„Der Teufel ist dir auf der Spur“

Wiebelskirchen · Um Freundschaft, Liebe und Aberglaube geht es in dem Theaterstück „Blutsbrüder“. Viel Applaus ernteten die Akteure für ihre Inszenierung, die bei aller Dramatik auch Platz für humorvolle Momente lässt.

 Eddi (Marius Fries), Linda (Ida Jacobi), und Mickey (Isaak Jacobi, v.l.) in „Blutsbrüder“. Foto: Jörg Jacobi

Eddi (Marius Fries), Linda (Ida Jacobi), und Mickey (Isaak Jacobi, v.l.) in „Blutsbrüder“. Foto: Jörg Jacobi

Foto: Jörg Jacobi

Na, das hat doch prima geklappt. Klar, es war ein langer Weg. Und ein gutes Stück Arbeit. Immer dieses Belauern und herum Schleichen um die Opfer, immer sticheln und in der Wunde bohren - aber Hallo, es hat sich gelohnt. Jetzt liegen sie endlich da und rühren sich nicht mehr. Die zwei Brüder. Erschossen von der Mutter des einen, die gar nicht seine Mutter war. Der Satan , der der Erzähler ist, schaut betroffen, und reibt sich dann doch mit einem kleinen Grinsen die Hände. Jetzt kann er sich der nächsten menschlichen Tragödie zuwenden und ein bisschen Gott spielen.

Aber das wäre wohl zu einfach. Ihn trifft per se keine Schuld. Niemand hat Mrs. Lyons gezwungen, das Baby einer anderen zu begehren und sich, mit zunehmender Härte und Kälte, einfach zu nehmen. Mrs. Lyons ist die eigentliche Schlüsselfigur in diesem Stück von Willy Russell . Gespielt wird sie klar und intensiv von Constanze Baus, die auch im Wahnsinn noch Haltung hat. Ihr Peiniger, das personifizierte schlechte Gewissen, verkörpert Francesco Cottone mit Mut zur Hässlichkeit und einer gehörigen Portion diabolischer Fiesheit. "Der Teufel ist dir auf der Spur. Du siehst ihn nicht, du hörst ihn nicht, du ahnst ihn nur." Natürlich lässt er auch die andere Mutter nicht in Ruhe. Die, die schon so viele Münder zu stopfen hat und trotzdem jedes ihrer Kinder innig liebt, die abergläubisch, aber nicht wirklich naiv ist, die wie eine Löwin kämpft und trotzdem verliert. Zart und doch robust ist Karin Stein die Idealbesetzung für Mrs. Johnston - wie auch alle anderen Rollen punktgenau besetzt sind in dieser Inszenierung des Theater- und Spielvereins "Die Kulisse" , bis hin zum Dreierpack Polizist, Arzt und Milchmann, die Rainer Setz in Personalunion gibt. Fast schon verschwimmen die Grenzen zwischen Laienschauspiel und Profikunst, das Spiel der sieben Protagonisten unter Regie von Sibille Sandmayer ist stimmig, präzise und nimmt einen gefangen über die ganze Länge der Aufführung. Mit wunderbarer Leichtigkeit geben Marius Fries und Isaak Jacobi die Zwillingsbrüder Edward und Mickey im Kindesalter, gewinnen im Laufe des Abends an Reife und bleiben sich dabei immer selber treu. Stets an ihrer Seite und beiden zugetan ist Linda, was Ida Jacobi mit Charme und kitschfrei rüberbringt.

Das Schicksal nimmt seinen vorhersehbaren, traurigen Lauf. Umso dankbarer lachen die Zuschauer über die herrlichen komischen Momente, die sich aus dem Aufeinanderprallen der scheinbar heilen Wohlstandswelt des gut behüteten Einzelkindes auf die des Proletarierbengels ergeben. Zumal sie von den jugendlichen Mimen mit fast schon stoischer Gelassenheit zum Besten gegeben werden. Bühnentechnisch ist das Ganze so einfach wie genial gelöst: Die eine Hälfte der Kulisse zeigt die ärmliche Küche der Johnstons, daneben agieren die Lyons im Biedermeierwohnzimmer.

Am Ende gab es viel Applaus für die rundum gelungene Premiere und die Gewissheit, dass Beelzebub sicher noch ein bisschen feiert und bestimmt nicht mit nach Hause kommt.

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