Den Bauern bleibt die Hoffnung

Kreis Neunkirchen · Am kommenden Sonntag wird in vielen Kirchengemeinden und bei Vereinen Erntedankfest gefeiert. Damit ist wieder Zeit für die Bauern im Kreis Neunkirchen, eine Jahresbilanz ziehen. Die ist ernüchternd: „Die Bauern werden das Jahr 2015 nicht in bester Erinnerung behalten.“

 Sie bleiben optimistisch: Georg Neufang und Ehefrau Susanne freuen sich auch in schwierigen Zeiten über ihre Ernte. Foto: Willi Hiegel

Sie bleiben optimistisch: Georg Neufang und Ehefrau Susanne freuen sich auch in schwierigen Zeiten über ihre Ernte. Foto: Willi Hiegel

Foto: Willi Hiegel

Anfang des Jahres war alles noch im grünen Bereich: Eine Aussaat unter guten Bedingungen, ein ertragreicher erster Schnitt. Doch dann kam sie, die große Hitzewelle. Grünflächen trockneten aus, Futtermittel wurde knapp und an den Bäumen faulte auf Grund der hohen Temperaturen das Kernobst (wir berichteten). "Bei mir auf dem Hof sah es aus wie in der Wüste", berichtet Georg Neufang, Vorsitzender des Kreisbauernverbands, im Redaktionsgespräch. Die Maisernte habe es besonders getroffen, so der Landwirt: "40 Prozent weniger." In Händen hält er ein Schreiben von Hans Lauer, Hauptgeschäftsführer des Bauernverbands Saar. Darin enthalten: Eine Zusammenfassung für das Jahr 2015. Laut diesem Schreiben hat es auf den Äckern vereinzelt sogar Ausfälle von bis zu 60 oder 70 Prozent der üblichen Ernte gegeben. Ein überraschend guter Ertrag beim Getreide ließ die Bauern zunächst aufatmen. Doch Erntemenge und Qualität seien nur ein Faktor, eine entscheidende Rolle spiele der Preis, heißt es weiter in dem Schreiben.

Innerhalb der vergangenen zwei Jahre sei der Erzeugerpreis für den Liter Milch um mehr als zehn Prozent gesunken, aktuell liege er bei gerade einmal 28,5 Cent. Der Kreisvorsitzende Neufang spricht von einem "Tiefpunkt", der die Landwirte in Neunkirchen in besonderem Maße treffe: "Hier in der Region haben sich viele Bauern auf die Milch spezialisiert", sagt der Landwirt. Um kostendeckend arbeiten zu können, müssten die Bauern, wie im Vorjahr, die Milch für mindestens 40 Cent verkaufen können. Auch im Fleischsektor seien die Preise auf Talfahrt. Bei Schweine- und Rindfleisch hätten die Bauern einen Preisabfall von mehr als zehn Prozent verzeichnet, so der Verband. "Das macht mir Angst", sagt Neufang.

Auch die Getreidepreise beunruhigen ihn. Für einen Doppelzentner Weizen (100 Kilogramm) erhalten die Landwirte derzeit 15 Euro. "Man müsste 20 Euro bekommen", damit es sich rentiere, so Neufang. Doch was tun angesichts dieser Niedrigpreise? "Die ganze Familie packt mit an. Teilweise auch die Großmutter. Die Betriebe wären in Erntezeiten ohne die Familie aufgeschmissen", sagt der Landwirt. Um die Nachfolge in den Betrieben macht sich Neufang ernsthafte Sorgen, auch mit Hinblick auf die eigene Familie: "Ich bin nicht sicher, ob die Bauern in Zukunft davon leben können." Das große Stichwort für das Jahr 2016 lautet deshalb "Hoffnung". Auch etwas Geduld könnte nicht schaden, denn die Lage der Neunkircher Bauern hängt zum Teil auch mit internationalen Ereignissen zusammen. Das erklärt Geschäftsführer Lauer in seinem Schreiben so: "Eine schwache Wirtschaftssituation in China, das Russlandembargo und der Preiskampf der Discounter verhindern einen Preisanstieg."

Würde wieder Milch nach Russland exportiert, könnten die Preise sinken. Da ist sich auch Neufang sicher: "Wenn der Sprudelpreis höher ist als der Milchpreis, dann ist in unserer Gesellschaft etwas nicht in Ordnung."

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