Glänzende Musicalvorstellung über Aschenputtel

Neunkirchen · Das Bochumer Tourentheater Liberi ist keine unbekannte Größe in Neunkirchen. Diesmal gastierte es mit „Aschenputtel – Das Musical“. Zeitgemäß und trotzdem liebenswert, verzauberte die Neufassung des Grimmschen Klassikers in der Gebläsehalle.

. Jacob und Wilhelm Grimm wären wahrscheinlich die Kinnladen herunter gefallen: Kinder, die ihren Eltern den Mund verbieten, Mindestarbeitslohn, Abschaffung feudaler Hierarchien - und eine junge Frau, die definitiv keine Prinzessin werden will, sondern lieber "studieren, reisen, in ein anderes Land gehen will": aber hallo!

Das Aschenputtel des Theaters Liberi auf der Bühne der so gut wie ausverkauften Gebläsehalle war stellenweise richtig aktuell. Dabei war die Geschichte immer noch erstaunlich nah dran am Grimmschen Original. Auf drastische Details wie ausgehackte Augen und zurechtgestutzte Füße kann man eh gut verzichten: "Ruckediguh, ruckediguh, sie will kein Blut im Schuh", konstatierte die gute Fee mit Blick auf Aschenputtels Stiefschwester, die sich im Übrigen als ausgesprochen netter Kumpel in der Dienstboten-Töchter-Allianz gegen die böse Stiefmutter erwies.

Nett war sowieso das Über-Motto: Von den elf Rollen, gespielt von vier Frauen und zwei Männern, durfte gerade mal eine fies und giftig sein. Womit Catrin Omlohr keinerlei Schwierigkeiten hatte. "Alles wird gut" zog sich gesungen und ausgesprochen, Mantra-artig durch diese Inszenierung von Helge Fedder. Vielleicht ein bisschen arg weichgespült, was allerdings auch dem zum Teil zarten Alter des Publikums (drei Jahre aufwärts) geschuldet sein könnte.

Dafür war es oft sehr lustig. Die ersten großen Lacher hatte die Fee (super besetzt mit Stand-up-Comedian Sabrina Sauer), als sie in Gestalt einer überdimensionalen putzigen Taube durchs Fenster in die Küche stolzierte und dort gurrte und plusterte.

Ziemlich lässig unterwegs war auch König Alfons (Stefan Peters). Zum Leidwesen seines eher minderbemittelten Hofnarren (Katharina Becker) reißt er gern Witze. Und als der Prinz (Markus Peters) ihm eröffnet, dass er keine Adlige, sondern eine Angestellte ehelichen möchte, bringt der patente Monarch auch dafür volles Verständnis auf.

Schöne Kostüme, darunter opulente Ballkleider mit Reifröcken, eingängige Musik vom Band, die rockig-poppig bis balladig modern instrumentalisiert ist, lebhafte Choreographien und stimmige, multifunktionale Bühnenbilder - es passte fast alles bei diesem Kinder-Musical, das sich hinter großen und deutlich aufwendigeren Produktionen nicht zu verstecken braucht.

Da schaut man natürlich auch gerne über die eher simplen Reime und Liedbotschaften im Stil von Ratgebern a la "Sorge dich nicht, lebe" hinweg. Als absoluter Glücksgriff erwies sich allerdings die Besetzung des Aschenputtels mit Newcomerin Silvana Scholmeyer. Am Ende strahlte sie mit den kleinen Zuschauern im Saal um die Wette.

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