Gedenken in Stein gemeißelt

Neunkirchen · Allerheiligen, Allerseelen, Volkstrauertag, Totensonntag: Im November wird der Toten gedacht. Viele Menschen besuchen an diesen Tagen die Friedhöfe. Deren Gesicht ist jedoch stark im Wandel begriffen.

 Steinmetzin Ines Vogel von der Hangarder Firma Glöckner graviert einen Kylltaler Sandstein für ein Familiengrab. Foto: Thomas Seeber

Steinmetzin Ines Vogel von der Hangarder Firma Glöckner graviert einen Kylltaler Sandstein für ein Familiengrab. Foto: Thomas Seeber

Foto: Thomas Seeber
 Der Engel-Grabstein auf dem ehemaligen Hauptfriedhof Scheib in Neunkirchen zeugt von der Kunst der Steinmetze. Foto: Müller

Der Engel-Grabstein auf dem ehemaligen Hauptfriedhof Scheib in Neunkirchen zeugt von der Kunst der Steinmetze. Foto: Müller

Foto: Müller

. Der Friedhof ist ein Ort des ganz persönlichen Gedenkens an eine geliebte oder geschätzte Person. Aber auch ein Rückzugsort für Menschen, die die Stille lieben und gerne auf einem Friedhof spazieren gehen. Gräber anschauen, das kann die Fantasie beflügeln. Friedhöfe wie Montparnasse in Paris, der Ohlsdorfer Friedhof in Hamburg oder der Wiener Zentralfriedhof zählen sogar als Sehenswürdigkeit ihrer Stadt. Doch seit einigen Jahren befindet sich die Bestattungskultur im Wandel. Dies spüren vor allem die Steinmetze. Stellvertretend für deren Zunft sprachen wir mit Katja Hobler von der Firma Markus Glöckner Natursteine in Hangard und der Steinmetzgesellin Ines Vogel.

Der Wandel in der Bestattungskultur beginnt nach Ansicht von Katja Hobler damit, dass nicht mehr so viele Menschen in die Kirche gehen und eine kirchliche Bestattung keine Selbstverständlichkeit mehr ist. Auch mit dem Friedhof selbst verbinden viele nichts mehr, weiß Katja Hobler, Ehefrau von Steinmetz Markus Glöckner und Geschäftsführerin. Diesen Menschen sei egal, wo und wie sie beerdigt werden. Früher war die Devise: Je größer der Stein, desto größer das Prestige. Diese Einstellung hat sich grundlegend geändert. Hinzu kommt, dass es mittlerweile viele verschiedene Bestattungsmöglichkeiten gibt, bei denen ein sehr kleiner (Rasengrab) oder überhaupt kein Grabstein (Friedwald, anonyme Rasenbestattung) angefertigt wird. "Das macht natürlich das Geschäft für Steinmetze kleiner", sagt Katja Hobler und bezeichnet dies als einen Wandel, wie es ihn in jeder Branche in jedem Jahrhundert gebe. Die Steinmetze müssten sich darauf einstellen und verstärkt auf andere Geschäftsfelder setzen wie etwa die Restaurierung von Gebäuden. Sie vermisst allerdings in dieser Situation die Solidarität unter den Steinmetzen. Manche reagierten, indem sie die Grabsteine teurer machten. Damit treibe man jedoch die Spirale noch weiter nach unten, denn auch die kommunalen Gebühren für die traditionellen Bestattungsformen werden immer höher.

Dabei hat es durchaus einen tieferen Sinn, eine Grabstätte mit einem Stein zu versehen, der individuell auf den Verstorbenen "zugeschnitten" ist. Hier wird der Trauerbewältigung buchstäblich Raum gegeben, am Grab können die Angehörigen Blumen und Kerzen als Trauergrüße ablegen. Das vermissen viele Menschen, die nun vor einer Urnenwand oder auf einer Wiese stehen und nicht wissen, wohin mit ihrer Trauer.

Friedhofssatzungen von Kommunen tragen ihren Teil dazu bei, dass die Grabstätten ihre Individualität verlieren. "Ein uniformer Friedhof ist ein trauriger Ort," sagt Katja Hobler. Sie bedauert es sehr, dass manche Städte wie etwa Ottweiler die Steingröße und -gestaltung bei Rasengräbern sehr restriktiv halten. Künstlerische Vielfalt ist dagegen auf den Neunkircher Friedhöfen erlaubt, was auch Steinmetzin Ines Vogel sehr gelegen kommt. Sie hat ihren Traumberuf, der durch Restaurierungen zudem viel Abwechslung biete, gefunden. "Ich wollte immer etwas Handwerkliches, Kreatives machen. Und dazu bin ich noch viel in der freien Natur."

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