Neunkirchen/St. Wendel Großrazzia gegen Ärzte und Sanitätshäuser

Neunkirchen/St. Wendel · Ein florierendes Geschäftsmodell zwischen Ärzten und Lieferanten von medizinischen Hilfsmitteln haben Fahnder in den Kreisen Neunkirchen und St. Wendel heute (Mittwoch) zerschlagen. Bei 13 Beschuldigten, darunter sechs Ärzte und Geschäftsführer und Gesellschaftern einer Aktiengesellschaft, unter deren Dach Sanitätshäuser im Saarland betrieben werden. Es geht um Abrechnungsbetrug im großen Stil und möglicherweise auch um Korruption.

 Symbolfoto

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Foto: picture alliance / Friso Gentsch/Friso Gentsch

Mit einem Großaufgebot traten Fahnder des Dezernates für Wirtschafts- Vermögenskriminalität beim Landespolizeipräsidium heute bei sechs Ärzten, mehreren Sanitätshäusern und einer Apotheke in den Kreisen St. Wendel und Neunkirchen auf. Der zuständige Staatsanwalt Andreas Kächele bestätigte auf Anfrage entsprechende Informationen der Saarbrücker Zeitung. Gegen mindestens 13 Beschuldigte aus dem Saarland, Rheinland-Pfalz und München, darunter auch Geschäftsführer und Gesellschafter eines Firmengeflechts, besteht demnach der Verdacht des banden- und gewerbsmäßigen Betruges. Zudem werden offenbar Hinweise auf mögliche Bestechung und Bestechlichkeit im Gesundheitswesen überprüft.

Konkret geht es um die Methoden, wie bestimmte Ärzte ihre Patienten unmittelbar in ihrer Praxis mit Hilfsmitteln, wie etwa Bandagen, Schienen, Verbandsstoffen, Gehhilfen und Einlagen versorgen.

Angeblich führen die Mediziner in ihren Praxisräumen eigene Versorgungsdepots mit Hilfsmitteln, die regelmäßig von den Sanitätshäusern, deren Filialen und offenbar auch einer Apotheke bestückt wurden. Ein Beispiel: Der Arzt verordnet seinem gesetzlich versicherten Patienten per Rezept eine Bandage und liefert sie gleichzeitig im Auftrag seines „Kooperationspartners“ aus, der wiederum mit der Krankenkasse abrechnet. Der Versicherte kann sich also bei diesem Geschäftsmodell nicht selbst den Lieferanten für Hilfsmittel oder Verbandsstoffe aussuchen. Andere medizinische Versorger wurden quasi ausgetrickst.

Bestätigt wurden Informationen der SZ, dass eine Ersatzkrankenkasse die Staatsanwaltschaft eingeschaltet hat. Die besondere Geschäftsverbindung zwischen Ärzten und Versorgern soll von 2008 bis 2013, möglicherweise sogar bis gestern funktioniert haben. Die Ermittler suchten bei der Großrazzia konkrete Unterlagen darüber, was sich die Lieferanten, an deren Spitze heute angeblich eine Aktiengesellschaft steht, die wiederum an anderen Unternehmen beteiligt ist, den besonderen Ärzteservice haben Kosten lassen. Welche Extra-Einkünfte oder sonstigen geldwerten Vorteile hatten die Mediziner? Bislang ist nach ersten Berechnungen ein Schaden von rund 45000 Euro bekannt. Wie es heißt, wurde Beweismaterial beschlagnahmt.

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