Karate Ein Vorbild in Sachen Inklusion

Schiffweiler · Im Hayashi Karatecenter trainieren Menschen mit und ohne Behinderung zusammen.

 Bei der WKU-Weltmeisterschaft in Kerry/Irland schnitten drei Sportler des Schiffweiler Karatecenters Hayashi gut ab.

Bei der WKU-Weltmeisterschaft in Kerry/Irland schnitten drei Sportler des Schiffweiler Karatecenters Hayashi gut ab.

Foto: kurt dohm

Schon als Kind hatte Dirk Dohm einen Traum. Er sah die Benachteiligung von Sportlern mit körperlichen und geistigen Behinderungen – und wollte etwas dagegen unternehmen. „Ich war Mitglied in einem Karate-Klub. Dort durften Behinderte zwar trainieren. Aber sie wurden ausgegrenzt und belächelt. Sie durften keine Gürtelprüfungen ablegen. Ich habe mir damals gesagt: Wenn ich irgendwann die Möglichkeit habe, etwas gegen diese Ungerechtigkeit zu tun, dann werde ich das auch“, erzählt der 43-Jährige.

Seit 2010 ist sein Traum Realität geworden. Nachdem seine Vision in anderen Vereinen auf taube Ohren gestoßen war, gründete er mit seiner Frau Ivonne in Schiffweiler das Hayashi Karatecenter. Dort trainieren unter dem Slogan „Karate ohne Grenzen“ etwa Rollstuhlfahrer und Menschen mit Down-Syndrom zusammen mit Menschen ohne Beeinträchtigung. Und das funktioniert prächtig. „Wenn man offen ist und keine Berührungsängste hat, dann können Behinderte und nicht Behinderte viel voneinander lernen“, sagt Dohm. Er erinnert sich an einen Schüler, der seinen rechten Arm wegen einer Spastik nicht mehr benutzten wollte. „Ich weiß noch, wie er und seine Mutter gestrahlt haben, als er durch das regelmäßige Training wieder kleinere Aufgaben mit rechts erledigen konnte“, erzählt Dohm. Er ist im Hayashi Karatecenter nicht nur Vorsitzender, sondern auch Trainer.

Bei der Gründung 2010 erschienen zunächst nur eine Handvoll Schüler zu den Trainingseinheiten in Neunkirchen. Heute zählt der Verein, der 2014 vom saarländischen Innenministerium mit dem silbernen Stern des Sports ausgezeichnet wurde und zahlreiche andere Preise gewann, 321 Mitglieder. Trainiert wird nicht mehr nur in Neunkirchen, sondern auch in Schiffweiler und Urexweiler. „Viele Vereine schreiben sich Inklusion auf die Fahnen. Aber wenn man genauer hinschaut, werden behinderte Menschen doch noch getrennt. Inklusion ist nur dann erfolgreich, wenn man auf den ersten Blick gar nicht erkennen kann, dass es sich um einen Behinderten handelt, der da mitten im Gewimmel mittrainiert“, sagt Dohm. Er ist auch Vorsitzender des Bundesfachverbands Ikkaido Deutschland. Das I steht für Inklusion, „Kai“ bedeutet offen und „Do“ steht für den Weg. Der Verband hat sich unter anderem das Ziel gesetzt, einen paralympischen Sport zu schaffen, der verschiedene Kampfkünste umfasst, und an dem Behinderte und nicht Behinderte gemeinsam teilnehmen.

Im Hayashi Karatecenter herrscht ein Spagat zwischen Tradition und Moderne. Auf der einen Seite ist der Verein nach einem japanischen Karate-Großmeister benannt und feiert das traditionelle japanische Kirschblütenfest „Hanami“. Auf der anderen Seite will Dohm von seinen Schülern nicht mit Meister angesprochen werden. „Es geht hier familiär zu. Ich bin der Dirk und meine Frau ist die Ivonne“, sagt Dohm, der Schüler zwischen zwei und 84 Jahren trainiert.

Auch abseits der inklusiven Bestrebungen ist das Hayashi Karatcenter erfolgreich. Dirk Dohm, seine Frau Ivonne, Lukas Paul aus Merchweiler und Samuel Müller aus Schiffweiler nahmen Anfang September in Irland an der WKU (World Kickboxing and Karate Union)-Weltmeisterschaft in Irland teil. Das Ehepaar Dohm und Lukas Paul gewannen die Goldmedaille. Der 11-jährige Samuel Müller gewann Bronze. „Dafür haben wir täglich drei Stunden trainiert, das ist eine gigantische Leistung“, sagt Dirk Dohm, der mit Frau Ivonne Ende September an den World Martial Arts Games in der Schweiz teilnehmen wird. Wichtiger als jede Einzelmedaille bleibt für ihn aber der Traum, den er seit Kindertagen verfolgt: „Beim Sport zählt nur der Mensch – nicht das, was ihn beeinträchtigt.“

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