Sprayer-Workshop Neunkirchen Sei du selbst – und sprühe!

Neunkirchen · Unter fachkundiger Anleitung ließen Kinder und Jugendliche beim Graffiti-Workshop des Kutscherhaus Vereins an der Freisprayer-Wall an der TuS-Halle ihrer Kreativität freien Lauf – per Farbdose.

 Die Jugendlichen sorgten für ordentlich Farbe am Fuß der frisch grundierten Außenwand der TuS-Halle.

Die Jugendlichen sorgten für ordentlich Farbe am Fuß der frisch grundierten Außenwand der TuS-Halle.

Foto: Anja Kernig

Ein Skinny Cap wäre ideal. Mit dem falschen Cap auf der Can könnte die Outline nämlich schnell zur Zitterpartie werden. Im schlechtesten Fall versaut man sich damit das ganze Piece. Böhmische Dörfer? Das dürfte wohl fast 100 Prozent der Leser so gehen. Sprayer-Jargon halt. Gemeint ist: Es braucht einen geeigneten Sprühkopf auf der Farbdose, um Schriftzüge oder andere Motive eines Graffitis zufriedenstellend zu umranden. Jedenfalls als Anfänger. Und die waren beim Workshop des Kutscherhaus Vereins am Donnerstagnachmittag im Wagwiesental in der Mehrzahl. Den Resultaten sah man das nicht an. Zuvor frisch grundiert, schmückten den drei Meter hohen und 45 Meter langen Streifen am Fuße der Tus-Halle am Ende etliche originelle, farbenfrohe Bilder.

Darunter auch das von Hasan. Für den 12-Jährigen war das großflächige Malen mittels Sprühdosen eine Premiere. Er sprühte seinen Namen in Großbuchstaben an die Wand, wobei auch seine Lieblingsfarben Gelb und Hellgrün zum Einsatz kamen. „Nein“, schwierig sei das nicht gewesen, und „Ja“, Spaß hab es gemacht, gab der Achtklässler der nahe gelegenen Ganztagsgemeinschaftsschule bereitwillig Auskunft. Hasan überlegt, mit seiner Familie hierher zu pilgern, um ihr seinen Erstling zu zeigen. Viel Zeit sollte er sich damit allerdings nicht lassen. Graffitis sind in höchstem Maße vergänglich. Vielleicht ist die ganze Pracht schon bald übersprüht. Ärgert einen das nicht maßlos? Die Profis vom Sprayer-Kollektiv „Die Saarlandstreicher“ schütteln unisono die Köpfe. „Man ist es gewohnt“, meint Thorben Sand. „Es wird ein Foto gemacht und dann gibt man sein Bild frei.“ Tim Stöcker ergänzt: „Anfangs ist man angefressen, aber das legt sich mit den Jahren.“ Komplettiert durch Lucia Rein und Gustav Arnold, gab das Quartett den zehn Teilnehmern Tipps rund um Techniken sowie zu Gestaltung und Aufbau eines Graffitis.

Als Kooperationspartner mit im Boot war die Initiative „Kurswechsel“ der Diakonie Saar: „Kreativität ist der Schlüssel zu einem selbst“, weshalb man gern spontan zugesagt habe, so Betreuer Markus Becker. Während der Kutscherhaus-Verein, gefördert durch die Bundesmaßnahme UTOPOLIS, drei Sprayer und die Farben finanzierte, bezahlte, übernahm die Diakonie die Kosten für den 4. Sprayer. „Die Jugendlichen können stolz auf sich sein“, lobte Kollege Markus Spaniol angesichts der entstandenen Bilder. „Dem einen oder andern hätte man das gar nicht zugetraut.“ Luisa zum Beispiel textete: „Sei du selbst, folge deinem Herzen“. Und Mohamed mahnte: „Habt Geduld. Die Lektion, die ihr heute lernt, wird euch morgen zugute kommen.“ Sein Freund Marwan entschied sich für einzelne symbolische Zeichen, darunter „3K: Das steht für drei Jahre, die ich ganz allein war“, erzählte der 16-jährige Syrer. Aus der Türkei kam er 2019 als unbegleiteter Minderjähriger nach Deutschland und spricht bereits fast fließend unsere Sprache. Jetzt gehe es ihm gut, lacht Marwan, der gern Architektur studieren würde. In Sachen Graffiti sind die Jugendlichen auf den Geschmack gekommen und würden gern bald wieder zur Dose greifen.

Möglich wird das theoretisch im September sein. Dann soll der Lutherschule vor ihrem Abriss ein finales, farbenfrohes Abschiedsgeschenk gesprüht werden. Ursprünglich war die Aktion in der Woche vor Ferienbeginn angesetzt gewesen. „Aufgrund des strömenden Regens mussten wir es absagen“, bedauert Integrationsmanagerin Edda Petri. Aber: Aufgeschoben ist ja nicht aufgehoben.

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