Graue Steine des Anstoßes

Neunkirchen · „Grausam“ sei die neue Wand vor der Neunkircher Marienkirche sagt das staatliche Konservatoramt und hat verfügt, den Bau einzustellen. Was das Neunkircher Bauamt als Gestalter des Marienplatzes, dessen Umbau 350 000 Euro kosten soll, nicht aus dem Konzept bringt. Obwohl es auch um städtebauliche Fördergelder geht.

 Einst und jetzt: Das linke Foto zeigt die frühere Treppe von der Neunkircher Kirche St. Marien zum Marienplatz. Rechts sieht man das grau gemauerte Podest am Tag vor dem Schneefall. Fotos: Willi Hiegel

Einst und jetzt: Das linke Foto zeigt die frühere Treppe von der Neunkircher Kirche St. Marien zum Marienplatz. Rechts sieht man das grau gemauerte Podest am Tag vor dem Schneefall. Fotos: Willi Hiegel

. Die Neunkircher Marienkirche als Herz der Pfarrgemeinde St. Marien mit Pfarrer Michael Wilhelm steht auf der Liste saarländischer Baudenkmäler . Vom Bürgerhaus her kann man die Kirche barrierefrei betreten; vom Hüttenberg aus gelangte man bisher über einen rund 1000 Quadratmeter großen Platz und eine breite Treppe in das 1885 erbaute Gotteshaus.

Eigentümer des Platzes ist - bis auf einen schmalen Streifen - die Stadt Neunkirchen . Und die sah sich in diesem Jahr in der Pflicht, die Fläche neu zu gestalten, weil die Bodenplatten zu "Stolperfallen" geworden waren und es auf der breiten Treppe "mehrere Stürze mit Verletzungen" gegeben habe. Im Oktober wurde mit den Bauarbeiten begonnen (die SZ berichtete). "Pfarrer Michael Wilhelm wurde in die Planungen mit einbezogen. Es war sein ausdrücklicher Wunsch, dass ein Kirchenvorplatz unmittelbar vor dem Portal geschaffen wird und die Kirchgänger das Gebäude ebenerdig betreten können", beschied die Stadtpressestelle der SZ diese Woche auf deren Anfrage zu der Neugestaltung. Denn seit sichtbar ist, wie dieser podest-artige Vorplatz (er ersetzt große Teile der Treppe) gestaltet ist, mehren sich in der Stadt die Kritiker der Gestaltung mit hellgrauen Betonsteinen als sichtbarem Mauerwerk, mit dunklen Stufen und roter Pflasterung.

Laut wurde auch die Frage nach dem Denkmalschutz-Status der Kirche, zu der die Treppe schließlich dazu gehört.

Eine Nachfrage der SZ beim staatlichen Landeskonservatoramt in Saarbrücken ergab Überraschendes. Laut dem für Bau- und Kunstdenkmalpflege zuständigen Dr. Rupert Schreiber sei die städtische Baumaßnahme auf dem formal nicht denkmal-geschützten Marienplatz "genehmigungspflichtig, weil in unmittelbarer Umgebung des Baudenkmals". Und eine entsprechende Genehmigung habe die Denkmalbehörde nicht erteilt. Nach Besichtigung der Neunkircher Baustelle, sei am 21. November ein Baustopp erlassen worden, weil die Gestaltung des Podestes dem Sakralbau nicht angemessen sei. "Die graue Wand ist grausam, die Fußlinie der Kirche vom Vorplatz aus nicht mehr erkennbar", monierte der Denkmal-Experte unter anderem.

Nach dem Baustopp befragt, reagiert man im Neunkircher Rathaus völlig unaufgeregt: Das Podest sei weitgehend fertig gestellt, nunmehr werde an der Anlage des Platzes weitergebaut und Pflastersteine verlegt.

"Man sollte erstmal abwarten, bis der Platz fertig gestellt ist, dann kann man den Gesamteindruck bewerten. Fakt ist, dass der Platz wegen Stolperfallen grundlegend erneuert werden musste und wir eine praktikable und kostenbewusste Lösung unter Einbezug der Wünsche des Pfarrers gesucht haben. Ob man statt der hellen Verblendungssteine dunkle hätte wählen sollen, darüber lässt sich fachlich streiten. Im Übrigen werden die Steine durch die Imprägnierung noch dunkler werden", so Bauamtsleiter Jürgen Detemple. Da der städtische Platz nicht unter Denkmalschutz stehe, sei keine Baugenehmigung erforderlich. Um jedoch weiteren Diskussionen aus dem Weg zu gehen, habe die Stadt eine denkmalschutzrechtliche Genehmigung für die Maßnahme im Umfeld des Baudenkmals beantragt, so die Stellungnahme aus dem Rathaus. "Die Kosten der Maßnahme (rund 350 000 Euro) werden zu je einem Drittel von Stadt, Land und Bund getragen", heißt es weiter in der Antwort auf die SZ-Anfrage.

Da ist Rupert Schreiber nicht so sicher. Wenn ein Genehmigungsverfahren fehlerhaft sei, gebe es keine Zuschüsse für den Auftraggeber, so Schreiber. Die Stadt Neunkirchen hatte damit gerechnet, nur ein Drittel der Kosten tragen zu müssen. Übrigens: ein erster Entwurf der Stadt, ohne die Podest-Lösung, wäre laut Schreiber durchaus von seiner Seite genehmigungsfähig gewesen.

Derweil steht die Marienstatue in einem sichernden Holzkorsett wartend auf ihrem Platz vor der Marienkirche . . .

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