Großer Andrang in der Wärmestubb

Neunkirchen · Noch enger als an anderen Tagen war es am Freitag in der Neunkircher Wärmestubb. Die Einrichtung feierte mit Gästen ihren 20. Geburtstag. Ein Anlass zur Freude und zum kritischen Nachfragen gleichermaßen.

 Caritas-Mitarbeiterin Jutta Peitz (Fünfte von rechts) und Diakonie-Mitarbeiter Achim Ickler (Dritter von rechts) feiern mit Besuchern und Helfern der Wärmestubb den 20. Geburtstag. Foto: Thomas Seeber

Caritas-Mitarbeiterin Jutta Peitz (Fünfte von rechts) und Diakonie-Mitarbeiter Achim Ickler (Dritter von rechts) feiern mit Besuchern und Helfern der Wärmestubb den 20. Geburtstag. Foto: Thomas Seeber

Foto: Thomas Seeber

"Talking about a revolution", mit dem alten Tracy-Chapman-Song eröffneten Fritz und Patrick an den Gitarren die kleine Feier am Freitag zu "20 Jahre Wärmestubb". Eine Revolution wurde in der Neunkircher Hospitalstraße zwar nicht ausgerufen, aber es gab doch neben freundlichen auch kritische Worte zu den gesellschaftlichen Bedingungen in der Küche der Einrichtung, in der es zum Geburtstag richtig eng war. Viele Gäste waren neben den Nutzern des ökumenischen Projekts von Caritas und Diakonie gekommen, unter ihnen Kreis-Dezernentin Birgit Mohns-Welsch und der städtische Beigeordnete Sören Meng. Der evangelische Pfarrer Udo Blank stellte in seiner Begrüßung die Frage nach der Gerechtigkeit und ermunterte, das Schicksal nicht demütig abzunicken, sondern durchaus auch ein "politisches Fass aufzumachen". Die Wärmestubb bezeichnete der Vorstand des Diakonischen Werkes als einen Ort des Schutzes, der Begegnung, der Würde und auch der Hoffnung. Für eine "nicht gerade kleine Zahl an Menschen" sei sie ein ganz wichtiger Ort.

Michael Schütz, Direktor des Caritasverbandes Schaumberg-Blies, brachte einen anderen Aspekt ein und sprach von Wandel: Stärker als noch vor wenigen Jahren gebe es heute ein Hinschauen, wo die Gesellschaft nicht so blendend funktioniere. Auch die Menschen, die mit ihren Problemen die Wärmestubb aufsuchten, würden das Angebot heute mit größerem Selbstbewusstsein annehmen, und das sei gut so.

Die Neunkircher Wärme-stubb ist im Oktober 1995 als Gemeinschaftsprojekt der beiden großen christlichen Konfessionen gegründet worden. Diakonie-Sozialarbeiter Achim Ickler erläuterte, schon 1973 habe es in der Hospitalstraße eine Außenstelle des Diakonischen Werkes gegeben, nach der wachsenden Arbeitslosigkeit in den 80er Jahren sei das Konzept der Wärmestube ausgearbeitet worden. Seine Kollegin Jutta Peitz von der Caritas erläuterte, mit 40 Besuchern täglich betreuten die Mitarbeiter und Ehrenamtlichen "definitiv zu viele". Sie ging konkret auf die Situation der Leute ein, denen die Adresse Anlaufstelle ist: Menschen mit äußerst geringem Einkommen, die vor Ort auch mal ihre Wäsche oder sich selbst waschen könnten. Die eine kleine finanzielle Unterstützung mitnehmen könnten - fünf bis zehn Euro - um über das Wochenende zu kommen. Die Sozialberatung , die die Wärmestubb biete, funktioniere je nach Situation mit "Verständnis oder erheblichem Druck". Mit dem Umzug in die Bahnhofstraße (die SZ berichtete) verbinde sie die Hoffnung, den "Camping-Charakter" zu beenden.

Sozialdezernent Meng würdigte den runden Geburtstag so: "Die ökumenische Einrichtung von Diakonischem Werk und Caritas-Verband ist unverzichtbar geworden." Leider, müsse er dazusagen. Dieser Einwand beziehe sich nicht auf die Arbeit vor Ort, sondern auf die Tatsache, dass es die Gesellschaft nicht schaffe, alle mitzunehmen. Meng übte seine Kritik mit den Worten des Sängers Konstantin Wecker : "Die Menschenwürde, hieß es, wäre unantastbar, jetzt steht sie unter Finanzierungsvorbehalt."

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HintergrundDie Neunkircher Wärmestubb ist eine ökumenische Einrichtung von Diakonischem Werk und Caritas-Verband. Sie ist ein Treffpunkt für Wohnungslose und Menschen mit ungenügendem Wohnraum. Neben Sozialberatung und dem Austausch mit anderen Menschen in schwierigen Lebenslagen bietet sie auch die Möglichkeit, Wäsche zu waschen oder gemeinsam zu frühstücken. Der offene Treff wird voraussichtlich im Frühjahr 2016 in die Neunkircher Bahnhofstraße umziehen.mbe

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