Die ersten Kreis-Piraten sind von Bord

Kreis Neunkirchen · Nach verpatzter Landtagswahl ist die Fraktion im Neunkircher Stadtrat zur Linken gewechselt. Ex-Kollegen reagieren unterschiedlich.

 Gerd Rainer Weber Foto: B&B

Gerd Rainer Weber Foto: B&B

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Der saarländische Landtag hat in der kommenden Legislaturperiode keine Piraten mehr an Bord, der Stadtrat Neunkirchen ist bereits seit der jüngsten Sitzung in der vergangenen Woche Piraten-frei. Gehen nach dem mauen Ergebnis bei der Landtagswahl jetzt die Funktionsträger von Bord?

Steven Latterner und Rudolf Berhard sind im Stadtrat Neunkirchen zur Fraktion der Linken gewechselt (die SZ berichtete). Sie begründen ihren Schritt damit, dass sie für eine erfolgreiche Gremienarbeit auch eine starke politische Plattform brauchen. Die gab es schon zuvor nur bedingt bei den Piraten, mit dem Wegbrechen auf landespolitischer Ebene sei die Situation noch schlechter.

In den weiteren Stadt- und Gemeinderäten des Kreises sowie im Kreistag sind noch drei weitere Mitglieder unter Piratenflagge unterwegs: der Beigeordnete Gerd Rainer Weber (Kreis), Ralf Petermann in Schiffweiler und Dieter Schmidt in Eppelborn. Petermann und Schmidt sagen auf SZ-Anfrage ganz klar: Sie bleiben in ihren Gremien weiterhin Piraten. Weber ist in der Frage nach seiner Zukunft zurückhaltend. Er wolle zunächst die Ergebnisse des Bundesparteitages, ausgerechnet am Wahlsonntag abgehalten, sondieren. Momentan hätte er nach einem anstrengenden Wahlkampf gerne ein paar Tage Ruhe.

Weber kann die Haltung der Neunkircher Ex-Kollegen Latterner und Berhard nachvollziehen. Die Lage im Saarland sei schwierig. Weber sagt zu dem Wechsel in die Linkspartei: "Das muss jeder für sich entscheiden. Das Mandat ist an die Person gebunden." Von einer verpassten Chance spricht er, auf die Situation seiner Partei angesprochen. Wenn man bundesweit nicht zur Kenntnis genommen werde, fehle einfach die Aufmerksamkeit.

Der Eppelborner Schmidt hat nicht so viel Verständnis für den Schritt der beiden Neunkircher. Er selbst sei früher für die Linke im Kreistag gewesen: "Die beiden hätten sich besser bei mir informiert." Der Wunsch nach guten Strukturen für eine gelingende politische Arbeit werde sich nicht erfüllen, glaubt er. Schmidt: "So lange es die Piraten noch gibt, bleibe ich dabei." Allerdings werde er, heute schon 75 Jahre alt, wohl nicht mehr Antreten bei den kommenden Wahlen.

Ralf Petermann, Pressesprecher der Piraten im Saarland, hält zwar wie Schmidt die Flagge aufrecht im Schiffweiler Gemeinderat. Aber großen Optimismus hegt er nicht, auf die Situation seiner Partei im Kreis Neunkirchen anbelangt.

Der Neu-Linke Latterner erläutert, man habe es als Pirat schon schwer, bei den Bürgern mit seinen Themen anzukommen. Ob seine alte Partei zukunftsfähig sei oder nicht, wolle er nicht beurteilen. Man wisse das nie so genau. Latterner: "Ich wünsche der Partei alles Gute und dass sie wieder einen Aufschwung erlebt." Er persönlich interessiere sich insbesondere für Sozialpolitik. Deshalb sei für ihn der Schritt, zur Linken zu wechseln, folgerichtig gewesen. Er ist wie Berhard in die Linke eingetreten. Berhard dazu: "Die Linke erlaubt im Gegensatz zu den Piraten keine Doppelmitgliedschaft. Deshalb sind wir eingetreten." Er wäre gerne Pirat geblieben und habe sich schweren Herzens dagegen entschieden. Die Möglichkeit, eine Fraktionsgemeinschaft zu bilden, wie das in den Gremien bei Einzelkämpfern immer wieder zu sehen ist, hielt er nicht für sinnvoll. Für ihn habe sich die Frage gestellt, ob er weiter Politik machen wollte oder nicht. Und diese Frage habe er klar mit Ja beantwortet. "Wenn die Wähler die Piraten im Moment nicht mögen, kann man nichts erzwingen." Die Themen der Piraten könne er immer noch unterschreiben: "Als wir vor zehn Jahren auf die Gefahren der Zukunft hingewiesen haben, sind wir als paranoid beschimpft worden. Das war noch vor den Enthüllungen von Edward Snowden. Und es hat sich gezeigt, dass es schlimmer ist, als wir damals gedacht haben."

 Ralf Petermann Foto: Piratenpartei

Ralf Petermann Foto: Piratenpartei

Foto: Piratenpartei

Auch Kreistagsmitglied Weber sagt, zentrale Themen wie eben Überwachung oder auch kostenfreie Bildung, kostenloser öffentlicher Personenverkehr oder bedingungsloses Grundeinkommen blieben zukunftsfähig. Leider hätten die Piraten das nicht an den Wähler gebracht.

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