2001 wurde das Rabattgesetz geändert Händler trauern klassischem WSV nach

Kreis Neunkirchen · Früher war Ende Januar Schlussverkauf. Doch stattdessen gibt es jetzt zwölf Monate lang Preisnachlassaktionen.

 Rot und weiß sind die Farben für den Sale, der längst nicht mehr nur noch zwei Mal im Jahr mit Rabatten lockt.

Rot und weiß sind die Farben für den Sale, der längst nicht mehr nur noch zwei Mal im Jahr mit Rabatten lockt.

Foto: picture-alliance/ dpa/Gero Breloer

Seit der Gesetzgeber 2001 das Rabattgesetz abgeschafft hat und jeder Händler zu jedem Zeitpunkt seine Preisnachlässe weitgehend selbst bestimmen kann, spielt der klassische Winterschlussverkauf keine Rolle mehr. Früher startete er Ende Januar, bot zwei Wochen lang reduzierte Preise. Fast das ganze Jahr über können heute die Kunden Preisnachlässe nutzen.

Doch was den Verbraucher in den meisten Fällen freuen wird, stellt die Händler teilweise vor große Probleme, so das Ergebnis einer SZ-Umfrage. „Winter- und Sommerschlussverkauf abzuschaffen, war einer der größten Fehler überhaupt“, findet Nicole Keller, die Managerin des Saarpark-Centers Neunkirchen. Während früher die Einzelhändler erst Ende Januar ihre Ware reduzieren durften, warten die Kunden nach den Worten der Center Managerin jetzt das ganze Jahr über auf Rabatte und Sonderangebote, was zu einem viel größeren Konkurrenzkampf unter den Geschäften führe und die Situation vieler Einzelhändler erschwere. Es gebe Midseason-Sale, Special-Sale und viele andere Varianten. Von 52 Wochen im Jahr gebe es nach ihrer Einschätzung in gefühlten 45 Wochen Sale-Angebote. Bereits im Dezember locke der Handel mit drastischen Preisnachlässen. „An manchen Tagen hatte ich schon das Gefühl, kein Einkaufs-, sondern ein Outletcenter zu leiten“, so Nicole Keller.

Durch die „Geiz ist geil“-Mentalität bleiben viele stationäre Händler auf der Strecke, fürchtet Margarete Singer, Inhaberin des Modegeschäfts Greta in der Enggaß in Ottweiler. Der Preiskampf sei wesentlich aggressiver als früher. Insgesamt sei die Mode sehr viel schnelllebiger. Heute gebe es „fast fashion“, beinahe jeden Monat komme eine neue Kollektion, für die die Händler mit Rabatten Platz schaffen müssten.

„Obwohl wir beim Wintersport noch mitten in der Saison sind, mussten wir unsere Ware bereits jetzt reduzieren, einfach weil die Erwartungshaltung beim Kunden da ist“, informiert Christoph Pistorius, Filialleiter bei Intersport Klees im Saarpark-Center. Auch wenn die Skisaison bis in den April hinein geht, hätten viele Wintersportler schon vor Weihnachten nach Rabatten und Preisnachlässen gefragt. „Die klassischen Winter- und Schlussverkaufszeiten waren für die Händler wesentlich günstiger, weil sie besser planen und dadurch auch mehr Geld verdienen konnten“, so Pistorius.

„Die Saisonabläufe sind immer noch so wie in den vergangenen Jahren“, findet Thomas Itt vom Schuhhaus Itt in Neunkirchen. Um Platz für die Frühjahrskollektion zu schaffen, werde die Winterware reduziert. Allerdings fange man damit wesentlich früher an. Bereits Anfang Januar präsentiert das Schuhhaus Itt die Frühjahrskollektion. Einzelpaare werden das ganze Jahr über mit Rabatten verkauft. Black Fridays und Cyber Mondays weckten bei den Kunden eine Erwartungshaltung, auf die der Handel reagieren müsse, auch um sich gegen die Online-Konkurrenz zu behaupten.

 Thomas Itt vom Schuhhaus Itt: Um Platz für die Frühjahrskollektion zu schaffen, wird schon früh im Jahr reduziert.

Thomas Itt vom Schuhhaus Itt: Um Platz für die Frühjahrskollektion zu schaffen, wird schon früh im Jahr reduziert.

Foto: Christine Schäfer
 Tanja Becker und Heike Philippi, Marc O’Polo: Der Druck auf den Einzelhandel ist gewachsen.

Tanja Becker und Heike Philippi, Marc O’Polo: Der Druck auf den Einzelhandel ist gewachsen.

Foto: Christine Schäfer
 Christoph Pistorius, Intersport Klees: trotz Saison schon Reduzierungen.

Christoph Pistorius, Intersport Klees: trotz Saison schon Reduzierungen.

Foto: Christine Schäfer

Auch Heike Philippi, die den Marc O`Polo Store im Saarpark-Center leitet und seit 23 Jahren im Einzelhandel arbeitet, findet es schade, dass es den klassischen Schlussverkauf nicht mehr gibt. Durch dessen Abschaffung und den Online-Handel sei der Druck auf die Geschäfte stark gewachsen.

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