„Es ist Zeit, Haltung zu zeigen“

Neunkirchen · 51 Kinder aus Flüchtlingsfamilien besuchen derzeit die Ganztagsgemeinschaftsschule in der Haspelstraße. Heiko Maas zeigt sich ob dieses inklusiven Ansatzes begeistert. Er besuchte die Schule und stand den Schülern Rede und Antwort.

Ein lockeres "Hi" hier, ein Händeschütteln da. Es war dem Bundesjustizminister anzusehen, dass er sich beim Besuch der Neunkircher Ganztagsgemeinschaftsschule (GGTS) in der Haspelstraße wohlfühlte. Gekommen war der gebürtige Saarländer Heiko Maas am Freitagnachmittag auf Initiative der SPD-Landtagsfraktion , um sich, wie bereits kurz berichtet, über das pädagogische Konzept der Schule sowie über die Aufnahme von Kindern aus Flüchtlingsfamilien zu informieren.

"Das, was Sie hier machen, hat gar nichts mit dem zu tun, was ich zu Schulzeiten erlebt habe", bekannte Maas im Gespräch mit Lehrern und Schülern in der heimelig eingerichteten Schulbibliothek. "Wir wollen den Schülern zeigen, was sie können und nicht, was sie nicht können", betonte Schulleiter Clemens Wilhelm in seiner kurzen Einführung. "Wir räumen viel zu oft auf", mahnte Wilhelm und bezog sich damit auf starre Strukturen, die dem belebten Schulalltag nicht gerecht würden. Zudem werde viel Geld in "gescheiterte Biographien" investiert, statt diese Kosten durch präventive Bildungsarbeit zu vermeiden. Der inklusive Ansatz der Schule, an der derzeit 51 Schüler aus Flüchtlingsfamilien unterrichtet werden, scheint gut anzukommen.

Im Vorjahr hatten sich noch 70 Schüler an der GGTS angemeldet, in diesem Jahr seien es 130 gewesen, sagt Wilhelm stolz. Neben dem hohen Besuch aus Berlin wohnte auch der saarländische Bildungsminister Ulrich Commerçon der Runde bei. Er bezeichnete die GGTS als "mutige Schule". Seine Überzeugung: "Revolution ist nur durch Regelverletzung möglich." Im Anschluss erhielten einige Schüler der Klassen 12 und 13 Gelegenheit, dem Bundesminister Fragen zu stellen. Im Mittelpunkt der Frage-und-Antwort-Runde standen der Umgang mit Flüchtlingen, mit rechten Hasspredigern und geeignete Lösungen für die Bekämpfung der Fluchtursachen. Maas sprach offen über die Lage der Vertriebenen, über Meinungsfreiheit und über Morddrohungen, die auch er von Rechtsradikalen erhalte. Es sei angesichts fremdenfeindlicher Übergriffe an der Zeit, "Haltung zu zeigen".
Integration erwünscht

Ebenso vehement betonte Maas, dass er auch an diejenigen, die "in unser Land kommen", Erwartungen habe: "Wenn sich jemand in Lebach das Essen nicht von einer Frau servieren lassen will, dann muss er eben hungrig zu Bett gehen." Eine Schülerin wollte von Maas wissen: "Müssen wir Angst haben, dass der Krieg zu uns überschwappt?" Wie so oft an diesem Nachmittag war die Antwort auch in diesem Fall nicht einfach.

Die Art der Kriegsführung habe sich geändert, erklärte Maas und erinnerte an den Anschlag auf die Redaktion des Satiremagazins "Charlie Hebdo". Sein Appell: Sich nicht einschüchtern lassen. "Wenn wir unsere Freiheit beschneiden, dann haben wir verloren."

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