Das einst schönste Haus der Stadt Das Ende der Villa kam am 15. März 1945
Neunkirchen · Die Villa Mundorf war einst das schönste Gebäude Neunkirchen. Bis Neunkirchen beim größten Bombenangriff der Alliierten brannte,
Nichts, absolut gar nichts außer alten Ansichtskarten erinnert noch an das einst schönste Gebäude, das in Neunkirchen je gestanden hat. Dass es das schönste Gebäude der Stadt war, da sind sich die Historiker durch die Bank einig. Erinnern daran können sich allerdings nur noch wenige Menschen. Am 15. März 1945 fiel die einstige Villa Mundorf zusammen mit dem Rest der Stadt beim letzten und auch verheerendsten Bombenangriff der Alliierten in Schutt und Asche.
Das Haus beziehungsweise die Villa stand an einem Platz, der heute längst nicht zu den schönsten der einstigen Hüttenstadt zählt. Etwas links unterhalb des heutigen Hauptpostamtes stand das herrschaftliche Gebäude. Wo der Brunnen zur Kreuzung Lindenallee mal plätschert, mal auch nicht, war früher der Obstgarten des Hauses. Auf alten Ansichtskarten kann man sich hineingucken in die Zeit, kann sich versuchen vorzustellen, wie sehr anders es damals ausgesehen hat. Einer, der diese Ansichtskarten sammelt, ist der Neunkircher Historiker Dirk Backes. Einen Querschnitt durch die Tage, als die Villa noch stand, hat er der SZ zur Verfügung gestellt, beginnend mit dem Jahr 1901. Erbaut worden war das Haus von Fritz Mundorf. Der Neunkircher Bauunternehmer wurde am 18. Januar 1872 in Neunkirchen als Sohn des Maurermeisters Georg Mundorf geboren. Die Villa baute er um die Jahrhundertwende. Am 16. Januar 1914 verließ Mundorf Neunkirchen in Richtung Doberan in Mecklenburg. Warum er die Stadt mit seiner Frau zusammen plötzlich verlassen hat, das ist laut Backes nie zu ergründen gewesen. Mundorf hatte viele Häuser in Neunkirchen gebaut, sehr viele davon, so weiß Backes, in der Georgstraße.
Wie der Historiker herausgefunden hat, hat die Stadt dem Bauunternehmer am 6. April 1898 eine zweite Verbindungsstraße zwischen Röntgen- und Langenstrichstraße genehmigt. Eine Drahtseilbahn von der Mundorfschen Tongrube über Gemeindebesitz zum Anschlussgleis am Schlachthof wurde ihm 1905 genehmigt. Verstorben ist Fritz Mundorf vermutlich 1937. Gemeinsam mit seiner Frau, die 1952 in Leverkusen starb, hatte Mundorf drei Töchter. Tochter Irma starb bereits 1906 als Kleinkind noch in Neunkirchen und wurde auf dem Scheiber Friedhof bestattet.
Nachdem Mundorfs Neunkirchen verlassen hatten, ging die Villa in den Besitz der Karlsruherin Lina Allmang über, die war Kinobesitzerin, hatte 1903 die Corona-Lichtspiele am heutigen Lübbener Platz eröffnet. Das Haus hieß ab sofort nicht mehr die „Mundorfsche Villa“ sondern „Allmangs Schlesje“. Lina Allmang starb 1942, wurde am 8. Juli neben ihrem Mann auf dem Scheiber Friedhof beigesetzt. Ihr Grab wurde 2009 zerstört und der Stein nicht wieder aufgestellt.
Die Villa, das Schlösschen, hatten jedoch bereits 1928 die Barmherzigen Brüder von Trier übernommen. Das Haus wurde nun zum Männer-Fürsorgehaus, benannt nach dem Gründer der Kongregation „Peter Friedhofen Haus“. Es war Anlaufstelle für Männer ohne Bleibe. Auch Essen wurde hier an Obdachlose und Verarmte ausgeteilt.
Das Ende kam am Donnerstag, 15. März 1945. Gegen 13.15 Uhr, so wissen die Historiker, warfen die Alliierten das erste Rauchsignal ab. 65 Minuten dauerte der Angriff. In dieser Zeit hatten 205 Bomber etwa 1030 Bomben auf das Stadtgebiet abgeworfen.
Laut Sterberegister fanden bei diesem Angriff 93 Menschen in Neunkirchen den Tod. „Hätte es nicht so viele Stollen und Bunker gegeben, wären die Opferzahlen mit Sicherheit sehr viel höher ausgefallen“, so mutmaßt der Neunkircher Historiker. „Neunkirchen brannte“, sagt Backes. Und mit der Stadt die Villa Mundorf, das Schlessje Allmang, das Peter-Friedhofen-Haus.