Ein kleiner Holzschlitten kostete zehn Mark

Neunkirchen. Wenn im Winter die ersten Schneeflocken fallen, starren die Kinder gebannt aus dem Fenster und freuen sich auf ihre erste Schlittenfahrt. Früher wie heute gehört das zum richtigen Wintervergnügen dazu. Paul Wagner, ehemaliger Inhaber des alteingesessenen Geschäfts Leiter-Wagner, hat Jahrzehnte lang Holzschlitten gebaut und damit Kinderaugen zum Leuchten gebracht

 Schlitten waren immer seine Leidenschaft: Jahrzehntelang hat Paul Wagner sie aus Holz selbst gefertigt. Fotos: Schneider

Schlitten waren immer seine Leidenschaft: Jahrzehntelang hat Paul Wagner sie aus Holz selbst gefertigt. Fotos: Schneider

Neunkirchen. Wenn im Winter die ersten Schneeflocken fallen, starren die Kinder gebannt aus dem Fenster und freuen sich auf ihre erste Schlittenfahrt. Früher wie heute gehört das zum richtigen Wintervergnügen dazu. Paul Wagner, ehemaliger Inhaber des alteingesessenen Geschäfts Leiter-Wagner, hat Jahrzehnte lang Holzschlitten gebaut und damit Kinderaugen zum Leuchten gebracht. In einer Lagerhalle stehen sie ordentlich aufgereiht: Holzschlitten in verschiedenen Größen. "Einige davon stammen noch von mir", erzählt der 82-jährige gelernte Schreiner. Vor zirka sechs Jahren hat er seinen letzten Schlitten gefertigt und das Geschäft an den heutigen Inhaber, Michael Kläs, abgegeben.Beim Betrachten der Original-Holzschlitten werden viele Erinnerungen wach. So auch an Weihnachten 1945. Damals sei ein französischer Offizier zu seinem Vater gekommen, der dringend einen Schlitten brauchte. Sein Vater machte sich sofort an die Arbeit und als Dankeschön brachte der Offizier der Familie einen französischen Kuchen. "Schlitten waren früher typische Weihnachtsgeschenke", sagt Paul Wagner. Im Alter von 20 Jahren ist er Anfang 1949 in den Betrieb seiner Familie eingestiegen. Lange Zeit hatte sein Vater Fuhrwagen gefertigt, später auch Aufbauten für den Laster und schließlich Holzleitern. "Beim fertigen der Sprossen für die Leitern sind Holzreste abgefallen und die haben wir gesammelt", erklärt Wagner.

Da im Winter keine Leitern gekauft wurden, waren die Holzschlitten ein Weg, die Mitarbeiter weiterzubeschäftigen. "1979 hatte ich 11 000 Schlitten an Lager." Diese wurden an verschiedene Kaufhäuser weiterverkauft. Der kleine Schlitten kostete damals zirka zehn Mark, der große (90 Zentimeter) 14 Mark. Paul Wagners Stammmannschaft im Betrieb bestand damals aus sechs, sieben Leuten, die in verschiedenen Arbeitsschritten die Schlitten zusammenbauten. 16 bis 18 Minuten habe man damals dafür gebraucht. "So kamen wir auf 150 bis 200 Schlitten pro Tag." Irgendwann kam die Konkurrenz, die billiger fertigen konnte. "Wir haben damals 3,5 Millimeter starkes Eisen benutzt", erinnert sich Wagner. Heute ist das Eisen nur noch 1,5 Millimeter dick. Buche- und Escheholz eignet sich am besten für den Schlittenbau, da es biegsam ist.

Viel Herzblut hat Paul Wagner immer in seine Schlitten gesteckt. Doch heute würden sich nur noch 50 Prozent für einen Holzschlitten entscheiden. Denn inzwischen gibt es die modernen Plastik-Bobs. "Die Kinder wollen unbedingt ein Lenkrad und auch die Farbe ist ihnen wichtig", weiß Wagner. Bei den Plastikflitzern reiche schon wenig Schnee für die erste Fahrt. Doch gebe es auch Nachteile: "Bei der Fahrt fällt Schnee in den Bob und die Kinder sitzen dann im Nassen und im Kalten." Das könne bei den Holzflitzern nicht passieren.

Was die Pflege betrifft, so sollte ein Holzschlitten trocken gelagert werden. Auch eine Lasur hier und da täte dem Holz gut. Um ihn für den nächsten Winter wieder fit zu machen, braucht es kein mühsames Abschmirgeln der Eisenkufen. Paul Wagner hat da einen ganz einfachen Tipp parat: "Einfach den Holzschlitten über den Asphalt ziehen und schon ist er blitzblank."

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