Sie ernährt auch ihren Hund vegan Ernährungsberaterin aus Neunkirchen räumt mit Veganer-Mythen auf

Neunkirchen · Was vegane Ernährung betrifft, gehen die Meinungen in der Gesellschaft weit auseinander. Die Neunkircherin Claudia Padberg ist vegane Ernährungsberaterin und wird nicht müde, mit Mythen rund um Veganer aufzuräumen. Warum sie für eine vegane Ernährung wirbt.

 Die gebürtige Neunkircherin Claudia Padberg lebt seit elf Jahren vegan und unterstützt Menschen, die ihre Ernährung umstellen möchten.

Die gebürtige Neunkircherin Claudia Padberg lebt seit elf Jahren vegan und unterstützt Menschen, die ihre Ernährung umstellen möchten.

Foto: Christiane Griese/Chrstiane Griese

„Wenn es zu Hause früher kein Fleisch gab, gab es Fisch“, erzählt Claudia Padberg. Dass aus ihr, der „ganz normalen Fleischesserin“, einmal eine vegane Ernährungsberaterin wird, die sogar ihr Kind und ihren Hund vegan ernährt, damit habe damals keiner gerechnet. Alles in allem bezeichnet sie ihren Weg zur Veganerin als „großen Entwicklungsprozess“.

Erst vegetarisch, dann vegan

Wegen des Tierwohls habe sie sich in ihren 20ern dazu entschieden, Vegetarierin zu werden. Anfang 30 war es dann ein Buch über die Milchindustrie, das sie von einer veganen Lebensweise überzeugen sollte. Vor elf Jahren habe sie dann begonnen, Kurse zu veganer Ernährung von Kindern und Sportlern zu besuchen und 2019 zusätzlich ein Fernstudium absolviert. Was sie zunächst aus eigenem Interesse getan habe, sei heute Basis für ihre selbstständige Arbeit als vegane Ernährungsberaterin.

Neben den gesundheitlichen Vorteilen sei es vor allem der Umweltgedanke und das Vermeiden von Tierleid, was sie bis heute an ihrem Lebensstil festhalten ließen. „Wenn wir auf die Klimakrise schauen, ist der Konsum von Fleisch und tierischen Produkten eine irre Ressourcenverschwendung.“ Die Nutztierhaltung mache einen großen Teil der klimaschädlichen Treibhausgase aus. Eine Kuh zu füttern, sie zu schwängern und sie zehn Monate lang ein Kalb austragen zu lassen, nur damit die Menschen ihre Milch trinken können, halte sie für absurd. „Deshalb glaube ich auch, dass die Milchindustrie eine aussterbende Industrie ist. Das ist zumindest meine Hoffnung“, sagt die gebürtige Neunkircherin.

 Vegan und köstlich: eine Rote Beete Smoothiebowl.

Vegan und köstlich: eine Rote Beete Smoothiebowl.

Foto: Claudia Padberg

Ohne Milchprodukte nicht genug Eiweiß? Ein Mythos

Doch was passiert, wenn man beginnt, sich vegan zu ernähren? Die Ernährungsberaterin kann da einige Zweifel nehmen. Als ehemalige saarländische Marathonmeisterin sei sie selbst ein Beweis dafür, dass sich eine rein pflanzliche Kost in Kombination mit Leistungssport nicht widerspreche. Aber nicht nur für Sportler sei eine ausgewogene, proteinreiche Ernährung wichtig. Das Klischee, dass dem Körper ohne Milchprodukte nicht genug Eiweiß zugeführt würde, widerlegt die 49-Jährige. Die Grundregel sei hier „a grain, a green, a bean“; den Proteinbedarf könne man demnach super über Vollkornprodukte, Grünes und Hülsenfrüchte decken.

Ein weiterer Mythos, der sich hartnäckig in den Köpfen vieler Menschen halte, sei, dass vegan lebende Menschen den automatisch damit einhergehenden Nährstoffmangel mit zahlreichen Nahrungsergänzungsmitteln ausgleichen müssten. Auch hier gibt die Ernährungsberaterin ausdrücklich Entwarnung. Der einzige Nährstoff, der normalerweise nur über tierische Produkte vom menschlichen Körper aufgenommen werde, sei Vitamin B12.

Ernährungsberatung auch für Nicht-Veganer sinnvoll

Der Witz an der Sache sei aber, dass dieses Vitamin zum Beispiel den Kühen selbst als Nahrungsergänzungsmittel zugefüttert werde. Die seien nämlich zwar grundsätzlich in der Lage, dieses selbst zu bilden, allerdings nur, wenn sie als Weidekühe gehalten werden. Das sei bei 95 Prozent der Milchkühe nicht der Fall. „Warum soll ich also den Umweg über die Kuh gehen?“, gibt Claudia Padberg zu bedenken.

