Er will Begeisterung fürs Lesen entfachen

Neunkirchen. Sein ganzes Berufsleben schon hat er Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen einen Teil der eigenen Leidenschaft weitergegeben - der Leidenschaft fürs Lesen und für gute Bücher. Heinz Günnewig war zunächst Lehrer, dann Rektor an der Neunkircher Bachschule und zuletzt Literatur-Professor an der noch jungen Universität in Luxemburg

Neunkirchen. Sein ganzes Berufsleben schon hat er Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen einen Teil der eigenen Leidenschaft weitergegeben - der Leidenschaft fürs Lesen und für gute Bücher. Heinz Günnewig war zunächst Lehrer, dann Rektor an der Neunkircher Bachschule und zuletzt Literatur-Professor an der noch jungen Universität in Luxemburg. Schwerpunkt seiner Forschungs- und Lehrtätigkeit: die Kinder- und Jugendliteratur. Jetzt - als Pensionär - verfolgt er sein zentrales Anliegen unverdrossen weiter. Und dabei schwimmt Heinz Günnewig gegen den Strom. Er ist jedenfalls überzeugt: In unserer Gesellschaft, im Bildungswesen, speziell im Deutsch-Unterricht, läuft einiges schief.In Vorträgen, Aufsätzen und in zwanglosen Gesprächen - wie jetzt wieder einmal in unserer Redaktion - entwickelt Günnewig seine Überlegungen. Er ist ein Mann der leisen Art, kein rechthaberischer Poltergeist. Doch die Kraft seiner Argumente, die er aus großem, aber nie selbstgefällig zur Schau gestellten Wissen speist, durchdringt schnell jede Fassade zwischen ihm und seinen Zuhörern.

In die SZ-Redaktion hat Günnewig einen wunderschön gemachten Kalender für das Jahr 2013 mitgebracht. Auch das ist ein Ansatz, Kindern den Weg zum Lesen zu bahnen. Der Kalender beschäftigt sich mit einem der großartigsten Abenteuerromane überhaupt, mit Robert Louis Stevensons "Die Schatzinsel". Günnewig hat sich dazu mit dem Grafiker Tom Diederich zusammengefunden. Die einzelnen Kalenderblätter zeigen auf der Vorderseite Motive aus der "Schatzinsel". Auf der Rückseite finden sich passende Textpassagen und jeweils eine Frage. Der Clou: Nicht alle Fragen lassen sich allein auf Grund der Hinweise in dieser Auswahl beantworten. So will Günnewig die Kalender-Klientel animieren, auch den anfangs vielleicht steinigen, aber am Ende umso genussvolleren Weg zum literarischen Original zu beschreiten.

Das Lesen auch längerer, womöglich etwas schwierigerer, jedenfalls aber aus einem reichen Wortschatz schöpfender und die Fantasie anregender Texte hält er für den entscheidenden Schlüssel in der Bildung der Persönlichkeit. Deshalb kann sich Günnewig für die aktuelle deutschsprachige Ausgabe der "Schatzinsel" so begeistern: "Die ist vor zwei Jahren neu übersetzt worden. Keine Textzeile ist vergessen worden." Sein negatives Gegenbeispiel: "Von Pipi Langstrumpf gibt es nur 60 Prozent. In der Literatur wird reduziert bis zur Plattheit." Doch wenn Übersetzer eine Pranke zum Allerweltswort Hand verwässern, hört bei ihm das Verständnis auf.

"Lesefähigkeit ist die Basisfähigkeit für den Gebrauch elektronischer Medien, Schlüssel zur Medienkultur und damit auch Schlüssel zur Teilhabe am gesellschaftlichen Leben." So hat es Günnewig vergangenes Jahr in einem Aufsatz formuliert. Folglich hält er es für eine schlimme Entwicklung, dass sich inzwischen 50 Prozent unserer Jugendlichen als Nichtleser bekennen. Mit einzelnen Vorlesetagen lassen sich solche elementaren Lücken sicher nicht schließen. Günnewig rät verantwortungsbewussten Eltern, ihren Kindern frühzeitig schöne Bücher näher zu bringen und gibt entsprechende Empfehlungen (siehe Liste rechts). Und er hat auch einen Tipp parat: Beim Vorlesen sollten Eltern oder Großeltern sich nicht zu sehr in Schauspielermanier in den Vordergrund drängen. Entscheidend bleibe der Inhalt eines Buches.

