„Hass überwinden wir allein durch Lieben“

Neunkirchen · In eindringlichen Worten hat der Holocaust-Überlebende Leslie Schwartz vor Neunkircher Gymnasiasten über sein Leben während und nach den Gräueltaten der Nazis gesprochen. Liebe sei der Schlüssel zur Versöhnung.

 Der Holocaust-Überlebende Leslie Schwartz und die Witwe des Ex-KZ-Häftlings Alex Deutsch mit Schülern des Neunkircher Krebsberg- Gymnasiums in einer randvollen Aula. Foto: Jörg Jacobi

Der Holocaust-Überlebende Leslie Schwartz und die Witwe des Ex-KZ-Häftlings Alex Deutsch mit Schülern des Neunkircher Krebsberg- Gymnasiums in einer randvollen Aula. Foto: Jörg Jacobi

Foto: Jörg Jacobi

Die meisten Schüler des Gymnasiums am Krebsberg haben die eben noch rappelvolle Aula bereits verlassen. Nur vier sind nach der Diskussionsrunde geblieben, um dem Holocaust-Überlebenden Leslie Schwartz weitere Fragen zu stellen. Plötzlich ist es Schwartz selbst, der von den Schülern etwas wissen will. Ob sie ihre Großeltern zum Zweiten Weltkrieg befragt hätten. Diese waren damals zu jung oder noch gar nicht geboren, sagen die Schüler . Auf einmal wird deutlich, wie kostbar die vergangenen zwei Stunden gewesen sind.

Schwartz war, obwohl er mittlerweile in den USA lebt, an diesem Donnerstag bereits zum zweiten Mal in Neunkirchen zu Besuch. Der Sohn ungarischer Juden überlebte als Kind die Schrecken des Nationalsozialismus nur durch Glück. Vor den Schülern lässt Schwartz zunächst von seiner Frau Annette eine ins Deutsche übertragene Rede vortragen. In eindrücklichen Worten wendet er sich daran an die Schüler . Er sagt: "Ich hätte bereits drei Mal tot sein müssen, bevor ich das 16. Lebensjahr erreichte." Und weiter: "Hass überwinden wir allein durch Lieben."

Nachdem die Schüler sich einen Dokumentarfilm über Schwartz angesehen haben, antwortet dieser in einer Mischung aus Englisch und Deutsch auf Fragen. Die Gymnasiasten lassen ihn von Kindheitserinnerungen erzählen, die von seiner Liebe für Schweinefleisch ebenso handeln wie von Judenhass durch Gleichaltrige beim Fußball. Warum Schwartz 60 Jahre gebraucht habe, bis er über seine schrecklichen Erfahrungen sprechen konnte, will jemand wissen. Seine Familie in den USA habe das nicht gewollt, sagt er. Und auch in der Schule sei das Thema abgetan worden. Erst als er sich auf die Suche nach einer Deutschen begeben habe, die ihm in der Not geholfen hatte, sei in ihm der Wunsch gereift, über das Vergangene zu sprechen. Woraus er heute seine Kraft schöpfe, fragt jemand. Aus der Begegnung mit jungen Menschen und der Anerkennung, die ihm in Deutschland und anderswo zuteil werde, entgegnet Schwartz. Und wenig später zeigt er bei seinem Abschiedswort, wie ernst es ihm mit der Aussöhnung ist. Lachend ruft er den Schülern zu: "Ich liebe euch alle."

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