Der Hausarzt verschreibt sich Hilfe

Kreis Neunkirchen · Bis zum Jahr 2020, so die Prognose, könnten 40 Prozent der Hausärzte altersbedingt ihre Praxis aufgeben. Und wer übernimmt? Gesucht wird „Medizin“ gegen Ärztemangel.

Patienten müssen sich umgewöhnen. Nicht immer und überall bleibt der Hausarzt nah. Das Angebot medizinischer Versorgung ändert sich. Folge auch des demografischen Wandels mit einer alternden, verstärkt ärztlich zu betreuenden Bevölkerung sowie Überalterung und Nachwuchsmangel bei der Ärzteschaft ("Ärztemangel trotz steigender Medizinerzahlen", SZ vom 18./19. April).

Derzeit ist nach den Zahlen der Kassenärztlichen Vereinigung Saarland (KVS) die hausärztliche Versorgung in unserer Region noch gesichert. Die Bedarfsplanung sieht für den Mittelbereich Neunkirchen (Neunkirchen , Ottweiler, Illingen, Merchweiler, Schiffweiler und Spiesen-Elversberg, siehe "Hintergrund") 74 Hausärzte vor, die aktuelle Zahl liegt faktisch bei 76. Aufgeschlüsselt: 41 Hausärzte führen eine Einzelpraxis, zwölf arbeiten in einer Gemeinschaftspraxis, zwei in einem Medizinischen Versorgungszentrum einer in einer überörtlichen Gemeinschaftspraxis. Das durchschnittliche Alter liegt dabei bei 55 Jahren. Vier abgabewillige Praxen suchen einen Nachfolger. Der Mittelbereich Lebach mit der siebten Kreiskommune Eppelborn weist neun Hausärzte auf, deckungsgleich mit der Bedarfsplanung. Hier liegt der Altersdurchschnitt bei 56,4 Jahren.

Perspektivisch, so die KVS auf Anfrage unserer Zeitung weiter, werden bis 2020 unter Annahme des Renteneintrittsalters von 65 Jahren gut 40 Prozent aufhören. Welche Praxen werden dann noch besetzt sein? Die Nachfolger-Suche, vor allem auf dem Land, gestaltet sich schwierig.

Noch seien die Patienten "verwöhnt", sagt Frank Klein (44), Facharzt für Allgemeinmedizin in Spiesen, doch das werde sich ändern: "Es wird nicht mehr so selbstverständlich sein, den Arzt zu Gesicht zu bekommen." Der Hausarzt verschreibt sich Hilfe. Klein hat jetzt als einer der ersten Hausärzte saarlandweit eine seiner Helferinnen in eine Fortbildung zur so genannten "Versorgungsassistentin in der Hausarztpraxis", kurz VERAH, geschickt. Diese Kraft entlastet den Hausarzt, übernimmt Hausbesuche bei den Patienten , erledigt Aufgaben von Demenz-Test bis Tabletten-Kontrolle. Und sie bringt Zeit mit. Zeit, die der Hausarzt nicht mehr hat. "Diese Fachkraft wird wichtig für das System mit Blick auf den demografischen Wandel", sagt Frank Klein. "Wir brauchen mehr VERAHs." Und schiebt seine Forderung nach: "Die Vergütung der VERAH-Einsätze muss angehoben werden." Derzeit gibt es 17,05 Euro für einen Erstbesuch.

"Wir unterstützen die Qualifizierung von Praxis-Mitarbeiterinnen zu VERAHs, auch finanziell", betont KVS-Vorstandsvorsitzender Jürgen Hauptmann gegenüber unserer Zeitung: "Weil es sinnvoll ist."

> siehe auch : "Die Schwester kommt"

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HintergrundWer als Arzt gesetzlich versicherte Patienten in der eigenen Praxis behandeln möchte, ist der Bedarfsplanung unterworfen. Gebietsweise wird festgelegt, wie viele Ärzte welcher Fachrichtung sich dort niederlassen dürfen. Früher galten im Saarland die Landkreise als Planungsgröße für alle Arztgruppen. Jetzt gibt es neue Zuschnitte, abhängig vom Spezialisierungsgrad der Arztgruppen. Die hausärztliche Versorgung etwa basiert auf zwölf Planungsbezirken. Für Nuklearmediziner wiederum gilt das ganze Saarland als Planungsregion. Für einzelne Kommunen weist die KV Saarland keine Zahlen aus. cle

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