Im Übrigen schärft Günnewig bei dieser Gelegenheit seine Kritik an den Pisa-Studien. Die Fragebögen dieser internationalen Schulleistungsuntersuchung seien wie eine Führerschein-Prüfung aufbereitet. Hauptsache, die Auswertung geht fix. Günnewig: "Im Deutschunterricht wird Pisa-konform verfahren, um beim nächsten Test besser dazustehen, und die Schulbuchverlage eilen seit geraumer Zeit dieser simplifizierenden Rodung hinterher."Foto: Krause

Zur Person

Heinz Günnewig erblickte das Licht der Welt in der Kreisstadt Höxter im Weserbergland. Schon in jungen Jahren kam er mit seinen Eltern ins Saarland. Er lebte lange Zeit in Landsweiler-Reden und jetzt schon viele Jahre in der Kreisstadt Neunkirchen. Hier war er Rektor der Bachschule. Parallel dazu arbeitete er an der Pädagogischen Hochschule. Nach der Gründung der Universität Luxemburg im Jahre 2003 erhielt er von dort einen Ruf als Professor. Schwerpunkt seiner Lehr- und Forschungstätigkeit war die Kinder- und Jugendliteratur. Günnewig ist heute 69 Jahre alt. mk

Hintergrund

Heinz Günnewig hat für die Leser der Saarbrücker Zeitung die folgende Liste mit besonders schönen Kinder- und Jugendbüchern zusammengestellt. Sie beginnt mit Empfehlungen für das Kindergartenalter und endet mit solchen für die vierte Klasse.

Kleine Eule ganz allein. Von Chris Haughton und Stephanie Menge, Bibliographisches Institut, Mannheim, ISBN: 978-3794152728, 14,95 Euro.

Ich will meine Mami. Von Martin Waddell, Verlag: Süddeutsche Zeitung, ISBN: 978-3866158641, 9,90 Euro.

Eine Schatzkiste für Freunde. Nord-Süd-Verlag, ISBN: 978-3314008320, 29,95 Euro.

Die besten Beerdigungen der Welt. Von Eva Eriksson, Ulf Nilsson und Ole Könnecke, Moritz Verlag, ISBN: 978-3895651748, 13,95 Euro.

Gute Nacht, Gorilla. Von Peggy Rathmann, Moritz Verlag, ISBN: 978-3895651779, 9,95 Euro.

Das kaiserliche Wettrennen. Von Kate Dargaw, Igor Oleynikov und Marc Hermann, Verlag: Dix, ISBN: 978-3941651418, 13,90 Euro.

Die 7 Raben. Von Lisbeth Zwerger (Illustrator), Jacob Grimm (Autor), Wilhelm Grimm (Autor), Nord-Süd-Verlag, ISBN: 978-3314016158, 12,95 Euro.

Ein Vogel im Schnee. Nach einem Bild von Pieter Breugel, von Stéphane Girel (Illustrator), Hélène Kérillis (Autor), Prestel Verlag , ISBN: 978-3791370682, 14,99 Euro.

Weißnich. Von Joke van Leeuwen (Autor), Hanni Ehlers (Übersetzer), Gerstenberg Verlag, ISBN: 978-3806750799, 39,00 Euro.

Fuchs. Von Margaret Wild (Autor), Ron Brooks (Autor), Zoran Drvenkar (Übersetzer), Carlsen Verlag, ISBN: 978-3551515971, 16,50 Euro.

Auf einen Blick

Der Kalender "Die Schatzinsel" huldigt einem unsterblichen Werk der Jugendliteratur. Den Roman mit dem Originaltitel "Treasure Island" hatte der Schotte Robert Louis Stevenson 1883 für seinen zwölfjährigen Stiefsohn geschrieben. Der Kalender für 2013 besteht aus hübsch gestalteten Monatsblättern, die in einem praktischen Ständer präsentiert werden. Ein mehrseitiger Flyer liefert dazu Erläuterungen. Konzeption und Texte stammen von Heinz Günnewig. Die Grafiken steuerte Tom Diederich bei. Info: tomdiederichbooks.com. ISBN: 978-2959974755, 11,50 Euro. mk

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