Fester Griff signalisiert: „Meins!“

Neunkirchen · Rund 120 Delikte melden die Polizeiinspektionen Neunkirchen und Illingen fürs Jahr 2015. Tendenz: konstant bis rückläufig. Doch die Experten warnen vor Banden, die nach Plan zuschlagen.

 Wer in Einkaufsmärkten seine Geldbörse unbeaufsichtigt lässt, kann eine böse Überraschung erleben. Foto: Willi Hiegel

Wer in Einkaufsmärkten seine Geldbörse unbeaufsichtigt lässt, kann eine böse Überraschung erleben. Foto: Willi Hiegel

Foto: Willi Hiegel

"Frau wird beim Einkaufen Geldbörse gestohlen" - Tatort Einkaufsmarkt in Merchweiler (SZ vom 14. März). "Geldbeutel aus Handtasche gestohlen" - Tatort Saarpark-Center Neunkirchen (SZ vom 12. März). "Kurz nicht aufgepasst: Geldbörse weg" - Tatort Einkaufsmarkt in Neunkirchen (SZ vom 4. März). Drei aktuelle Meldungen zum Delikt Taschendiebstahl . Kommentare wie "Höre ich in letzter Zeit sehr oft" finden sich auch auf unserer Facebook-Seite wieder.

Eine Anfrage bei den beiden Polizeiinspektionen (PI) im Landkreis Neunkirchen widerlegt erstmal dieses subjektive Empfinden. "Die Zahl der Taschendiebstähle hat bei uns nicht zugenommen", sagt Thomas Schmidt, Leiter der PI Illingen (zuständig für Eppelborn, Illingen, Merchweiler und Schiffweiler). Die interne Auswertung für die Kriminalitätsstatistik ergab 28 Fälle im Jahr 2015. "Das bleibt im Rahmen der Vorjahre", so Schmidt weiter. Und auch das erste Quartal 2016 deute nicht auf ein Ansteigen hin: "Im Schnitt also alle zwei Wochen ein Fall." "Die Entwicklung ist sogar rückläufig", sagt Thomas Dräger-Pitz, Leiter der PI Neunkirchen (zuständig für Neunkirchen, Ottweiler und Spiesen-Elversberg). 97 Fälle sind für 2015 dokumentiert. Bei insgesamt rund 5800 Fällen stelle der Taschendiebstahl eine eher kleine Größe da.

Tatorte sind die Einkaufsmärkte in der Region, breit gestreut in allen sieben Kommunen. Beide PI-Leiter beschreiben die Opfer gleich: "Fast ausschließlich Frauen über 50". Eben die Gruppe, die gerne mit Handtasche einkaufen geht. Und beide PI-Leiter konstatieren: "Die Aufklärungsquote ist gering ohne konkrete Anhaltspunkte, etwa Bilder aus einer Videoüberwachung."

Die Täter beobachten lange und handeln schnell: "Der Griff geht in die Tasche im Einkaufswagen oder auch zum Geldbeutel, der mal kurz auf dem Band an der Kasse abgelegt worden ist", schildert Schmidt. Opfer hätten sich im Nachhinein auch an lautstarke Geräuschkulissen erinnert, wohl Ablenkungsmanöver vor der Tat. "Ein Taschendieb muss sehr versiert sein", sagt Dräger-Pitz. Drumrum gebe es feste Abläufe. Deshalb warnt Dräger-Pitz: "Wir haben derzeit einen rückläufigen Trend, auch landesweit. Aber das kann sich schnell ändern, wenn Banden kommen und nach Plan vorgehen."

Also gilt es, sich zu schützen. "Augen auf", mahnen die Experten . Und raten: Wertgegenstände nicht unbeaufsichtigt im Einkaufswagen liegen lassen. Geheimzahlen getrennt von Scheckkarten aufbewahren, Taschen geschlossen und eng am Körper tragen. "Ein fester Griff um die Tasche signalisiert: Die ist mein!", sagt Dräger-Pitz. Wer den Diebstahl vielleicht direkt bemerkt, sollte laut um Hilfe schreien. Wer ihn erst später feststellt, sollte schnellstmöglich den Notruf 110 wählen.

Meinung:
Kein gutes Gefühl

Von SZ-Redakteurin Claudia Emmerich

Subjektives Empfinden und objektive Zahlen müssen nicht immer übereinstimmen. Das hat die SZ-Recherche zu Taschendiebstählen in Einkaufsmärkten bestätigt. Was dennoch beunruhigt, sind Beobachtungen von Opfern zu wohl gezielten Ablenkungsmanövern vor der Tat. Diese Beobachtungen kommen meist erst später während der Aussage bei der Polizei wieder ins Bewusstsein. Heißt: Es sind keine Einzeltäter. Ablenken ist das geübte Zusammenspiel von mehreren Personen. Einer greift in die Tasche, die Bande bereitet vor und nach. Kein gutes Gefühl.

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