Debatte um Sanierungshaushalt

Neunkirchen · Mit dem Beschluss zum Haushalt 2016 reiht sich Neunkirchen in den Kreis der Sanierungskommunen ein. Für Verwaltung und Ratsmehrheit waren sich einig, dass die meisten Probleme nicht hausgemacht sind. Kritik hagelte es trotzdem aus den Reihen der Opposition.

 Volles Haus: In der Novembersitzung des Neunkircher Stadtrates war der Verkauf des städtischen Klinikums beschlossen worden. Dass Neunkirchen Sanierungskommune jetzt ist, konnte dadurch allerdings nicht verhindert werden. Foto: Willi Hiegel

Volles Haus: In der Novembersitzung des Neunkircher Stadtrates war der Verkauf des städtischen Klinikums beschlossen worden. Dass Neunkirchen Sanierungskommune jetzt ist, konnte dadurch allerdings nicht verhindert werden. Foto: Willi Hiegel

Foto: Willi Hiegel

Nach einer Schweigminute für die Opfer der Anschläge von Brüssel und der Erledigung einiger Formalitäten ging es am Mittwoch im Neunkircher Stadtrat ans Eingemachte. Die Aussprache zur diesjährigen Haushaltsplanung stand auf der Tagesordnung. Das Zahlenwerk weist im Ergebnishaushalt ein Defizit von 6,93 Millionen Euro auf und macht die Kreisstadt damit zur Sanierungskommune (wir haben berichtet).

Für Oberbürgermeister Jürgen Fried ist die Entwicklung in Neunkirchen die Folge aus einer "finanziellen Schieflage in Deutschland". Dazu gehörten die hohe Ausgabenlast der Kommunen im Bericht sozialer Leistungen, die nicht vollständige Weitergabe von Entlastungen der Länder an die Kommunen und die Kürzungen bei den Zuweisungen durch die Länder. Den Fall "Sanierungskommune" habe man aber aus eigener Kraft nicht verhindern können. Fried dankte dem Rat ausdrücklich, dass er dem Verkauf des städtischen Klinikums zugestimmt hatte. Nur so habe die Chance bestanden, am Sanierungshaushalt vorbeizukommen. Bei der Kreisumlage sei der Kreis selbst von einer Steigerung im Bericht von 200 000 bis 300 000 Euro für Neunkirchen ausgegangen. Jetzt werden 2,1 Millionen fällig. "Nach ursprünglicher Planung wäre der Status Sanierungskommune vermeidbar gewesen", so Fried. Allerdings würden die Kostensteigerungen nicht direkt durch den Kreis verursacht. "Wie der Teufel das Weihwasser" habe man bisher den Status "Sanierungskommune" gescheut, weil damit die Pflicht zur Erstellung eines detaillierten Haushaltssanierungsplanes verknüpft gewesen war. Mit Einführung der Defizitobergrenze, die unabhängig vom Status einzuhalten ist, was Neunkirchen auch schafft, habe sich das geändert. Die Eingriffe in die kommunale Selbstverwaltung und Handlungsfähigkeit seien deutlich reduziert. Trotzdem werde man "unabhängig von der Statusänderung" sparen, aber auch im Sinne der Stadtentwicklung investieren müssen

Unterstützung für das städtische Zahlenwerk kam erwartungsgemäß von SPD und CDU . Willi Schwender (SPD ) mahnte eine Neuordnung der Finanzströme an, betonte aber, dass Neunkirchen trotz klammer Kassen weiter Spielraum für wichtige Investitionen habe. Wichtig sei auch die Unterstützung Ehrenamtlicher: "Die Stadt wird die Gelder für Vereine und Sozialarbeit weiter ungekürzt zur Verfügung stellen." Wichtiges Thema für Schwender waren aber auch Sicherheit und Sauberkeit in der Stadt. "Wir brauchen keine schärferen Gesetze, wir brauchen mehr Polizisten im Stadtbild."

CDU-Chef Karl Albert stellte die freiwilligen Leistungen der Stadt und die Einnahmenseite dar. Viel Spielraum - so der Tenor - gebe es nicht. Verwaltung und Rationalisierungskommission hätten bereits viel geschafft und gut gearbeitet. Allerdings sei er überzeugt, dass auch die Personalkosten "kein Tabu sein dürfen". Mit seinen Äußerungen über weitere mögliche Einsparungen - auch im Bereich der Verwaltung - wolle er keine Ängste schüren, sondern ein Angebot zu konstruktiven Gesprächen verbinden. Er sei gegen die "Holzhammermethode". Perspektivisch müsse aber auch hier ein "konsequenter Abbaupfad" erkennbar sein.

Kritik gab es von Seiten der Opposition. Andrea Küntzer (Linke) sah das Hauptproblem in den Ausgaben. Sowohl Investitionen ins oder Verkauf des Klinikums als auch die Förderung von Kultur und Kulturstätten belaste den Bürger, ohne dem Gros einen Vorteil zu bieten. "Der Haushalt bietet der Kreisstadt keine Perspektive, deshalb lehnen wir ab." Auch Steven Latterner (Piraten) kündigte Ablehnung an. Das geförderte kulturelle Überangebot werde von vielen Bürgern überhaupt nicht genutzt. In Sachen Klinikum habe das Aufsichtsgremium versagt. Für den Zoo forderte er zusätzlich zu den Sparbemühungen ein Besuchermonitoring, um herauszufinden, "welche kostenintensiven Gehege den Besucher vielleicht gar nicht interessieren." Siegfried Schmidt von der Faktion Grüne/FDP verlangte, zu handeln und forderte "Mut, unpopuläre Maßnahmen zeitnah einzuleiten". Außerdem wünsche er sich, den Haushalt 2017 schon im November zu diskutieren.

Manfred Schmidt (Linke) brach als Kreistagsmitglied eine Lanze für den Kreis. Er "verwehre" sich dagegen, der Kreisverwaltung die alleinige Schuld für die Kostensteigerungen zuzuschieben. Claus Hoppstädter (SPD ), nach langer Krankheit erstmals wieder in einer Ratssitzung, regte in dem Zusammenhang die Bildung eines "Dialogforums" zwischen Stadtrat und Kreisverwaltung an.

Den Äußerungen in den Haushaltsreden folgend, verlief die Abstimmung. Mit großer Mehrheit, aber acht Gegenstimmen der versammelten Oppositions-Mitglieder passierte der Haushalt 2016 den Rat.

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