Erst mal kleine Zöpfchen backen

Neunkirchen · Das Bäckerhandwerk steckt seit einigen Jahren in der Krise. Die Konkurrenz durch Großanbieter macht den Traditionsbetrieben zu schaffen. Doch die Not macht kreativ: Ein Bus soll jetzt den Nachwuchs sichern.

 Selbstgemacht schmeckt es immer noch am besten: Die kleinen Feinschmecker verschlingen in der Busküche ihre Hefezöpfe. Foto: Willi Hiegel

Selbstgemacht schmeckt es immer noch am besten: Die kleinen Feinschmecker verschlingen in der Busküche ihre Hefezöpfe. Foto: Willi Hiegel

Foto: Willi Hiegel

Wer kauft eigentlich noch beim Bäcker von nebenan? Viele Handwerksbetriebe sind in den letzten Jahren den großen Backwarenketten gewichen. Mit dem Gewinnspiel Bäckman-Tour will der Zentralverband des Deutschen Bäckerhandwerks diesem Trend entgegenwirken. Die Aktion, die im Juni 2014 begann, soll junge Menschen für das Bäckerhandwerk und eine ausgewogene Ernährung begeistern. Teilnehmenden Grundschulen und Kitas winkt ein Besuch der mobilen Backstube Bäckman-Bus. Pro Bundesland und Jahr gibt es einen Gewinner, der sich auf den Doppeldecker mit Ofen und Arbeitstisch freuen darf.

Für das Saarland zog dieses Mal Neunkirchen das große Los: Der grüne Bus mit dem Maskottchen Bäckman weckte am Montag die Neugierde der Schüler der Kreissonderschule am Ziehwald. Mit selbstgebastelten Backmützen stürmten sie ins Freie und zogen sich ihre Schürzen über. "Die Kinder müssen verstehen, dass es einen Unterschied zwischen Backshop und Backstube gibt", sagt der gelernte Koch Martin Schneider. Im Auftrag des Berliner Catering-Unternehmens Menüpartner, das den Bus zur Verfügung stellt, begleitet er die Deutschlandtour. Gleich zwei Bäcker aus der Region hatten sich an diesem Morgen Zeit für die Sieben- bis 14-Jährigen aus Neunkirchen genommen. Die Herausforderung: Quarkzöpfe flechten. "Die Kinder sollten abwechslungsreich frühstücken", sagt Claudia Schaefer, Ernährungsberaterin der Familienbäckerei Schaefer.

Nach dem Kneten und Ausrollen der Teigmasse in der oberen Busetage vermittelt sie den Schülern die Grundlagen einer ausgewogenen Ernährung. Der Bäcker um die Ecke verzichte auf Zusatzstoffe und backe gesünderes Brot, erklärt sie den Kleinen aus der vierten Klasse. "Viele kennen das Backen mit Mutti nicht mehr", sagt Koordinatorin Christina Winter. Deshalb sei auch die erste Reaktion der Kinder auf den Teig immer ein "Igitt, wie klebrig!". Doch spätestens als die kleine Ronja die braungebackenen Zöpfe aus dem Ofen zieht und sie stolz ihren Schulkameraden präsentiert, kommt das große Staunen.

"Ich möchte jetzt auch Bäcker werden", ruft der elfjährige Lukas. Die Aufklärung samt Ernährungspyramide scheint angekommen zu sein. Verdutzt blicken die Schüler auf die beiden Nutellagläser, die Bäckermeister Stefan Lang auf dem Tisch platziert. "In dem einen Glas habt ihr Nutella und in dem anderen 78 Zuckerwürfel. So viele sind dadrin", erklärt er und beobachtet die Reaktionen. "Wow, so viele!" Das hätten die Schüler nicht gedacht. Am Ende sind sie deshalb froh, ihre selbstgekneteten Hefequarkzöpfe mit gesundem Aufstrich essen zu dürfen.

Ins Saarland kommt der Bäckman erst im nächsten Jahr wieder. Die Deutschlandtour 2015 endet morgen im thüringischen Arnstadt.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort