Gasometer-Abriss Von unausweichlich bis unverständlich

Neunkirchen · Fraktionen des Neunkircher Stadtrats nehmen Stellung zum geplanten Abriss des Gasometers.

 Der Gasometer in Neunkirchen soll dem Bau einer Tankstelle und einer Waschanlage weichen.

Der Gasometer in Neunkirchen soll dem Bau einer Tankstelle und einer Waschanlage weichen.

Foto: Michael Kipp

Die Wellen schlagen hoch in Neunkirchen, seit feststeht, dass der Gasometer abgerissen wird, weil Globus neben einem geplanten Warenhaus auf dem Hüttenareal eine Tankstelle bauen möchte (wir berichteten mehrfach). Der Abriss sei eine Angelegenheit zwischen Globus und Saarstahl, heißt es vonseiten der Neunkircher Stadtverwaltung. Es bestehe keine Möglichkeit und auch kein Grund, in diese Grundstücksverhandlungen einzugreifen. Eine Übernahme des Geländes samt Gasometer sei aus finanziellen Gründen nicht möglich. In der jüngsten Sitzung des Stadtrates zeigten sich einige Fraktionen überrascht, was den geplanten Abriss betrifft, zumal dies offenbar nicht in der Planung war, als der Rat dem Bau eines Warenhauses auf dem dem Hüttenareal zugestimmt hat.

So teilt etwa die CDU-Fraktion auf SZ-Anfrage mit: „Was den Informationsstand der ’alten’ Stadtratsfraktion angeht ist Fakt, dass weder seitens der Verwaltung noch vonseiten Globus darüber berichtet/informiert wurde, dass der Gasometer abgerissen werden soll.“ Auf den den Ratsmitgliedern gezeigten Plänen sei der Standort des Gasometers eingezeichnet gewesen. Es sei zwar irgendwann mal die Rede vom Ankauf von Gebäuden gewesen, aber „damit waren wohl die Liegenschaften Thommes und andere an der Saarbrücker Straße beziehungsweise an der Königsbahnstraße (Schlosserei) gemeint“. Erst in der jüngsten Ratssitzung am 2. Juli sei erstmals über den aktuellen Sachstand seitens der Verwaltung informiert worden. „Zusammengefasst: Der alte Rat wusste nichts von Verkaufsverhandlungen zwischen Globus und Saarstahl beziehungsweise nichts von den den Gasometer betreffenden Abrissplänen“, teilt die CDU mit.

Die Neunkircher SPD-Stadtratsfraktion bekundet einerseits ihr Bedauern über das geplante Verschwinden des Gasometers. „Andererseits sehen wir auch die Unausweichlichkeit des Fortschritts – die Saarstahl-AG braucht den Behälter nicht mehr, trotzdem sind die vielen hundert Jobs im Neunkircher Walzwerk zukunftsfest, was uns sehr freut“, heißt es in deren Stellungnahme. Als Wahrzeichen und Denkmal für die Hütte tauge der Gasometer schwerlich – hier seien das alte Hüttenareal mit Wasserturm, Gebläsehalle und Schornstein, ebenso wie die Stummsche Reithalle und das Kutscherhaus deutlich signifikantere Denkmale. „Ihrem langfristigen Erhalt müssen wir Priorität einräumen, statt sich ein neues Projekt aufzuhalsen.“ Man begrüße die Ansiedlung von Globus, und halte es es für „zukunftsorientiert und auch nur fair, das Unternehmen nun in seiner weiteren Planung nicht über Gebühr einzuschränken“. Wer fordere, der Gasometer müsse erhalten bleiben, müsse auch Konzepte aufzeigen, wie dies nachhaltig und finanziell darstellbar möglich sei. Dies sei bislang nicht geschehen.

Die Stadtratsfraktion von Bündnis 90/Die Grünen kritisiert die Neunkircher Verwaltungsspitze für den geplanten Abriss des Gasometers und die „Nicht-Information des Stadtrats“. So sei bei bisherigen Beratungen über die Ansiedlung des Lebensmittel-Globus der Abriss des Gasometers nicht angesprochen worden, erklärt Christel Hasmann, die zum damaligen Zeitpunkt Vorsitzende der Grünen-Fraktion war. Mit Unverständnis reagiert sie auf die Abriss-Pläne: „Wenn dies bekannt gewesen wäre, hätten wir das abgelehnt.“ Die Grünen kritisieren außerdem den „offensichtlich fehlenden Gestaltungswillen“ der Stadtspitze. „Von der Stadtspitze erwarte ich schon mehr Einmischung und Fingerspitzengefühl, wenn es um ein Gebäude geht, das von vielen Neunkirchern als Wahrzeichen empfunden wird. Da kann man nicht einfach die Hände in den Schoß legen und zuschauen“, erklärt die jetzige Fraktionsvorsitzende Tina Schöpfer. Man hätte mit Globus verhandeln können, ob das Unternehmen bereit sei, den Gasometer zu erhalten und kreativ umzunutzen.

Es bestehe überhaupt kein Zweifel, dass der Gasometer eindeutig die Voraussetzungen zur Einstufung als Kulturdenkmal erfülle, heißt es in der Stellungnahme der AfD-Fraktion, die auf das Saarländische Denkmalschutzgesetz (siehe Info) verweist. Die Stadtverwaltung sollte sich nicht auf den Standpunkt eines neutralen Beobachters zurückziehen und die Position vertreten, dass es sich hier nur um einen Vertrag zwischen Saarstahl und Globus handeln würde. „Die Stadtverwaltung sollte sich dafür einsetzen, dass der Gasometer in die Denkmalliste des Denkmalschutzgesetztes aufgenommen wird. Es soll in Neunkirchen nicht wieder ein bedauerlicher Verlust entstehen, wie mit dem Rückbau des Scheiber Wasserturms oder des ehemaligen Stadtbades“, teilt die Fraktion mit.

Der Wunsch der Globus-Gruppe, in Neunkirchen ein SB-Warenhaus zu etablieren, wird von der FDP-Fraktion begrüßt. „Dass die Planung, mit den Wünschen von Globus, in der letzten Sitzung des alten Stadtrates, wie ein Kaninchen aus dem Hut gezaubert wird und der neue Stadtrat vor vollendete Tatsachen gestellt wird, ist alles andere als ein transparentes und demokratisches Verfahren“, heißt es allerdings in deren Stellungnahme, verbunden mit der Frage, wie der Stadtrat sich in der kurzen Zeit der Sitzung ein fundiertes Bild machen und Entscheidungen fällen solle, die das Stadtbild auf Jahrzehnte verändern werden. „Oder sollten durch den Zeitdruck Fakten geschaffen werden?“, heißt es weiter.  Dass der Gasometer abgerissen werden soll, sei jedoch zuallererst eine unternehmerische Entscheidung. Der Gasometer sei auf Grund seiner Größe im Stadtbild sehr präsent, dies sei jedoch kein ausreichender Grund, um diesen zu erhalten.

Auch die Linkspartei wurde um eine Stellungnahme gebeten, hat jedoch keine eingereicht.

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