Der Auenwald beheimatet viele Arten

Kreis Neunkirchen · Die Naturlandstiftung Saar besitzt mehrere Schutzgebiete im Kreis Neunkirchen. Darunter gibt es ganz verschiedene Lebensräume für Tiere und Pflanzen. Wir haben uns in den Schutzgebieten umgesehen und stellen diese in loser Folge vor. Heute beschäftigen wir uns mit einigen Projekten in Fluss- und Bach-Auen im Kreis.

 In der Wehtbach-Aue schlängelt sich ein Bachlauf durch die Landschaft. Erlen säumen das schmale Gewässer. Fotos: Axel Didion/Naturlandstiftung

In der Wehtbach-Aue schlängelt sich ein Bachlauf durch die Landschaft. Erlen säumen das schmale Gewässer. Fotos: Axel Didion/Naturlandstiftung

 Eine Blauflügelige Prachtlibelle.

Eine Blauflügelige Prachtlibelle.

 Auch diese landschaftlich malerische Wiese liegt in der Wehtbach-Aue nahe Ottweiler.

Auch diese landschaftlich malerische Wiese liegt in der Wehtbach-Aue nahe Ottweiler.

Bäche und Flüsse im Betonbett durchfließen schnurgerade versiegelte Flächen. Ein Bild, das zu Beginn des 21. Jahrhunderts immer noch jeder kennt. Die einhergehende Problematik - starkes Hochwasser und der Verlust artenreicher Lebensräume - ist hinlänglich bekannt. Der versiegelte Boden kann keine Feuchtigkeit aufnehmen, das vorgeformte Bett aus Beton zwingt die Hochwasserwelle dazu, durch das Gebiet zu rasen.

Der naturnahe Hochwasserschutz ist vom Artenschutz kaum zu trennen. "Fluss- und Bach-Auen bieten zahlreichen Tier- und Pflanzenarten einen fruchtbaren Lebensraum", erklärt Axel Didion von der Naturlandstiftung Saar (NLS). Außerdem habe das Hochwasser hier die Möglichkeit, sich in der Fläche auszubreiten. Das reduziere die sogenannten Abflussspitzen, sozusagen die Höhe der Hochwasserwelle, ganz erheblich.

Die NLS ist an verschiedenen Gewässern im Kreis Neunkirchen aktiv. An der Oster bei Fürth hat die Stiftung ein Grundstück erworben und dort wieder einen Auenwald angepflanzt. Rund 300 Gehölze wurden laut Didion als Initialpflanzung gesetzt. Darunter waren Erlen und Stieleichen, aber auch Flatterulme und Haselnuss. Beim Ortstermin offenbart der Blick in den unberührten Auenwald den Artenreichtum. "Das ist sozusagen der Dschungel Mitteleuropas", kommentiert der Biologe Didion.

Um den Wald anpflanzen zu können, mussten vor ein paar Jahren auch standortfremde Fichten weichen, die normal am Gewässer überhaupt nicht vorkommen. "Außerdem haben wir Hindernisse ins Gewässer eingebaut", so Didion. So beginne der Bach wieder zu mäandrieren, also in Kurven zu fließen, und sich in die Fläche auszudehnen.

Hier fühlen sich unter anderem die blauflügeligen Prachtlibellen wohl. "Eine Fließgewässerart, die nur vorkommt, wo Wasserqualität und Gewässerstruktur stimmen", so Didion. Die Larven der Libellen verbringen ein bis zwei Jahre im Wurzelgeflecht des Auenwaldes unter Wasser. Nach dem Schlupf leben sie dann nur noch vier bis sechs Wochen für die Fortpflanzung. Didion will gerade weitersprechen, als ein Ruf ertönt. "Das ist der Eisvogel", identifiziert er die Quelle. Und wie zum Beweis flattert der bunte Vogel am Wasser entlang. Er braucht steile Uferböschungen, in die er seine Brutröhren graben kann - an begradigten Gewässern unmöglich. "Der Eisvogel macht eine sogenannte Schachtelbrut", erklärt Didion. Soll heißen, während das Weibchen in einer zweiten Höhle die Eier eines zweiten Geleges bebrütet, kümmert sich das Männchen um die Jungen aus der ersten Brut: eine Folge der Anpassung an den Lebensraum Aue. "So wird sichergestellt, dass Jungtiere durchkommen, auch wenn es mal Hochwasser geben sollte."

