Eine Kita für den Notfall

Neunkirchen · Im Kampf um bis zu zehn Prozent mehr Gehalt haben Erzieher und Sozialarbeiter im Saarland gestreikt. Auch wenn das die Pläne der Eltern durcheinanderbrachte, gab es in Neunkirchen Verständnis für den Streik.

 Ahmed Yildirim mit seinem zweijährigen Sohn. Er hat Verständnis für den Kita-Streik. Foto: Thomas Seeber

Ahmed Yildirim mit seinem zweijährigen Sohn. Er hat Verständnis für den Kita-Streik. Foto: Thomas Seeber

Foto: Thomas Seeber

"Eigentlich hab ich ja gar nichts dagegen. Es ist doch schön, den ganzen Tag mit seinen Kindern zu verbringen." Cosima Schneider hat ihre jüngste Tochter auf dem Arm. Weil die Krippe der Kindertagesstätte in der Neunkircher Talstraße bestreikt wird, muss die Zweieinhalbjährige wieder mit ihrer Mutter nach Hause. "Ich hatte eigentlich noch Termine heute Vormittag, aber die muss ich dann umlegen", sagt Schneider. Sie zuckt mit den Schultern. Natürlich sei das ein wenig ärgerlich, aber die Forderungen der Erzieherinnen und Erzieher nach mehr Gehalt seien nachvollziehbar: "Ich verstehe schon, dass die streiken."

Überhaupt wirkte die Stimmung unter den Eltern gestern Morgen recht entspannt, gemessen daran, dass die Gewerkschaft Verdi 15 der 16 kommunalen Kitas im Raum Neunkirchen bestreikte. Um den Eltern zu helfen, die keine Möglichkeit finden konnten, ihre Kinder anderweitig zu betreuen, war die Kita in der Talstraße zur Not-Kita erklärt worden.

Entsprechend groß war gestern der Betrieb, auch wenn einige Eltern ein wenig überrascht waren, dass die Not-Kita nur für die drei- bis sechsjährigen Kindergartenkinder geöffnet hatte. Die Krippe für die Kleinsten blieb auch in der Talstraße geschlossen.

Auch Ahmed Yildirim muss deshalb mit seinem zweijährigen Sohn wieder unverrichteter Dinge umkehren. "Aber Verständnis für den Streik habe ich trotzdem", sagt er.

Die Eltern aus anderen Kitas sind erleichtert über das Notfall-Angebot. "Ich mache meine Termine immer zwei Monate im Voraus", sagt Margit Schmidt. Deshalb sei es unmöglich gewesen, die Termine kurzfristig umzulegen: "Wir haben dann gelesen, dass die Kita hier auf hat. Es ist zwar ärgerlich, dass die Kita in Wiebelskirchen zu ist, aber ein bisschen versteht man den Streik ja schon." Auch Rainer Wollny, dessen fünfjährige Tochter eigentlich die Kita am Steinwald besucht, findet die Forderungen berechtigt, auch wenn er an diesem Morgen eine weitere Fahrt zur Kita hat: "Auf jeden Fall habe ich dafür Verständnis. Die Forderungen der Erzieher sind doch berechtigt."

Daran zweifelt auch Hans-Jürgen Siffrin nicht. Er bezweifelt allerdings, dass der Streik die Arbeitsbedingungen verbessern wird: "Das bringt doch alles nix. Ich war lange genug in der Gewerkschaft und gebracht hat es mir nichts."

Trotzdem müsse man es versuchen, sagt Nadine Neff, die ihre beiden fünfjährigen Kinder in der Not-Kita abgibt. "Ich verstehe es, dass die Erzieher für ihre Recht kämpfen." Ohne die Not-Kita wäre sie aber in die Bredouille geraten: "Ich bin darauf angewiesen. Wenn keine Oma da ist, die sich um die Kinder kümmern kann, wird es schwer, wenn man berufstätig ist."

Zum Thema:

HintergrundGestern haben im Saarland rund 500 Erzieher gestreikt. Dazu aufgerufen hatte die Gewerkschaft Verdi im Tarifstreit mit der Vereinigung kommunaler Arbeitgeberverbände. Verdi fordert die höhere Eingruppierung von Erziehern und Sozialarbeitern. Im Durchschnitt fordert sie zehn Prozent mehr Lohn. Die kommunalen Arbeitgeber lehnen die Forderungen ab. Besonders stark betroffen waren gestern Neunkirchen und Saarbrücken. In Neunkirchen wurden 15 von 16 Kitas bestreikt, in Saarbrücken 25 von 26. Der Streik betraf nur die Kitas in kommunaler Trägerschaft, die kirchlichen Kitas blieben geöffnet. jbö

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