Eine Tür erinnert an die Schlösserzeit

Neunkirchen · Am Haus Schloßstraße 22 fällt seit einiger Zeit an der frisch verputzten Giebelseite, von der Seilergasse aus gesehen, ein freigelegtes Mauerstück auf: eine zugemauerte Tür mit einem Holzbalken, Zeitzeuge aus der Neunkircher Schlösserzeit.

 Die Giebelseite des Hauses im Laufe der Zeit. Zwischenzeitlich (Mitte) war die zugemauerte Tür, die einst Teil des Schlosses Jägersberg war, unter Putz verschwunden. Nun kann man den Holzbalken und die zugemauerte Tür darunter (rechts) wieder erkennen. Fotos: historischer Verein

Die Giebelseite des Hauses im Laufe der Zeit. Zwischenzeitlich (Mitte) war die zugemauerte Tür, die einst Teil des Schlosses Jägersberg war, unter Putz verschwunden. Nun kann man den Holzbalken und die zugemauerte Tür darunter (rechts) wieder erkennen. Fotos: historischer Verein

 Diese Hinweistafel ist unterhalb der alten Tür am Haus Schloßstraße 22 angebracht.

Diese Hinweistafel ist unterhalb der alten Tür am Haus Schloßstraße 22 angebracht.

Einmal mehr ist es dem leidenschaftlichen Heimatforscher Horst Schwenk zu verdanken, dass die Stadt Neunkirchen eines ihrer wenigen historischen Geheimnisse freigibt. Es handelt sich um einen Hinweis auf das von Fürst Wilhelm Heinrich von Nassau-Saarbrücken in Auftrag gegebenen und von Generalbaudirektor Friedrich Joachim Stengel erbaute Barockschloss, Schloss Jägersberg. Der steinerne Zeitzeuge ist eine zugemauerte Tür, die versehentlich vom neuen Hausherrn in Schloßstraße 22 überputzt wurde und auf Bitten von Horst Schwenk vom Inhaber der Firma "Stadtvilla Projektentwicklung GmbH", Sergio Vaccarello, großzügigerweise wieder freigelegt wurde.

Dieses Haus Schloßstraße 22 birgt die meisten Hinweise auf das verschwundene Barock-Schloss in Neunkirchen (1753 - 1793). "Dieses Haus ist der Mittelrisalit des Schlosses", versichert Horst Schwenk, wenn auch mit veränderter Vorder- und Rückfront. Das Kellergewölbe des Hauses und auch die der angebauten Nachbarhäuser sind die des Schlosses und stehen daher unter Denkmalschutz.

Heimatforscher Horst Schwenk aber machte historisch Interessierte schon in früheren Zeiten gerne auf diese Verbindungstür (1,20 Meter breit, 2,50 Meter hoch) am Nordostgiebel des Hauses 22 (hofseitig, in der Seilergasse) aufmerksam. Für Schwenk ein wichtiges Indiz in einer Originalwand des ehemaligen Jagdschlosses "Jägersberg". Entsprechend entsetzt war er, als er feststellte, dass das Relikt aus jener Zeit überputzt worden war. Er stieß dann aber auf einsichtige Hausbesitzer und -bewohner, so dass heute dieses alte Stück Mauerwerk noch besser zu erkennen ist als vorher, leider aber auch das alte Mauerwerk um diese Tür herum letztlich verputzt ist (wir berichteten darüber.)

Nun aber wird der Blick einmal mehr auf das ehemalige Barockschloss in Neunkirchen gelenkt und an die Schlösserzeit in Neunkirchen erinnert. Zuvor hatten die Neunkircher bereits ein Schloss aus der Renaissancezeit besessen. Für kurze Zeit standen beide Schlösser am heutigen Oberen Markt und an der heutigen Schloßstraße sogar nebeneinander. Viele Steine verschwanden jedoch mit der Zeit im Mauerwerk benachbarter Privatbauten.

