Nachwuchs gesucht Viel Alarm, wenig Schlaf

Neunkirchen · Gemeinsame Übung der Jugendfeuerwehren Neunkirchen beim Berufsfeuerwehrtag 2018 mit 69 Mädchen und Jungen.

 Der Nachwuchs schützt die alte Neunkircher Straßenbahn vor dem Übergriff des Feuers.

Der Nachwuchs schützt die alte Neunkircher Straßenbahn vor dem Übergriff des Feuers.

Foto: Jörg Jacobi

Wenn blau uniformierte Kinder zu Dutzenden mit dicken Wasserschläuchen hantieren, kann das nur eine Feuerwehr-Übung sein. So geschehen am Samstagnachmittag auf dem Betriebsgelände der NVG. Das Besondere daran: Es war die erste stadtweite Übung für den Nachwuchs in den sieben Löschbezirken im Rahmen des Berufsfeuerwehrtags: die Krönung eines 24 Stunden-„Schnupperdienstes“.

„Es sollte wie im richtigen Leben sein“, betont Feuerwehr-Pressesprecher Christopher Benkert. Was konkret heißt: Freitag 17 Uhr gemeinsamer Dienstantritt, Einteilung auf die Fahrzeuge, Alarm, gern auch mehrere, ausrücken. „Dazu wird das Leben auf der Wache nachgestellt“, sprich Kochen und Küchendienst, gemeinsame Freizeit, schlafen - „wie auf einer normalen Schicht“, bestätigt Stadtjugendwart Peter Appelt. „Als Höhepunkt sollen die Kinder jetzt mit ihren Kameraden der anderen Jugendwehren arbeiten.“ Regulär kocht jeder Löschbezirk übungstechnisch sein eigenes Süppchen. Kooperiert wird da eher selten.

„Das Szenario sieht einen Brand in einer Fahrzeughalle aufgrund eines technischen Defekts vor“, informiert Appelt. Schon drohen die fiktiven Flammen auf weitere Gebäude, ein Reifenlager und die Busse überzugreifen. In einem der Busse werden sogar Personen vermutet. Höchste Eisenbahn also. Der Einsatzleiter greift 14 Uhr zum Handy und informiert zeitgleich die Wachen Innenstadt, Wiebelskirchen und Wellesweiler. „Fahrt jetzt los“, lautet die Anweisung, „ihr habt zehn Minuten.“ Da aber die Lagerhallen „im Vollbrand stehen“ und es nur noch eine Frage der Zeit ist, bis die Tanks und das Bürogebäude lichterloh brennen, werden kurzerhand – unterwegs aus den Fahrzeugen angesichts der Rauchentwicklung am Zielort – nun auch Furpach, Hangard und Münchwies alarmiert. 14.07 Uhr sind die ersten Sirenen zu hören. „Sonst bei den Übungen fahren wir ohne Sonderrechte“, verrät Stefanie Gräser, Jugendwartin aus Furpach, die vor Ort auf ihre Gruppe wartet. Umso größer der Spaß, heute ausnahmsweise mit Blaulicht und Martinshorn herdüsen zu dürfen. Eine Minute später treffen die ersten der elf Fahrzeuge ein.

Um Mitternacht wurden die Kids in Furpach auf die Feldbetten geschickt. „Um zwei haben sie kapituliert“, berichtet Stefanie Gräser lächelnd. „Da wussten sie nicht, dass wir sie um sechs Uhr wieder wecken.“ Beim Anziehen frühmorgens wurde tüchtig gescholten, „wehe, wenn das ein Fehlalarm ist“, hieß es immer wieder. Natürlich war es einer. „Der Klassiker: die BMA (Brandmeldeanlage) ging los, das ist auch bei den Kollegen der Aktivwehren sehr beliebt“, weiß Benkert, „unser lästiges Tagesgeschäft.“

Zumal die Löschbezirke eh schon unter Personalmangel leiden. „Wir hatten in Furpach früher 20, wenn es hoch kam 25 Einsätze im Jahr“, erinnert sich der Pressesprecher. In 2018 sind es bisher schon 65 – obwohl es nicht mehr Brände oder Unfälle gibt. Aber die Löschbezirke bekommen kaum noch genügend Leute zusammen. „Im Sommer bei dem schweren Unfall auf der Autobahn standen wir zu zweit in der Gerätehalle.“ Meist muss heute Verstärkung von Nachbarwehren geordert werden.

Weil es immer schwerer wird, Nachwuchs zu finden, will man das Aufnahmealter von acht auf sechs Jahre senken. „Später sind die Kinder oft schon verplant in den Musik- und Sportvereinen.“ Aber jetzt geht die Post ab. Schläuche ausrollen, Verteile anbringen, dann erschallt der Ruf „Wasser kommt“. Ein Nebenschauplatz liegt hinter der historischen Straßenbahn. „Ei, Löschangriff aufbauen“, meint Clarissa, Wiebelskircher Gruppenführerin – verdutzt über die Frage nach der so offensichtlichen Aufgabe. Ihr Trupp, unterwegs mit dem LF 16 TS, wässert den Zaun der NVG, kommandiert von der Zwölfjährigen. Was prinzipiell keine große Sache ist: Ja, „ich mach das öfters“, nickt Clarissa. „Nö, das ist nicht schwierig.“ Nach dem gemeinschaftlichen Abbau und Schlussappell wird wieder aufgesessen. Wobei die Schicht noch nicht zu Ende ist. „Bei uns am Gutsweiher gibt’s noch ein großes Feuer“, verrät Christopher Benkert. Eine echtes, zum „wirklich Löschen“.

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