 1-A-Südseefeeling leisteten sie Sterbehilfe der höchst unterhaltsamen Art. Also Sonnenbrille auf, Hawaii-Hemd an und rein ins Vergnügen. Chefanimateur Kurt Scherer begrüßte die Pauschalreisenden auf und vor der Bühne. Kaum eingecheckt im lauschigen Holiday dr(in) Ferienclub am Meeresbusen, hieß es für sie schon: Bobbes hoch und mitgemacht. Da kannten die Kolleginnen Kaltstarter um Elmar und Nico Schneider kein Pardon. Spätestens beim Clublied ging die Post voll ab: "Eigentlich wollte mer jo de Elferrat im Abendprogramm e Limbo tanze losse. Awer all han se irgendwie e Ausred gehatt. Es Kreuz, die Knoche, de Meniskus." Stattdessen stimmte man "Agadou, du, du" mit geriatrisch anerkanntem Bewegungsprogramm an. Man wird halt nicht jünger. Was der Bund Deutscher Karneval Elmar Schneider, Dieter Steinmaier und Helmut Thissen auf denkbar nette Art unter die Nase reibt. Erhalten sie doch 2010 den Verdienstorden in Gold für ein Vierteljahrhundert Vorstandstätigkeit. Aktiv im Verein ist Schneider sogar schon sagenhafte 40 Jahre, Steinmaier 34 und Thyssen 29. Letzterer ließ am Samstagabend mit seinen Chaoten knapp 99 Luftballons fliegen, feilte am Bruttosozialprodukt und war für einen Skandal im Sperrbezirk gut. Das letzte I-Tüpfelchen bei den herrlich überdrehten NDW-Parodien war Obbi Gerbracht: Wie er als "Trio"-Drummer ("Da,da,da") - völlig am Rhythmus vorbei - lustlos auf sein Percussionsteil einschlug und dabei einen Apfel kaute - genial. Direkt unterm Zuckerhut tanzten Fabienne Detemple und Lisa Keller betörend sinnlich ihren Traum. Mit dem Showtanz "Dreams of Caribean Nights" setzten sie das Sessionsmotto geradezu idealtypisch um. Der Orden für das originellste Kostüm gebührt Friedel Wagner. Als Friedel Castro kam er dermaßen authentisch daher, dass man fast geneigt war, "Die Internationale" anzustimmen. Schön, dass auch solch ein Politpromi "Huddel mit dem Älterwerden" hat - dem seiner Frau nämlich. Dabei hilft die ihm sogar auf Jobsuche: "In der Zeitung steht: Die Polizei sucht einen kleinen, grauhaarigen Mann, der Mädchen im Stadtpark belästigt. Wäre das nicht das Richtige?" Richtig knuddelig daher kam die Jugendgarde als Speedy-Gonzales-Mäuse mit bezauberndem Überbiss. Und richtig Biss hatte, um nur noch einen der vielen Höhepunkte herauszuheben, das Männerballett in fruchtig-frechen Kostümchen. Der mit halsbrecherischen Hebefiguren und viel Hüftschwung aufwartende Tanz "Mamacita" ließ die Damen wie "Ice in the sunshine" dahin schmelzen. Cluburlaub kann so schön sein. nig

Auf einen BlickTanz: Mariechen Katrin Kleinmann, Maria Campora und Vanessa Di Pasquale, Tanzpaar Fabienne Detemple und Lisa Keller, Junioren-, Jugend-, Aktiven-, Gemischte Aktivengarde, Männerballett (trainiert von Fabienne Detemple, Anke Hör, Linda Henniger, Sabine Dellwing, Sabine Günder-Fritz, Melanie Ruffing, Andrea Legrom und Lisa Keller)Büttenreden: Ute Bauer und Beate Henniger (Gräfin Rotz von habenix un es Luwwies), Janina Becker (Miss Holiday dr(in) Kandidatin), Rica di Pasquale (Tulpenheini), Friedel Wagner (Friedel Castro), Robert Gerbracht (Wellness-Guru)Sonstige: Kaltstarter (Leitung Elmar Schneider), Chaotengruppe (Helmut Thyssen), Wolfgang Kirsch-Adam, Frank Grub, Elferrat nig