Das Jagdschloss aber wurde vor allem durch ein Gemälde von Franz Kiedrich im Sitzungssaal des Landratsamtes (Witwenpalais) bekannt. Goethe soll auf der Treppe des Schlosses gesessen und dem Funkenregen der Essen im Neunkircher Eisenwerk zugeschaut haben. So dachte sich der Maler im 20. Jahrhundert die Szene aus dem 18. Jahrhundert aus.

Aber auch die nachrevolutionäre Geschichte des Schlosses, als französische Gruppen das Schloss plünderten und der Erbprinz über eine Mauer geflohen ist, geben Hinweise auf dieses Jagdschloss, von dem auch verschiedene Zeichnungen saarländischer Forscher vorliegen.

Über diese Flucht gibt eine Broschüre des Historischen Vereins Stadt Neunkirchen : "Die Flucht des Fürstenhauses Nassau-Saarbrücken 1793 aus Neunkirchen - Ein kurze Episode und viele Irrtümer" ausführlich Auskunft. Des Weiteren gibt es eine Broschüre "Jagd- und Schlösserreise" mit Reise- und Erlebnisberichten eines englischen Colonels Thomas Thornten aus dem Jahre 1802. Dieser besuchte mehrmals das Schloss und wollte es auch kaufen.

Kunsthistoriker Reinhard Schneider beschreibt im Detail "Das saarländische Sanssouci" im "Neunkircher Stadtbuch". Er unterschlägt in diesem ausführlichen Beitrag auch nicht die zahlreichen Auseinandersetzungen um Deutungen und Vermutungen über den Bau dieses Schlosses, seine Ausmaße und heute noch zu erkennende Bauteile.

Für Horst Schwenk ist diese deutlich zu erkennende Tür eine Durchgangstür in den Seitenflügel des ehemaligen Schlosses Jägersberg und einer der deutlichsten Hinweise darauf, dass dieses Haus Schloßstraße 22 der Mittelrisalit des Schlosses ist. Eine Hinweistafel mit Schlossdarstellung und kurzem Text unterhalb dieser Tür angebracht. Mit dem Bau des Schlosses aber wurde 1753 begonnen. Es diente den Grafen von Nassau-Saarbrücken als Lust- und Jagdschloss, da Neunkirchen damals mehr noch als heute inmitten ausgedehnter Wälder lag, die sehr viel Wild beherbergten. Reinhard Schneider schreibt im Stadtbuch: "Als wenig später die Französische Revolution auch an der Saar das Ende des Ancien Régime einläutete, diente Schloss Jägersberg der fürstlichen Familie, die sich 1792 aus der von französischen Truppen besetzten Residenzstadt Saarbrücken hierher zurückgezogen hatte, vor der endgültigen Flucht als letzter Aufenthalt." Französische Truppen plünderten das Schloss und schafften alles weg, auch das, was niet- und nagelfest war.

Viele Jahre unserer Zeit wurde von Bericht zu Bericht von nicht fachgerechten Autoren kolportiert (auch an dieser Stelle), das Schloss sei gebrandschatzt worden. "Feuer wurde nie an das Schloss gelegt", beteuerten seinerzeit immer wieder auch Horst Schwenk und Professor Dieter Heinz. Es lag vermutlich eine Verwechslung mit Tagebucheintragungen der Prinzessin Katharina vor, die über den Brand des Saarbrücker Schlosses berichtet hatte. So aber konnte der spätere Besitzer des Areals, der Neunkircher Bürgermeister Franz Couturier die Steine des Schlosses an Bauwillige seiner Stadt Neunkirchen veräußern. So ist es überliefert. Allerdings ist durch die Wirren der Französischen Revolution und die Zeitläufte vieles im Dunkel der Geschichte geblieben, so dass sich die Forscher auch heute noch über manches Detail des Schlosses streiten können.

Nicht aber über die von Horst Schwenk so leidenschaftlich verteidigte Tür an der Giebelseite des Hauses Schloßstraße 22 in der Seilergasse. Sie gehört unbestritten zum ehemaligen Schloss Jägersberg.

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