Alles andere könne durch eine gesunde und ausgewogene Ernährung abgedeckt werden. Außerdem: Wer sich nur von Kartoffeln und Schnitzel ernähre, mache sich zwar vielleicht keine Sorgen darum, versorge seinen Körper aber noch lange nicht mit allem, was wichtig sei. So sei auch für Menschen mit omnivorem Ernährungsstil, also einer Kost aus sowohl pflanzlichen als auch tierischen Produkten, eine Ernährungsberatung durchaus sinnvoll. Denjenigen, die selbst den Schritt von einer vegetarischen oder omnivoren Ernährung zur veganen machen möchten, rät Padberg zu einer strukturierten, nachhaltigen Umstellung. Grundsätzlich sei das jedoch stark typabhängig.

Auch Tochter und Baby ernährt Claudia Padberg vegan

Und auch dort, wo viele eine Grenze ziehen, führt Claudia Padberg ihren Lebensstil konsequent weiter. Bereits bei ihrer mittlerweile 14-jährigen Tochter hat sie schon im Babyalter auf vegetarische, später dann vegane Ernährung gesetzt. Auch ihr Hund Ella wird ausschließlich vegan ernährt.

Auseinandergesetzt habe sie sich damit zur Genüge. Besonders in der Schwangerschaft sei es nötig, den Körper mit allen wichtigen Nährstoffen zu versorgen – ob in vegan oder nicht. Omega 3-Fettsäuren spielten da eine wichtige Rolle, beispielsweise für die Gehirnentwicklung des Kindes. Was normalerweise über Fisch aufgenommen werde, könne mit Algenöl als Ergänzungsmittel, aber zum Beispiel auch anteilig über Walnüsse und Chiasamen aufgenommen werden.

Kein Unterschied zwischen Hunden und Schweinen

Nach der Umstellung von einer vegetarischen auf eine vegane Ernährung hätten sie und ihr Mann ihrer Tochter die Wahl gelassen und ihr kindgerecht erklärt, warum sie sich beispielsweise gegen das Milchtrinken entschieden haben. Fleischessen wäre für ihre Tochter sowieso nie eine Option gewesen.

Für sie gebe es keinen Unterschied zwischen Hunden und Schweinen. Als „Sperre im Kopf“ bezeichnet sie den Unterschied, den Menschen zwischen den Tieren machen. „Esst die Schweine, aber streichelt die Hunde“ klinge ziemlich paradox und sei auch nicht richtig, meint Claudia Padberg.

„Stimmt, aber der Löwe leckt sich ja auch am Hintern“

Hunde seien übrigens schon so lange domestiziert, dass eine pflanzliche Ernährung kein Problem, im Gegenteil, sogar gesünder sei. Das gelte natürlich nicht für alle Lebewesen, auch nicht für Katzen. Sie erzählt von einer Diskussion, bei der eine Frau ihren Fleischkonsum mit dem Argument gerechtfertigt hätte, dass Löwen ja auch Fleisch fressen. „Stimmt, aber der Löwe leckt sich ja auch am Hintern“, kontert Padberg. „Ich kann als vegan lebender Mensch ja die Natur nicht ändern. Tiere essen Fleisch, aber wir müssen es nicht. Wir sind Menschen und wir haben die Wahl.“

Setze man sich konsequent mit den Folgen einer nicht veganen Lebensweise auseinander, sei die Entscheidung ziemlich klar. Claudia Padberg hat sich zudem auf Instagram eine Öffentlichkeit geschaffen, wo sie natürlich auch mal Gegenwind bekomme. Das passiere, wie auch im Privaten, mittlerweile nur noch selten, auf Diskussionen lasse sie sich aber grundsätzlich gerne ein.

Veganismus nicht nur ein Trend

Dass es sich bei der veganen Bewegung nur um einen Trend handelt, glaubt die Expertin nicht. Der Fleischkonsum in Deutschland geht seit Jahren zurück, der Markt an pflanzlichen Alternativen wird immer größer, die veganen Abteilungen im Supermarkt nehmen zu. Claudia Padbergs Ziel sei es nicht, alle davon zu überzeugen, von heute auf morgen auf eine komplett vegane Ernährung umzusteigen. Es sei stattdessen viel wichtiger, dass die große Masse Alternativprodukte annimmt und ein Bewusstsein für ihr Konsumverhalten bekommt. Wenn schon 100 Menschen beispielsweise auf Sojamilch im Kaffee zurückgreifen, sei viel getan, meint Padberg, sie blicke optimistisch in die Zukunft.

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