Flüchtlinge wollen fahren lernen

Neunkirchen · Den Führerschein zu haben, ist im Berufsleben oft sehr wichtig. Die Fahrlehrer im Saarland rechnen daher damit, dass bald viele Flüchtlinge zu ihren Schülern zählen. Das bringt auch Herausforderungen mit sich.

 Die saarländischen Fahrlehrer sind auf eine starke Nachfrage seitens der Flüchtlinge eingestellt. Auch wenn die Sprachbarriere zunächst eine echte Herausforderung sein dürfte. Foto: Folia

Die saarländischen Fahrlehrer sind auf eine starke Nachfrage seitens der Flüchtlinge eingestellt. Auch wenn die Sprachbarriere zunächst eine echte Herausforderung sein dürfte. Foto: Folia

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Auch Flüchtlinge wollen in Deutschland mobil werden. Den Führerschein zu haben, ist zudem für viele Jobs eine Voraussetzung. "Wir saarländischen Fahrlehrer rechnen mit einer starken Nachfrage nach Fahrunterricht seitens der Flüchtlinge ", sagt daher der Vorsitzende des Landesverbands der Fahrlehrer Saar, Detlef Eisink. Es riefen bereits erste Flüchtlinge oder Helfer an, die sich nach Fahrunterricht erkundigten. "Wir sind vorbereitet", meint Eisink. Die Sprachbarrieren seien eine Herausforderung. Daher plant der Verband, sogenannte Pools zu bilden, in denen die Neuankömmlinge für die Theoriekurse entsprechend ihrer Sprachkenntnisse zugeteilt werden. "Da müssen wir jetzt noch abwarten, wo die Nachfragen am stärksten sind", erklärt der Fahrlehrer. Neben Deutsch kann der EU-Führerschein in elf weiteren Sprachen abgelegt werden - Arabisch ist jedoch nicht dabei. "Da gibt es sehr viele verschiedene Dialekte", benennt Eisink die Schwierigkeit. Zwar gebe es die Fragebögen auch in Arabisch, aber diese seien für die Prüfung nicht zugelassen. Hier müsse der Flüchtling eine der zugelassenen Sprachen soweit verstehen, dass er die Fragen beantworten kann. "In der Prüfung erhalten die Neubürger selbstverständlich die gleichen Fragen wie alle anderen und die Prüfung muss ohne Dolmetscher absolviert werden", sagt Detlef Eisink.

Für die praktischen Fahrstunden sieht Eisink weniger Schwierigkeiten: "Hier kann man sich notfalls mit Händen und Füßen verständigen", meint er, "vielleicht lernen wir Fahrlehrer so auch ein paar Brocken Arabisch." Herausforderungen bereiteten eher die Mentalitätsunterschiede. "Ich hatte mal einen Fahrschüler, der war in Bagdad Taxifahrer. Dem konnte ich hinsichtlich der Fahrzeugbeherrschung nichts Neues sagen", erzählt Eisink. Schwieriger sei es gewesen, hier geltende Vorschriften zu vermitteln. "Bei uns hat ein Fußgänger Vorrang, ein Stopp-Schild zwingt immer zum Anhalten", sagt er. Das werde in anderen Ländern mitunter lockerer gesehen.

Teilweise besäßen die Neuankömmlinge auch einen Führerschein des Herkunftslandes. Um einen Führerschein aus einem Nicht-EU-Land umschreiben zu lassen, muss zuvor die theoretische und praktische Fahrprüfung abgelegt werden.

Eisink beziffert die Kosten für einen Führerschein auf im Schnitt zwischen 1700 und 1900 Euro. Geld, das nicht jeder Flüchtling zur Verfügung hat. Hier sei es wie bei allen anderen Fahrschülern: Wenn eine Arbeitsstelle vorhanden ist oder von der Bundesagentur für Arbeit zugeteilt wurde, könne zumindest ein Teil der Kosten von der Arbeitsagentur getragen werden.

Um den Führerschein machen zu dürfen, spiele es keine Rolle, ob ein Flüchtling bereits anerkannt sei, teilt das Saar-Verkehrsministerium mit. Auch Personen, die sich im Asylverfahren befinden, seien zugelassen. Voraussetzung sei jedoch, dass sie ihre Identität nachweisen können. Dafür müssen sie entweder einen Ausweis aus dem Herkunftsstaat vorlegen oder einen von Deutschland ausgestellten Passersatz, etwa den "Reiseausweis für Flüchtlinge und Staatenlose", den "Reiseausweis für Ausländer" oder einen elektronischen Aufenthaltstitel besitzen. Sie erhalten diesen Passersatz, wenn das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge sie anerkannt hat oder es unzumutbar ist, im Herkunftsstaat einen regulären Pass zu beantragen. Bedingung sei, dass die Personalien nicht auf eigenen Angaben beruhen. Bestehen keine Zweifel an der Volljährigkeit des Flüchtlings, gelten auch Reiseausweise, bei denen die Personalien allein auf seinen Angaben beruhen.

Doch die Rechtslage ist im Umbruch. Im Juni hat der Verwaltungsgerichtshof in Kassel entschieden, dass - anders als bisher - für den Führerschein eine sogenannte Aufenthaltsgestattung ausreichend ist. Und zwar auch dann, wenn der Flüchtling seine Identität nicht nachweisen kann. Dieser vorläufige Aufenthaltsstatus gilt ab dem Asylantrag für die Dauer des Verfahrens. Daraufhin haben einige Bundesländer im Vorgriff auf eine Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts ihre Verfahren angepasst. Ob das Saarland ebenfalls eine Aufenthaltsgestattung akzeptiert, werde derzeit noch zwischen Verkehrs- und Innenministerium abgestimmt, hieß es.

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