Auch in der Wehtbach-Aue nahe Ottweiler war die NLS aktiv. Hier wurden Gehölze entfernt, ein typischer Erlensaum am Wasser entwickelt. Der Bachlauf wurde renaturiert und wo einst eine intensivere Nutzung stattfand, gibt es jetzt eine extensiv genutzte Heuwiese, die Heimat für zahlreiche Schmetterlingsarten, wie zum Beispiel den Wiesenbläuling, geworden ist. Insgesamt gibt es 28 verschiedene Arten von Tagfaltern. In der angrenzenden Feuchtwiese lebt eine große Population der Sumpfschrecke.

Ein weiteres großes Schutzgebiet betreut die Stiftung in den Blies-Auen bei Wiebelskirchen. Mit Blick auf das Brutgebiet der Störche erklärt der Biologe, wie wichtig die offenen Mähwiesen sind. Eisvogel und Spechte, aber auch Bieber kommen hier vor. Im Fluss wurden das seltene Bachneunauge und die Groppe nachgewiesen. Nicht nur für die Tiere sei der Bereich wichtig, er bilde auch einen Frischluftraum für die angrenzenden Siedlungen. Besonders viel hat sich im Fahrbachtal bei Schiffweiler getan. NLS-Geschäftsführer Eberhard Veith ist hier aufgewachsen. Ursprünglich habe es sich um eine gemeindeeigene Deponie gehandelt. "Es hat wahnsinnig gestunken", erinnert sich Veith. Als Kinder hätten sie sich Flöße gebaut und seien auf dem Bach gefahren. Im mittleren Bereich des Tals gab es einen kleinen Bolzplatz an der "vom Waschwasser grauen Brühe". In den 90ern habe dann die Möglichkeit bestanden, das Tal zu kaufen. Für Veith, der seit 1985 bei der Stiftung ist, hatte das durch den persönlichen Bezug einen besonderen Reiz.

Seitdem kann sich das Tal frei entwickeln. Hier tummeln sich jetzt zahlreiche Libellenarten - Prachtlibellen und Quelljungfern. "Der Bach hat sich hervorragend entwickelt - ein richtiges Kleinod im Vergleich zu früher", betont Veith. Gelbe Schwertlilien und Sumpfdotterblumenwiesen bedecken den Boden. Auch das Mädesüß, eine Pflanze mit kleinen weißen Blüten ist hier heimisch geworden. Im Mittelalter wurden die Blüten zum Süßen von Meet verwendet, daher der Name, der nichts mit dem saarländischen "Mäde" zu tun hat, wie Axel Didion erzählt. Der Ruf der Weidenmeise, die zur Brut auf Baumhöhlen angewiesen ist, signalisiert dem erfahrenen Biologen zum Abschied nochmals, dass die Stiftungsarbeit auch im Fahrbachtal deutlich Früchte trägt. Die Naturlandstiftung Saar (NLS) setzt sich als älteste Naturschutzstiftung in Deutschland seit 1976 aktiv für das saarländische Naturerbe ein. Im Stiftungsrat mit seinen 20 Mitgliedern sind Naturschützer wie zum Beispiel der Nabu und Naturnutzer wie zum Beispiel der Bauernverband, aber auch das Umwelt-Ministerium, der Landkreistag des Saarlandes sowie mehrere Landesinstitutionen vertreten. Die NLS erwirbt ökologisch wertvolle Flächen, um die Lebensräume bedrohter Tiere und Pflanzen zu sichern, zu pflegen und zu entwickeln. Sie besitzt und betreut mittlerweile über 100 Schutzgebiete.

Zusammen mit ihrer Tochtergesellschaft Naturland Ökoflächen-Management GmbH (ÖFM), die Maßnahmen des Umwelt- und Naturschutzes im Rahmen der Eingriffs-Ausgleichs-Regelung und des Ökokontos als Dienstleistung anbietet, hat sie über 1700 Hektar Flächen im Eigentum. Alle landwirtschaftlichen Aktivitäten der NLS und ÖFM sind in der Imsbach Verwaltungs- und Entwicklungsgesellschaft (IVEG), einer Tochtergesellschaft der ÖFM, gebündelt. Die IVEG unterhält mit dem Hofgut Imsbach bei Theley und dem Kreuzhof bei Marpingen zwei Betriebsstätten und ist einer der größten Bioland-Betriebe im Saarland. Die NLS ist nicht fördernd, sondern selbst operativ tätig. Sie ist Mitglied in den Zweckverbänden der Bundes-Naturschutzgroßprojekte "Wolferskopf", "Saar-Blies-Gau/Auf der Lohe" und "Natura Ill-Theel". Sie ist Träger von fünf EU-Projekten.

Die Stiftung ist außerdem Träger der Naturwacht Saarland, die derzeit mit vier hauptamtlichen Rangern und zahlreichen ehrenamtlichen Helfern über die Naturschutzgebiete wacht.

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