Das große Lachen mit dem Gürteltierkuchen

Wiebelskirchen · Anlässlich seines zehnten Geburtstages beschenkte das Homburger Amateur-Theater sich selbst und das Publikum im Kulturhaus Wiebelskirchen mit dem Klassiker „Magnolien aus Stahl“

. "Alles was sich bewegt, wird erschossen und ausgestopft oder geheiratet." Willkommen in den Südstaaten! In dem verschlafenen Kaff namens Chinquapin, irgendwo in Louisiana, gibt es einen Ort, an den kein Mann vordringt - und wenn, würde er sofort wieder rückwärts raus stolpern. Denn Truvys Friseursalon ist eine pink-lastige Klatsch- und Tratschzone: Hier werden Konflikte ausgetragen und begraben, Frisuren gefönt und getürmt, der einen oder anderen wird der Kopf gewaschen, hier wird Zukunft gesponnen und die Vergangenheit abgeschüttelt. Das fängt völlig harmlos an: Shelby (Hannah-Sofie Schäfer), die kindlich-naive Kinderkrankenschwester, geht heiraten. Mama M'Lynn (Bettina Mick) kann weder die Farbe ihres Hochzeitkleides (rosa statt pfirsich), noch den kitschigen Blumenkranz samt Waldfeefrisur gut heißen. Da platzt Nachbarin Ouiser (Barbara Schneider) herein. Die zweifache Witwe, raubeinig und notorisch am schimpfen - "Ich bin doch nicht verrückt, nur schlecht gelaunt. Seit 40 Jahren" - beschwert sich über das lautstarke Vogelvertreiben per Flinte nebenan

Mehr Probleme gibt es in dieser heilen Welt nicht. Oder doch? Shelby, die an Diabetes leidet, fällt kurz in Ohnmacht: erster Fingerzeig, dass da etwas aus dem Ruder läuft. Tatsächlich wird die junge Frau gegen den Ratschlag ihrer Ärzte ein Kind bekommen. Darauf folgen Nierenversagen, Dialyse, Organtransplantation und schließlich der stille Tod eines lebenslustigen, warmherzigen Menschen. Taschentuchalarm!

Dass es in dieser nah am Original bleibenden Inszenierung von Daniel Both trotzdem jede Menge zu lachen gab, ist ein Verdienst des Autors Robert Harling und der idealtypischen Besetzung. Komplett wird das Sextett durch die patente Clairee (Heike Müller) mit ihrer Liebe für Football und derbe Witze, Salonhühnchen Annelle (Bärbel Waldura), die eine 180 -Grad-Wandlung von schüchtern zu religiös-fanatisch hinlegt und Truvy (Heike Lissmann-Gräß), Göttin des Haarsprays.

Das Timing stimmte, die Spielfreude war greifbar, wenngleich die eine oder andere der versierten Darstellerinnen ihr Potenzial noch nicht 100-prozentig ausschöpfte. Gewünscht hätte man sich unbedingt etwas mehr Verständlichkeit bei den Dialogen, die im schlechtesten Falle irgendwo zwischen Frisierstühlen und Ladentheke verpufften.

Echte Höhepunkte waren dafür die A-Capella-Songs, vorgetragen mit vollen, ausdrucksstarken Stimmen. Mit lautstarkem, stehend gespendetem Applaus bedankte sich das Publikum für einen unterhaltsamen Abend. Und wer noch nicht genug hatte, konnte es sich ja zu Hause einen originalen (innen blutroten) Gürteltierkuchen backen, das Rezept gab's nämlich auf dem Programmheft frei Haus.

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