„Es geht mir an die Nieren“

Wiebelskirchen · Vor etwas mehr als sieben Jahren haben wir über Alwin Bäuerle aus Wiebelskirchen und seine Leidenschaft für Autos berichtet. Jetzt mit 95 Jahren hat der Rentner seinen geliebten VW Derby verkauft. Eine Entscheidung, die ihm nicht leicht fiel.

 Noch ein letztes Mal stehen sie gemeinsam vor der Kamera: Alwin Bäuerle mit seinem 36 Jahre alten VW Derby. Foto: Willi Hiegel

Noch ein letztes Mal stehen sie gemeinsam vor der Kamera: Alwin Bäuerle mit seinem 36 Jahre alten VW Derby. Foto: Willi Hiegel

Foto: Willi Hiegel

Bis zuletzt hat er ihn gehegt und gepflegt. Alwin Bäuerle seinen roten VW Derby. Eine Liebesgeschichte, die 36 Jahre lang währte. "Das Auto war mir ans Herz gewachsen", sagt der fröhliche Rentner beim Besuch in der SZ-Lokalredaktion. Jetzt habe er seinen alten VW an einen jungen Mann aus Neunkirchen verkauft. "Ich wollte eigentlich noch bis nächstes Jahr damit fahren", sagt der 95-Jährige. Doch dann schlug ihm der plötzliche Motorschaden ein Schnippchen. In einem Neunkircher Autohaus, wo er den Wagen eigentlich nur reparieren lassen wollte, lernte er dann einen jungen Schlosser kennen. "Ich habe ihn ausgesucht, weil er mir von Anfang an menschlich gefallen hat", sagt Bäuerle. Und der Deal war schnell geschlossen: Statt seinen VW reparieren zu lassen, verkaufte er ihn zu einem fairen Preis. So musste er sich auch nicht mehr selbst um die Instandsetzung kümmern. Er wisse nun, dass sein Wagen beim neuen Besitzer gut aufgehoben sei. Leicht fiel ihm die Entscheidung trotzdem nicht. "Ich gebe zu, es ist mir an die Nieren gegangen", sagt der Wiebelskircher. Seine Frau sei hingegen erleichtert. "Sie findet, ich soll in dem Alter nicht mehr Auto fahren", sagt Bäuerle, der in seinem Leben nur zwei Fahrzeuge besaß. Bis 1978 hatte Bäuerle einen mangogrünen VW Käfer. Vier Mal fuhr der Rentner in dem Oldtimer mit seiner Frau Helma ins italienische Monte Cassino, wo er als junger Soldat stationiert war.

Das, was er dort während des Zweiten Weltkriegs erlebte, prägt den 95-Jährigen bis heute. "Man muss im Leben mit offenen Augen durch die Welt gehen", wiederholt er mehrmals. Diese Wachsamkeit habe ihm damals das Leben gerettet. "Ich habe Glück gehabt", sagt er und erzählt von einer Zeit, in der der Tod allgegenwärtig war. Das Autofahren habe ihm auch als Soldat Freude bereitet, obwohl er in Italien einmal "drei Tage und drei Nächte" durchgefahren sei. Nur mit kurzen Pausen. Seinen Führerschein erwarb er ebenfalls beim Militär, im Jahr 1940. "Nur Panzer-Fahrer, das wollte ich nie sein", sagt er. Er habe sich damals "dumm angestellt", um nicht am Steuer eines Kampffahrzeugs sitzen zu müssen. Von 1950 bis 1977 arbeitete er als Kranführer im Neunkircher Eisenwerk. Das sei schon eher etwas für ihn gewesen. "Ich war ein All-Round-Fahrer", sagt er über sich selbst und schmunzelt.

Und was ist seine Bilanz nach 75 Jahren Führerschein? Er sei nie ein Raser gewesen und habe nur einmal einen leichten Unfall mit einem Mietwagen gehabt. Und ja, er gibt es zu. Einmal sei er bei Kaiserslautern etwas zu schnell gefahren und habe 42 D-Mark Strafe gezahlt. Aber das könne ihm heute nicht mehr passieren. Er hat sich vorgenommen, von nun an kein Auto mehr zu fahren. "Jetzt ist definitiv Schluss." Er genieße weiterhin sein Leben und habe "keine Angst vorm Sterben". Sein Rezept: "Mittags Rotwein und abends ein Bier."

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