Die Bevölkerung im Kreis altert und altert

Neunkirchen · Früher hatte die Bevölkerungspyramide einen starken Fuß und wurde nach oben schmäler. Doch nach den geburtenstarken 60er Jahren sind die Geburten in der jüngeren Vergangenheit auch im Kreis Neunkirchen auf sehr niedrigem Niveau. Ohne Zuzug schrumpft der Kreis.

Landaufschwung heißt das jüngste Großprojekt im Kreis Neunkirchen. Das Bundesprogramm bringt 1,5 Millionen Euro in die Region, um über nachhaltige Projekte frisches Blut in die schwindende Ausstattung gerade der ländlichen Bereiche zu bringen. Einen Aufschwung hat der Kreis auch dringend nötig. Denn trotz hohem Zuzug durch schutzsuchende Menschen aus Kriegs- und Krisenregionen sowie einem kleinen Babyboom (die Zahl der Geburten stieg in der Kreisstadt in den vergangenen fünf Jahren stetig) sieht die Prognose der demografischen Entwicklung alles andere als rosig aus.
Zuwachs in Neunkirchen

Der Kreis hat in den zurückliegenden Jahren stetig an Einwohnern verloren, deutlich mehr Menschen sterben, als geboren werden, zugleich stehen den wenigen Kindern zunehmend alte Menschen gegenüber. Das Altersgefüge verschiebt sich. Die vielen Flüchtlinge der vergangenen Monate haben zumindest in der Momentaufnahme die Abwärtsspirale gestoppt. Ob sie langfristig im Kreis bleiben, ist eine ganz andere Frage. Kürzlich hat die Stadt Neunkirchen verkündet: Dank Zuwanderung aus dem Ausland ist die Zahl der Bürger wieder merklich angestiegen auf aktuell rund 47 400. Damit hat Neunkirchen zugleich die Kreisbilanz gerettet. Das Saldo von Zuzügen/Wegzügen, Geburten/Sterbefällen war im vergangenen Jahr nach Auskunft der Gemeinden positiv: 843 Menschen sind demnach kreisweit hinzugekommen. Die Zahlen des statistischen Landesamtes (siehe Grafik unten) bilden die aktuellen Veränderungen noch nicht ab, nach ihren jüngsten vorliegenden Daten von Mitte 2015 ist der Abwärtstrend zwar abgebremst, aber noch nicht umgekehrt.

Die Kreisstadt selbst steuerte nach ihren eigenen Zahlen im vergangenen Jahr ein Plus von 709 Köpfen hinzu. Ottweiler dagegen hat trotz der Aufnahme von 208 Menschen aus Kriegs- und Krisengebieten unterm Strich ein Minus von 216 Köpfen in der Statistik. Gerade der Blick auf die Zahl derer, die das Licht der Welt erblicken und auf der anderen Seite ihren Lebensweg zu Ende gegangen sind, macht die Problematik deutlich. Das Verhältnis ist in allen sieben Kommunen negativ. Neunkirchen steht noch am besten da: Die Zahl der Sterbefälle liegt grob betrachtet ein Drittel über den Geburten, in Ottweiler kommen auf eine Geburt hingegen vier Todesfälle. In Eppelborn, Illingen, Schiffweiler sind etwa doppelt so viele Menschen gestorben wie geboren im vergangenen Jahr, in Merchweiler und Spiesen-Elversberg ist das Verhältnis ähnlich, aber noch ein wenig ungünstiger. Die Zahlen machen auch klar: Der ländliche Raum hat es schwerer als die Stadt Neunkirchen.

Folgen der Entwicklung

Auch der durch die weltpolitische Lage bedingte positive Trend aus 2015 vermag die Statistiker bislang nicht umzustimmen. In einer alternden Gesellschaft scheint der Schrumpfungsprozess vorerst kaum aufzuhalten, eine kontrollierte Zuwanderung würde die Entwicklung lediglich bremsen. Die Kreisverwaltung hat in einer Langzeitbetrachtung folgendes Szenario errechnet: Lebten im Kreis Neunkirchen 1993 noch 150 591 Menschen, erwartet ihre Prognose im Jahr 2030 eine Kopfzahl von knapp 116 000. Das wäre ein Rückgang um 23 Prozent binnen vier Jahrzehnten. Die Folgen eines solchen Schrumpfungs- und Alterungsprozesses wären drastisch: 35 Prozent mehr altersbedingt kranke und pflegebedürftige Menschen, Fachkräftemangel und eine durchschnittlich deutlich ältere Belegschaft in den Betrieben, etwa 112 Millionen Euro weniger Kaufkraft und etwa 25,4 Millionen Euro weniger kommunale Einnahmen pro Jahr, Leerstand von fast 12 000 Wohnungen und 6900 Wohnhäusern.
Zehn Prozent Verlust

Klingt ein bisschen nach düsterer Zukunftsmusik. Die tatsächlichen Einwohnerzahlen des Kreises über die vergangenen 15 Jahre hinweg haben aber die Vorhersagen für diesen Zeitraum mehr als bestätigt. Laut statistischem Landesamt lebten zur Jahrtausendwende 147 464 Menschen im Kreis, Ende 2014 waren es 133 021. Das sind fast zehn Prozent Schwund im Kreis Neunkirchen. Will der Kreis einen Teil der Flüchtlinge dauerhaft halten, bedarf es vor allem Arbeitsplätze. Ein Landaufschwung wäre genau das Richtige.

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